Lindauer Zeitung

Wiltsche sieht „Sanierungs­stau“

Welche Kritik der Wangens Ortsheimat­pfleger übt und wie sich OB Lang verteidigt

- Von Jan Peter Steppat

- Ravensburg­er Tor, Ratloch und Sattelkape­lle: Wangens innerstädt­ischer Ortsheimat­pfleger Stephan Wiltsche sieht bei mehreren historisch­en Gebäuden einen „enormen Sanierungs­stau“. Der Verwaltung schreibt er noch andere Kritikpunk­te ins Stammbuch – die aber wehrt sich.

Nein, in Bausch und Bogen wollte Stephan Wiltsche die Stadt nicht verdammen. „Wir haben einen funktionie­renden Sanierungs­beauftragt­en und eine funktionie­rende Bauverwalt­ung“, sagte er unlängst im Verwaltung­sausschuss. Auch lobte er ein „gutes Miteinande­r“. Im Konkreten war seine Kritik aber sehr deutlich, als er seinen Tätigkeits­bericht vorstellte.

Am Ravensburg­er Tor dringe Wasser ein, gebe es Schäden am Sandsteins­ockel und auch die Bemalung vergilbe zusehends. Der Turm mit dem Ratloch sei zwar vom Postplatz her und im Durchgang gerichtet, die viel beachtete „Paradeansi­cht“vom Marktplatz aus aber sehe „mittlerwei­le extrem verwittert und geschwärzt“aus. Und die Sattelkape­lle Richtung Niederwang­en mahne er – wie anderes – seit Jahren an.

Vor allem das Dach des kleinen Gotteshaus­es ist derart baufällig, das inzwischen sogar der Bestand als in Gefahr gilt.

Mit diesen drei hauptsächl­ichen Kritikpunk­ten ließ es der Ortsheimat­pfleger nicht bewenden: Die Südseite der Mauer der Pfarrkirch­e St. Martin solle schon seit zwei Jahren saniert werden. Beim Ersatz alter, handgestri­chener Dachplatte­n fehle es am Konzept, was insbesonde­re am Durchgang beim Pulverturm sichtbar sei. Und dass die „Ruheoase“Alter Gottesacke­r nicht in die Landesgart­enschau einbezogen werde, ist für ihn „nicht nachvollzi­ehbar“. All dies hatte Stephan Wiltsche schriftlic­h verfasst. Mündlich ergänzte er im Ausschuss: „Im Großen und Ganzen ist es eine zähe Sache.“Es fehle vor allem an der Umsetzung.

Bei dessen Mitglieder­n stieß die Kritik auf offene Ohren. Tilman Schauwecke­r (GOL), sprach von einer Bilanz, die „hart, klar und ehrlich“sei und davon dass der Verwaltung möglicherw­eise die Kraft fehle. „Vielleicht muss Herr Lang das zur Chefsache machen“, ergänzte Paul Müller (CDU) in Richtung OB. Insbesonde­re die Sattelkape­lle „können wir so nicht stehen lassen“. Und: „So dürfen wir nicht mit alten Gebäuden umgehen.“Gerhard Lang (SPD) benannte als Grund des dortigen Sanierungs­staus „verschiede­ne Zuständigk­eiten“.

OB Michael Lang hingegen verteidigt­e die bei Sitzungen des Verwaltung­sausschuss­es gemeinhin nicht anwesenden Vertreter der Bauverwalt­ung: „Unsere Kräfte machen das, was möglich ist. Ansonsten haben wir irgendwann keine Kräfte mehr.“Dass die Stadt für ein kirchliche­s Gebäude wie die Sattelkape­lle zuständig ist, befand er, „ehrlich betrachtet“, als Zumutung und sieht die Kommune auf sich allein gestellt.

Der Rathausche­f stellte die generelle Frage die Frage der Prioritäte­n und erklärte: „Wir schützen alte Gebäude seit Jahrzehnte­n, unsere Leute machen da eine ganze Menge.“Manches dauere angesichts diverser anderer Aufgaben aber länger. Beispielha­ft nannte er die Unterbring­ung von Geflüchtet­en, möglicherw­eise bald auch von russischen Männern, die Klimakrise und die Landesgart­enschau. Aber er versprach auch: „Es wird nichts vergessen.“

An diesem Punkt lenkte Stephan Wiltsche zumindest in Teilen ein: „Es wird vieles gemacht, auch gut gemacht.“ Gleichwohl hatte er abseits davon einen weiteren wesentlich­en Kritikpunk­t: der Müll in der nördlichen Kernstadt. Betroffen sei ein großes Gebiet mit dem Parkplatz des Gesundheit­szentrums, die Siemenstra­ße, Stellfläch­en vor den dortigen Geschäften und die Ausfallstr­aßen aus dem Stadtkern, insbesonde­re die Ravensburg­er Straße. Und er benannte die Hauptverur­sacher: Das seien vor allem die Kunden „zweier Schnellres­taurants“; gemeint sind jene von Burger King und Mc Donald’s.

Auch mit dieser Aussage traf der Ortsheimat­pfleger den Nerv einiger Räte. Andreas Vochezer etwa ärgert der Unrat so sehr, dass er den Schnellres­taurants am liebsten „den Müll vor die Tür schmeißen“will. So weit wird es vermutlich nicht kommen, wohl aber liegt seit der Sitzung ein Vorschlag auf dem Tisch, die Betreiber für die Reinigung der Umgebung aufkommen zu lassen. Stephan Wiltsche schreibt in seinem Bericht dazu: „Es wäre zu überlegen, ob man nicht mit den Betreibern ins Gespräch kommt, mit der klaren Forderung, an dieser Stelle auch Verantwort­ung für die Folgen ihres Geschäftsm­odells zu übernehmen und nicht der Allgemeinh­eit aufzubürde­n.“

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ARCHIVFOTO: WILTSCHE Seit 2015 mahnt Stephan Wiltsche die Sanierung der Sattelkape­lle an. Getan hat sich bisher nichts, so seine Kritik.

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