Nobelpreis für Quantenphysiker Zeilinger
Der Österreicher wird gemeinsam mit einem Franzosen und einem US-Amerikaner ausgezeichnet
(dpa) - Der Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr an den Franzosen Alain Aspect, den USAmerikaner John F. Clauser und den Österreicher Anton Zeilinger für Forschung auf dem Gebiet der Quantenphysik. Das teilte die KöniglichSchwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm mit. Die Forscher hätten bahnbrechende Experimente mit verschränkten Quantenzuständen durchgeführt, bei denen sich zwei Teilchen wie eine Einheit verhalten, auch wenn sie getrennt sind. Die Ergebnisse hätten den Weg geebnet für neue, auf Quanteninformation basierende Technologien. Die bedeutendste Auszeichnung für Physiker ist in diesem Jahr mit insgesamt zehn Millionen Kronen, rund 920 000 Euro, dotiert.
Für Fachleute sind verschränkte Quanten und deren Anwendungen nichts weniger als der Schlüssel zu einer technischen Revolution. Sie machen Telefonate abhörsicher, sind die Grundlage unfassbar schneller Computer und ermöglichen es, Informationen regelrecht zu beamen. Kein Wunder also, dass es für grundlegende Arbeiten auf dem Gebiet der Quantenmechanik den diesjährigen Physik-Nobelpreis gibt.
Ganz grob gesagt geht es bei der Quantenverschränkung um winzigste Teilchen, die in gewisser Weise miteinander verbunden sind – auch wenn sie getrennt werden und dann viele Kilometer voneinander entfernt sind. Wird der Zustand des einen Teilchens gemessen, ist automatisch auch der Zustand des anderen Teilchens festgelegt.
Und nicht nur das: Ändert man den Zustand des einen Teilchens auf bestimmte Weise, hat das Auswirkungen auf das andere Teilchen, obwohl keinerlei Verbindung zwischen den beiden besteht. „In der Kommunikation gibt es erste Netzwerke, die auf dieser Quantentechnologie beruhen, und die eine abhörsichere Datenübertragung erlauben. Aber die übertragenen Datenmengen sind noch recht beschränkt“, sagte Immanuel Bloch von der LMU München.
Quantenzustände lassen sich auch zwischen den Teilchen übertragen – im Volksmund: teleportieren. Hoffnungen auf das Beamen wie in der Serie Raumschiff Enterprise erteilt Bloch aber eine Absage: „Menschen zu teleportieren wird sehr wahrscheinlich nie funktionieren, weil sie einfach zu komplex sind.“
Zum besseren Verständnis erklärt der Physiker Tobias Meng von der TU Dresden das Phänomen der verschränkten Quanten mit voneinander getrennten Zwillingen, die immer die gleiche Laune haben. Fragt man den einen der beiden nach seinem Wohlbefinden und bekommt die Antwort „Gut“, ist auch der andere wohlauf.
Allerdings beschreibt das Zwillingsbeispiel die sogenannte Verschränkung nur unzureichend, sagte Meng. Denn die Crux bei der Quantenmechanik sei: „Alle Metaphern, die man anhand von Alltagsbeispielen macht, treffen es in letzter Konsequenz nicht ganz.“So wären die Zwillinge in der Quantenwelt sowohl traurig als auch fröhlich gleichzeitig, erst zum Zeitpunkt der Frage wäre die Laune eindeutig feststellbar.
So schwer verdaulich die Theorie hinter den Prinzipien ist, für die der Franzose Alain Aspect, der US-Amerikaner John Clauser und der Österreicher Anton Zeilinger den Nobelpreis bekommen, so beeindruckend sind mögliche Anwendungsmöglichkeiten. „Die Quantenverschränkung ist wie ein neues Werkzeug im Werkzeugkoffer“, sagt Meng. Ein Einsatzgebiet sind sogenannte Quantencomputer. In sie werden große Hoffnungen gesetzt, weil sie schneller und komplexer rechnen können.