Einheitlicher Ladestecker kommt
EU-Regelung soll lästigen Kabelsalat bei Handys und Tablets beenden – Von Verbänden kommt auch Kritik
(AFP/dpa) - Die EU will mit einem einheitlichen Ladestecker das Kabelwirrwarr zum Aufladen von Smartphones und Kopfhörern beenden. Das Europäische Parlament stimmte am Dienstag in Straßburg für die Einführung des Steckers im Format USB-C als Standard. Ab Herbst 2024 sollen alle Handys, Tablets und Digitalkameras mit Ladegeräten mit USB-C-Anschluss aufladbar sein. Auch für Lautsprecherboxen und Kopfhörer soll dies gelten - für Laptops später, voraussichtlich Anfang 2026.
Auch Mäuse sowie Drucker sollen den neuen Regeln unterliegen. Auf den Verpackungen der Elektrogeräte soll zudem künftig ein Symbol angeben, ob ein Ladegerät dabei ist oder nicht. Denn Hersteller müssen künftig ihre Geräte sowohl mit als ohne Ladegerät anbieten.
Es gehe darum, „dass man zu Hause nicht mehr in den Schubladen alte Kabel rumliegen hat, die vor fünf Jahren mal passten und jetzt einfach nicht mehr benutzbar sind“, sagte die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini (Grüne). Bei technischen Fortschritten könne das Gesetz leicht aktualisiert werden, fügte sie hinzu.
Dabei geht es vor allem um das kabellose Laden, wie dies bei immer mehr Smartphones möglich ist. Noch funktioniert das mit geringerer Leistung und Datenübertragungsgeschwindigkeit als USB-C.
Vehemente Kritik äußert der Software-, IT- und Digital-Branchenverband Bitkom. Das Vorhaben laufe dem Grundsatz der Technologieoffenheit zuwider, hieß es. „Innovationen etwa bei Ladedauer oder Datenübertragung werden damit politisch ausgebremst“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Dem widerspricht die GrünenAbgeordnete Anna Cavazzini. „Anders als manche Lobbyisten behaupten, ist die Einigung zum einheitlichen Ladekabel offen für Innovation.“Sollte es künftig einen besseren Anschluss geben, könne USB-C abgelöst werden – aber nur durch einen neuen einheitlichen Standard.
Es gibt aber auch Unternehmensvertreter, die sich über die neuen Regeln freuen. „Einheitliche Ladekabel stoppen lästigen Kabelsalat, schonen Ressourcen und Nerven der Verbraucher“, teilte der Verband kommunaler Unternehmen mit. Der Verband
vertritt unter anderem die Interessen der Abfallwirtschaft.
Die Richtlinie, für die eine große Mehrheit der Europaabgeordneten stimmte, enthält die Forderung an die EU-Kommission, für eine „Harmonisierung“von kabelgebundenem und kabellosem Laden zu sorgen. „Die gesetzlichen Vorgaben sollen mit der Zeit gehen, sonst droht hier erneut ein jahrzehntelanges Verwirrspiel mit den Verbrauchern und Verbraucherinnen durch die Industrie“, forderte der SPD-Europaabgeordnete René Repasi.
Der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab warnte vor „falschen Erwartungen“. Zwar werde USB-C ab 2024 der Standard, es werde „aber deutlich länger dauern, bis alle bereits hergestellten Geräte abverkauft sind.“Erst dann würden Verbraucher vollständig umsteigen können.
Derzeit werden vor allem noch drei Systeme verwendet: der MikroUSB-Anschluss, die neuere Verbindung
über USB-C sowie Lightning von Apple. Handy-Ladekabel waren nach Angaben der EU-Kommission im Jahr 2018 für rund 11 000 Tonnen Elektroschrott verantwortlich. Die Vereinheitlichung der Ladestecker „wird zur Verringerung von mehr als tausend Tonnen Abfall in der EU pro
Jahr beitragen“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Straßburg vor der Abstimmung des Europäischen Parlaments.
Der Einigung müssen noch die Mitgliedstaaten formell zustimmen, was laut einer EU-Beamtin noch im Oktober passieren soll. Im Juni hatten sich bereits Unterhändler des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten auf die Einführung der einheitlichen Smartphone-Ladestecker geeinigt. Die Europäische Kommission bemüht sich bereits seit 2009 um eine Einheitslösung, damit sich Verbraucherinnen und Verbraucher bei einem Wechsel von Handy oder Tablet keine neuen Ladekabel kaufen müssen - oder ihr Mobiltelefon problemlos auswärts aufladen können, wenn sie ihr eigenes Ladegerät vergessen haben.
Großer Widerstand kam dabei von Apple, dem weltweit zweitgrößen Smartphone-Verkäufer nach Samsung. Nach der vorläufigen Einigung der EU im Juni hatte Apple kritisiert, dass das Gesetz „Innovationen ersticken“werde. Für seine neuesten IPhones bietet Apple mittlerweile kabelloses Laden an. Bei künftigen Modellen könnte der Konzern ganz auf kabelloses Laden umsteigen.