Wiltsche sieht „Sanierungsstau“
Welche Kritik der Wangens Ortsheimatpfleger übt und wie sich OB Lang verteidigt
- Ravensburger Tor, Ratloch und Sattelkapelle: Wangens innerstädtischer Ortsheimatpfleger Stephan Wiltsche sieht bei mehreren historischen Gebäuden einen „enormen Sanierungsstau“. Der Verwaltung schreibt er noch andere Kritikpunkte ins Stammbuch – die aber wehrt sich.
Nein, in Bausch und Bogen wollte Stephan Wiltsche die Stadt nicht verdammen. „Wir haben einen funktionierenden Sanierungsbeauftragten und eine funktionierende Bauverwaltung“, sagte er unlängst im Verwaltungsausschuss. Auch lobte er ein „gutes Miteinander“. Im Konkreten war seine Kritik aber sehr deutlich, als er seinen Tätigkeitsbericht vorstellte.
Am Ravensburger Tor dringe Wasser ein, gebe es Schäden am Sandsteinsockel und auch die Bemalung vergilbe zusehends. Der Turm mit dem Ratloch sei zwar vom Postplatz her und im Durchgang gerichtet, die viel beachtete „Paradeansicht“vom Marktplatz aus aber sehe „mittlerweile extrem verwittert und geschwärzt“aus. Und die Sattelkapelle Richtung Niederwangen mahne er – wie anderes – seit Jahren an.
Vor allem das Dach des kleinen Gotteshauses ist derart baufällig, das inzwischen sogar der Bestand als in Gefahr gilt.
Mit diesen drei hauptsächlichen Kritikpunkten ließ es der Ortsheimatpfleger nicht bewenden: Die Südseite der Mauer der Pfarrkirche St. Martin solle schon seit zwei Jahren saniert werden. Beim Ersatz alter, handgestrichener Dachplatten fehle es am Konzept, was insbesondere am Durchgang beim Pulverturm sichtbar sei. Und dass die „Ruheoase“Alter Gottesacker nicht in die Landesgartenschau einbezogen werde, ist für ihn „nicht nachvollziehbar“. All dies hatte Stephan Wiltsche schriftlich verfasst. Mündlich ergänzte er im Ausschuss: „Im Großen und Ganzen ist es eine zähe Sache.“Es fehle vor allem an der Umsetzung.
Bei dessen Mitgliedern stieß die Kritik auf offene Ohren. Tilman Schauwecker (GOL), sprach von einer Bilanz, die „hart, klar und ehrlich“sei und davon dass der Verwaltung möglicherweise die Kraft fehle. „Vielleicht muss Herr Lang das zur Chefsache machen“, ergänzte Paul Müller (CDU) in Richtung OB. Insbesondere die Sattelkapelle „können wir so nicht stehen lassen“. Und: „So dürfen wir nicht mit alten Gebäuden umgehen.“Gerhard Lang (SPD) benannte als Grund des dortigen Sanierungsstaus „verschiedene Zuständigkeiten“.
OB Michael Lang hingegen verteidigte die bei Sitzungen des Verwaltungsausschusses gemeinhin nicht anwesenden Vertreter der Bauverwaltung: „Unsere Kräfte machen das, was möglich ist. Ansonsten haben wir irgendwann keine Kräfte mehr.“Dass die Stadt für ein kirchliches Gebäude wie die Sattelkapelle zuständig ist, befand er, „ehrlich betrachtet“, als Zumutung und sieht die Kommune auf sich allein gestellt.
Der Rathauschef stellte die generelle Frage die Frage der Prioritäten und erklärte: „Wir schützen alte Gebäude seit Jahrzehnten, unsere Leute machen da eine ganze Menge.“Manches dauere angesichts diverser anderer Aufgaben aber länger. Beispielhaft nannte er die Unterbringung von Geflüchteten, möglicherweise bald auch von russischen Männern, die Klimakrise und die Landesgartenschau. Aber er versprach auch: „Es wird nichts vergessen.“
An diesem Punkt lenkte Stephan Wiltsche zumindest in Teilen ein: „Es wird vieles gemacht, auch gut gemacht.“ Gleichwohl hatte er abseits davon einen weiteren wesentlichen Kritikpunkt: der Müll in der nördlichen Kernstadt. Betroffen sei ein großes Gebiet mit dem Parkplatz des Gesundheitszentrums, die Siemenstraße, Stellflächen vor den dortigen Geschäften und die Ausfallstraßen aus dem Stadtkern, insbesondere die Ravensburger Straße. Und er benannte die Hauptverursacher: Das seien vor allem die Kunden „zweier Schnellrestaurants“; gemeint sind jene von Burger King und Mc Donald’s.
Auch mit dieser Aussage traf der Ortsheimatpfleger den Nerv einiger Räte. Andreas Vochezer etwa ärgert der Unrat so sehr, dass er den Schnellrestaurants am liebsten „den Müll vor die Tür schmeißen“will. So weit wird es vermutlich nicht kommen, wohl aber liegt seit der Sitzung ein Vorschlag auf dem Tisch, die Betreiber für die Reinigung der Umgebung aufkommen zu lassen. Stephan Wiltsche schreibt in seinem Bericht dazu: „Es wäre zu überlegen, ob man nicht mit den Betreibern ins Gespräch kommt, mit der klaren Forderung, an dieser Stelle auch Verantwortung für die Folgen ihres Geschäftsmodells zu übernehmen und nicht der Allgemeinheit aufzubürden.“