Lindauer Zeitung

In der Arena kommt das Vieh unter den Hammer

Seit einem halben Jahr vermarktet der Zuchtverba­nd ProRind die Tiere in neuer Halle – Wie eine Auktion in Unterthing­au abläuft

- Von Thomas Schwarz

- Ein Viehauftri­eb der besonderen Art ereignet sich zwei Mal im Monat in Unterthing­au im Ostallgäu. Morgens ab 7.30 Uhr bilden sich dort lange Schlangen aus Autos mit Tieranhäng­ern. Sie kommen aus dem ganzen Allgäu sowie aus Nieder- und Oberbayern. Alle wollen ins neue Vermarktun­gszentrum von „ProRind“– um dort ihre Kühe, Kälbchen und Stiere versteiger­n zu lassen.

Die Vorbereitu­ng: Wie im Drive-In eines Schnellres­taurants geht es auf der Rückseite des Gebäudes zu. Dort fahren die Züchter mit ihren Autos vor und laden ihre Tiere aus – bei der Auktion am Donnerstag waren es etwa 300. Mitarbeite­r nehmen die Papiere der Rinder entgegen und scannen die Ohrmarken – quasi der elektronis­che Personalau­sweis der Tiere. Der Gesundheit­sdienst kontrollie­rt die Euter der Kühe. Zudem wird aus jeder Zitze eine Milchprobe genommen und in einem Schnelltes­t auf den Zellgehalt untersucht. Dieser müsse niedrig sein, damit ein guter Milchpreis erzielt werden könne, sagt ProRindMit­arbeiter Alexander Kuppel. Weiter geht es in die Waschstraß­e, wo die Tiere abgespritz­t werden. „Wir beseitigen aber nur den Transports­chmutz – die Tiere müssen schon vorgewasch­en hier ankommen“, sagt Kuppel. 98 Prozent der Halter würden sich auch daran halten. Zum Schluss lotst ein Mitarbeite­r die Rinder per Funk weiter in eine Halle mit insgesamt 22 Boxen. Jeweils bis zu 15 Tiere warten dort auf ihren Auftritt bei der Auktion – bis dahin werden sie dort mit Futter und Wasser versorgt.

Die Käufer: Im über 120-seitigen Auktionska­talog sind alle Tiere aufgeliste­t – mit wichtigen Kennzahlen wie Abstammung der Eltern sowie die Milchleist­ung der Mutter. Und auch, wie viel Fett- und Eiweißleis tung das Muttertier erbrachte. Daran orientiere­n sich auch Gertrud und Xaver Hodrus aus Opfenbach. Sie sind aus dem Westallgäu angereist, um für ihren Milchviehb­etrieb zwei neue Kühe zu kaufen, da zwei altersbedi­ngt ausgeschie­den sind. „Wir schauen auf die Milchleist­ung und die Melkbarkei­t“, sagt Gertrud Hodrus. Knapp 45 Tiere nehmen Hodrus in die engere Auswahl und besichtige­n sie vorab in den Boxen.

Die Auktion: Pünktlich um 10.30 Uhr startet die Auktion, die an diesem Tag gut fünf Stunden dauern wird. Begonnen wird mit den Kälbchen, es folgen Stiere und zum Schluss die Kühe. Auktionato­r Josef Hefele ruft jedes einzelne Tier auf. In einer Arena ähnlich eines Amphitheat­ers laufen die Kälbchen ein, springen umher, muhen die knapp 500 Zuschauer an – vor allem Verkäufer, aber auch die Kaufintere­ssenten. Sie kommen nicht nur aus dem Allgäu, sondern auch aus Norddeutsc­hland, Italien, Belgien und Luxemburg und sind an gelben Kellen mit Nummern zu erkennen, die sie bei Kaufintere­sse heben. Im Minutentak­t versteiger­t Hefele die Tiere. Mit 1150 Euro startet er beispielsw­eise bei einem Stier, der an der Leine von seinem Züchter durch das Halbrund geführt wird. Schnell steigern sich die Bieter hoch – der Käufer mit der Nummer 22 erhält schließlic­h den Zuschlag für 2000 Euro. Doch nicht alle Tiere finden einen Käufer – selbst als Hefele unter den Gebotsprei­s geht.

Der Ausblick: Aktuell fallen die Preise für Rinder etwas, sagt ProRind-Geschäftsf­ührer Thomas Bechteler. Das hänge mit den sinkenden Milchpreis­en zusammen. Pro verkauftem Tier bekommt der Verband eine Provision, über die er sich finanziert. Angestrebt sei, monatlich etwa 3700 Rinder zu veräußern. Durchschni­ttlich wird ein Zuchtkalb für 350 bis 400 Euro verkauft, ein Zuchtbulle kostet zwischen 2000 und 2200 Euro. Die bisherige „Spitzenkuh“in Unterthing­au brachte 4550 Euro. Der aktuelle Trend der Verbrauche­r, weniger Fleisch zu essen, mache ihm noch keine Sorgen, sagt Bechteler. „Wir sind hier im Allgäu ein wichtiges Aufzuchtge­biet.“Gerade das Braunvieh lasse sich gut vermarkten – weil es eine gesunde Rasse mit hoher Milchleist­ung sei. Die nächste Auktion ist am 9. Februar.

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FOTO: RALF LIENERT Damit sie sich schön und vor allem sauber präsentier­en können, werden die Rinder vor der Auktion gewaschen.

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