In der Arena kommt das Vieh unter den Hammer
Seit einem halben Jahr vermarktet der Zuchtverband ProRind die Tiere in neuer Halle – Wie eine Auktion in Unterthingau abläuft
- Ein Viehauftrieb der besonderen Art ereignet sich zwei Mal im Monat in Unterthingau im Ostallgäu. Morgens ab 7.30 Uhr bilden sich dort lange Schlangen aus Autos mit Tieranhängern. Sie kommen aus dem ganzen Allgäu sowie aus Nieder- und Oberbayern. Alle wollen ins neue Vermarktungszentrum von „ProRind“– um dort ihre Kühe, Kälbchen und Stiere versteigern zu lassen.
Die Vorbereitung: Wie im Drive-In eines Schnellrestaurants geht es auf der Rückseite des Gebäudes zu. Dort fahren die Züchter mit ihren Autos vor und laden ihre Tiere aus – bei der Auktion am Donnerstag waren es etwa 300. Mitarbeiter nehmen die Papiere der Rinder entgegen und scannen die Ohrmarken – quasi der elektronische Personalausweis der Tiere. Der Gesundheitsdienst kontrolliert die Euter der Kühe. Zudem wird aus jeder Zitze eine Milchprobe genommen und in einem Schnelltest auf den Zellgehalt untersucht. Dieser müsse niedrig sein, damit ein guter Milchpreis erzielt werden könne, sagt ProRindMitarbeiter Alexander Kuppel. Weiter geht es in die Waschstraße, wo die Tiere abgespritzt werden. „Wir beseitigen aber nur den Transportschmutz – die Tiere müssen schon vorgewaschen hier ankommen“, sagt Kuppel. 98 Prozent der Halter würden sich auch daran halten. Zum Schluss lotst ein Mitarbeiter die Rinder per Funk weiter in eine Halle mit insgesamt 22 Boxen. Jeweils bis zu 15 Tiere warten dort auf ihren Auftritt bei der Auktion – bis dahin werden sie dort mit Futter und Wasser versorgt.
Die Käufer: Im über 120-seitigen Auktionskatalog sind alle Tiere aufgelistet – mit wichtigen Kennzahlen wie Abstammung der Eltern sowie die Milchleistung der Mutter. Und auch, wie viel Fett- und Eiweißleis tung das Muttertier erbrachte. Daran orientieren sich auch Gertrud und Xaver Hodrus aus Opfenbach. Sie sind aus dem Westallgäu angereist, um für ihren Milchviehbetrieb zwei neue Kühe zu kaufen, da zwei altersbedingt ausgeschieden sind. „Wir schauen auf die Milchleistung und die Melkbarkeit“, sagt Gertrud Hodrus. Knapp 45 Tiere nehmen Hodrus in die engere Auswahl und besichtigen sie vorab in den Boxen.
Die Auktion: Pünktlich um 10.30 Uhr startet die Auktion, die an diesem Tag gut fünf Stunden dauern wird. Begonnen wird mit den Kälbchen, es folgen Stiere und zum Schluss die Kühe. Auktionator Josef Hefele ruft jedes einzelne Tier auf. In einer Arena ähnlich eines Amphitheaters laufen die Kälbchen ein, springen umher, muhen die knapp 500 Zuschauer an – vor allem Verkäufer, aber auch die Kaufinteressenten. Sie kommen nicht nur aus dem Allgäu, sondern auch aus Norddeutschland, Italien, Belgien und Luxemburg und sind an gelben Kellen mit Nummern zu erkennen, die sie bei Kaufinteresse heben. Im Minutentakt versteigert Hefele die Tiere. Mit 1150 Euro startet er beispielsweise bei einem Stier, der an der Leine von seinem Züchter durch das Halbrund geführt wird. Schnell steigern sich die Bieter hoch – der Käufer mit der Nummer 22 erhält schließlich den Zuschlag für 2000 Euro. Doch nicht alle Tiere finden einen Käufer – selbst als Hefele unter den Gebotspreis geht.
Der Ausblick: Aktuell fallen die Preise für Rinder etwas, sagt ProRind-Geschäftsführer Thomas Bechteler. Das hänge mit den sinkenden Milchpreisen zusammen. Pro verkauftem Tier bekommt der Verband eine Provision, über die er sich finanziert. Angestrebt sei, monatlich etwa 3700 Rinder zu veräußern. Durchschnittlich wird ein Zuchtkalb für 350 bis 400 Euro verkauft, ein Zuchtbulle kostet zwischen 2000 und 2200 Euro. Die bisherige „Spitzenkuh“in Unterthingau brachte 4550 Euro. Der aktuelle Trend der Verbraucher, weniger Fleisch zu essen, mache ihm noch keine Sorgen, sagt Bechteler. „Wir sind hier im Allgäu ein wichtiges Aufzuchtgebiet.“Gerade das Braunvieh lasse sich gut vermarkten – weil es eine gesunde Rasse mit hoher Milchleistung sei. Die nächste Auktion ist am 9. Februar.