Getrübte Freundschaft
Deutschlands wichtigste Partnerländer in Europa liegen gleich neben der Bundesrepublik: Es handelt sich im Westen um Frankreich und im Osten um Polen. Beide Länder sind Opfer der kriegerischen Gelüste der Deutschen im 20. Jahrhundert geworden, beide Länder haben die Deutschen trotz allem als Freunde akzeptiert, den Weg zur Wiedervereinigung bereitet und unterstützt. Unzählige Treffen, Kooperationen, Konsultationen und Austausche sind Ausdruck der Partnerschaft. Wer sich als deutscher Tourist in Polen oder in Frankreich aufhält, wird zumeist mit offenen Armen empfangen. Die Feindseligkeit, die in Frankreich noch lange nach dem Krieg zu spüren war, ist verraucht und mit der Kriegsgeneration weitgehend vergangen.
Umso überraschter sind die Deutschen, dass aus Polen schon seit Wochen antideutsche Töne kommen. Die konservative Regierungspartei PiS hat eine Rechnung von 1,3 Billionen Euro gemacht, die von der Bundesrepublik gezahlt werden müssten, um das Leid, die Zerstörung und die Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges wiedergutzumachen. Deutschland lehnt diese Forderungen kühl ab, aus gutem Grund, weil die rechtlichen Grundlagen fehlen.
Dass die PiS sie aber im Wahlkampf ungeniert erheben kann und damit sogar auf Zustimmung vieler Wähler stößt, sollte die Bundesrepublik stutzig machen. Offenkundig bedarf es weiterer Anstrengungen, die Beziehungen beider Länder weiter zu festigen. Die PiS und ihre Regierungsvertreter machen dieses Vorhaben nicht leichter. Doch dauert kein Wahlkampf ewig. Danach beginnt die Zeit für neue Gespräche und die Zeit, sich noch intensiver dem Partnerland im Osten zuzuwenden.