Top-Abiturient im Uni-Glück
Marco Schmid schaffte 2021 einen Schnitt von 0,69 - nun schreibt er auch als Mathe-Student Bestnoten
- In den Semesterferien hatte Marco Schmid ausnahmsweise keine Lust auf Mathematik, stattdessen lernte er eine neue Sprache. Der 19Jährige aus Wald (Ostallgäu), der im Vorjahr das Abitur mit einem sensationellen Schnitt von 0,69 abschloss und mittlerweile an der Münchner Ludwigs-Maximilianeums-Universität (LMU) studiert, machte einen dreiwöchigen Italienisch-Kurs in Florenz.
Er wohnte bei einer fast 80-jährigen Ur-Oma, die ihn wie ein Familienmitglied üppig bekochte, und genoss obendrein die Unterrichtsstunden und das Vokabel-Lernen. „Das war eine witzige Abwechslung“, sagt der hochbegabte Allgäuer, dessen eigentliche Berufung die Mathematik ist. Ihren hochkomplexen Aufgaben widmet er sich während des Semesters um die acht Stunden am Tag. Die ersten Prüfungen in linearer Algebra (1,3) und Analysis (1,0) hat er mit Bestnoten bestanden. Doch Noten sind für ihn nicht das Maß der Dinge. Es geht ihm um die tägliche Erweiterung des eigenen Horizonts, um ein immer tieferes Verständnis. „Manchmal gehen mir mathematische Probleme einfach nicht mehr aus dem Kopf heraus und beschäftigen mich sogar noch beim Einschlafen.
Ich glaube, das kennt jeder Mathematiker.“
Abgesehen von diesem Expertenkreis fällt es Normalbürgern dagegen meist schwer, sich für diese Materie zu begeistern. Und auch das Bild vom Mathematiker ist nicht gerade schmeichelhaft. Darüber ärgert sich jedenfalls Marco Schmid: „Ich verstehe nicht, warum wir immer als sozial inkompetente Sonderlinge dargestellt werden, die blass und einsam im abgedunkelten Zimmer vor sich hin brüten. Wenn jemand dagegen acht Stunden lang E-Gitarre übt, dann wird er gefeiert.“
Er selbst ist alles andere als ein einsamer Zahlen-Kauz: Er geht mit Freunden in den Biergarten, radelt, wandert, macht Krafttraining oder genießt mit seiner Freundin, die ebenfalls Mathematik studiert, ein Eis im Englischen Garten. „Meinen Eltern war immer wichtig, dass ich kein abgehobener Akademiker werde“, sagt Marco Schmid. „Und das werde ich auch nie sein.“
Der überdurchschnittlich begabte Student stammt aus bürgerlichen Verhältnissen: Sein Vater betreibt einen Radladen in seiner Heimatgemeinde; seine Mutter arbeitet als Verkäuferin in einer Bäckerei. In seiner Jugend spielte er Fußball und Tischtennis und unterschied sich von seinen Altersgenossen nur in einem: Er lernte unheimlich schnell.
Doch darauf ruhte er sich nicht aus. „Den Anspruch, mehr daraus zu machen, hatte ich immer selbst. Druck von außen gab es nie“, erzählt er. Später am Gymnasium in Marktoberdorf habe er immer wieder Lehrer
gehabt, die ihn bestärkten und motivierten. In eine HochbegabtenKlasse zu wechseln, wie es sie in Augsburg oder München gibt, sei ihm nie in den Sinn gekommen. Im Gegenteil: „Hochbegabt zu sein, heißt auch, dass man eine soziale Verantwortung hat“, sagt Schmid, der im Nebenfach Philosophie studiert.
Statt auf Überflieger zu machen, half er lieber Mitschülern bei Schulproblemen. Seine eigenen Ziele verlor er dabei nicht aus den Augen: Im Abitur gelangen ihm 896 von 900 Punkten, was rein rechnerischen einen Schnitt von 0,69 bedeutet. Damit zählt er zu den Elite-Abiturienten in Bayern, die für die Zeit ihres Studiums kostenlos im Maximilianeum wohnen dürfen. Dort hat er bislang allerdings keine Bleibe gefunden. Das Landtagsgebäude wird umgebaut. Schmid hat von der Stiftung Maximilianeum vorübergehend ein Zimmer in einem Studenten-Wohnheim in Schwabing erhalten. Auch ohne Prunk fühlt sich der freundliche junge Mann dort „total wohl.“
Nach dem Studium will er promovieren und wohl in die freie Wirtschaft gehen. „Ich kann mir vorstellen, später einmal für die Theorieabteilung eines Unternehmens zu arbeiten.“An Angeboten dürfte es ihm wohl nicht mangeln.