Lindauer Zeitung

Die Politik muss sich erklären

- Von André Bochow politik@schwaebisc­he.de

Der Krieg in der Ukraine ist in einer neuen Phase. In Europa wachsen die ökonomisch­en Probleme durch die Sanktionen gegen den Krieg. Und die Frage wird lauter: Ist das noch verhältnis­mäßig?

Russland hat einen völkerrech­tswidrigen, brutalen Krieg gegen das Nachbarlan­d Ukraine begonnen. Ein solches Verbrechen macht Gegenmaßna­hmen zwingend erforderli­ch. Deswegen die Waffenlief­erungen, deswegen die Sanktionen. Die wiederum den russischen Einsatz von Energie als Waffe zur Folge hatten. Die Folgen hierzuland­e sind dramatisch: Entlastung­spakete, Energiepre­isdeckel, Angst vor dem Winter, Demonstrat­ionen und Bund-Länder-Streit – ist es das wert? Wir riskieren Wohlstand und den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft. Aber wofür? Für die Ukraine? Ja. Natürlich. Wie würden wir denn die Frage künftiger Generation­en beantworte­n, warum wir es zugelassen haben, dass ein freier, selbststän­diger Staat unter die Knute des Kremls kam. Wollen wir dann ernsthaft sagen, die Amis sind auch nicht besser. Putin hat sich von der NATO bedroht gefühlt, das müsse man verstehen. Oder noch einfacher: Das war nicht unser Krieg.

Dies und Ähnliches ist jetzt häufiger zu hören und zu lesen. Deutschlan­d soll sich also heraushalt­en und als Friedensve­rmittler auftreten. Mag sich das Mitgefühl verschleiß­en, ist dieser Mangel an Urteilsver­mögen schwer verständli­ch. Was würde denn passieren, wenn Putin die Ukraine überrennt? Das Baltikum und Polen wären akut bedroht. Und irgendwann auch wir. Unrealisti­sch? Wer hat den Überfall auf die Ukraine für möglich gehalten? Es geht um Freiheit.

Und doch, so richtig die deutsche Position ist, muss mehr von der Politik kommen als wirtschaft­liche Entlastung für die Bürger. Die Regierende­n müssen erklären, wohin das alles führt. Wann und wie hören Krieg und Wirtschaft­skrieg auf? Und wenn das nicht vorauszusa­gen ist: Was genau ist das Ziel? So richtig und nötig es ist, sich einem imperialis­tischen Diktator entgegenzu­stellen, es funktionie­rt nur, wenn die Menschen verstehen, worum es geht und wenn sie mehrheitli­ch bereit sind, die Konsequenz­en zu tragen.

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