Vor allem in Wohngebieten wird zu schnell gefahren
Wo in Ravensburg ein Tempolimit unter 50 km/h gilt, wird gerast
- Sind in Ravensburg zu viele Autofahrer viel zu schnell unterwegs? Selbst wenn das dem persönlichen Eindruck entspricht, die Statistik bei mobilen Tempomessungen spricht eine andere Sprache. Aber sie sagt auch: Je niedriger die Geschwindigkeitsbegrenzung ist, desto häufiger wird sie übertreten. Und: Beliebte Raserstrecken sind durchaus vorhanden.
September 2022: In der Markdorfer Straße zwischen der Ravensburger Weststadt und Bavendorf gilt abschnittsweise Tempo 50. Dort wurde ein Autofahrer im vergangenen Herbst mit einer Geschwindigkeit von 105 km/h geblitzt. Rekordverdächtig war auch das Fahrzeug, das nachts in der Ravensburger Gartenstraße im Juni 2022 bei einem vorgeschriebenen Tempo von 30 km/h satte 91 km/h auf den Tacho bekam. In beiden Fällen erfolgte ein Entzug des Führerscheins.
Die „Schwäbische Zeitung“hat die Zahlen der mobilen Tempomessungen der Stadt Ravensburg, die in jedem Monat erfolgen, für das Jahr 2022 ausgewertet. Das Ergebnis: Rund 95 Prozent der Autofahrer halten sich an die vorgeschriebenen Geschwindigkeiten – oder gehen unter dem Radar der Tempomessungen durch.
Ein weiteres Fazit der Recherche ist: Sinkt die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung unter den Standard von 50 km/h, nimmt die Zahl der Verstöße exorbitant zu.
Beispiel Nikolausstraße. Ein kleines Sträßchen zwischen dem Krankenhaus St. Elisabeth und dem ehemaligen Kinderkrankenhaus. Dort gilt Tempo 10. Annähernd die Hälfte der Autofahrer war dort im Sommer 2020 bei Messungen zu schnell unterwegs.
Die Nikolausstraße ist nur ein Beispiel für viele Gebiete, vor allem in Altstadt- und Innenstadtnähe. Wo Tempo 10, 20 oder 30 gilt, fahren die Menschen tendenziell viel zu oft viel zu schnell. Dabei sind Tempolimits
keine Schikane, sondern dienen dem Schutz der Menschen. Zum Beispiel in Bereichen, in denen viele Kinder unterwegs sind.
In der Statistik der Stadt taucht die Kuppelnaustraße, also der Bereich rund um die dortige Schule, regelmäßig mit hohen Verstoßquoten auf. Selbst wenn dort viele Kinder und Jugendliche die Straßen queren: Jeder Fünfte hält sich nicht ans Tempolimit.
Ein Blick auf die Ravensburger Altstadt zeigt: Dort wird zwar in der Regel nicht gerast, nicht zuletzt, weil das nicht möglich ist in den engen Gassen. Aber dort gelten zum Schutz der Fußgänger klare Geschwindigkeitsbegrenzungen – die oft massiv ignoriert werden. Wo fährt in der Altstadt jeder Fünfte zu schnell? Es sind immer die gleichen Straßennamen, die in der städtischen Statistik auftauchen: Obere und Untere Breite, Eisenbahn- und Charlottenstraße, Herren- und Marktstraße. Außerhalb des Zentrums liegen die Teilorte Adelsreute und Hinzistobel an der Spitze der Geschwindigkeitsübertretungen (meist fährt jeder Vierte zu schnell). Im näheren Innenstadtbereich ist ein beliebter Raserplatz die Schwanenstraße (hinter Omira und Ravensburger Verlag), die Gartenstraße (nachts), mitunter auch die Bleicherstraße. Hier sind Verstoßquoten bis fast 30 Prozent keine Seltenheit. Hinzu kommen die Ausfallstraßen in Richtung Bavendorf, Eschach und Wangen. Im Knollengraben zum Beispiel wurden im April Autofahrer mit 84 km/h geblitzt. Hier gilt Tempo 50.
Die Stadt orientiert sich bei ihren Messungen nach eigenen Angaben vor allem an der Situation in wohnortnahen Gebieten, aber auch an Wünschen von Bürgern („Bei uns wird vor der Haustür ständig gerast!“).
Und sie bleibt trotz eingeschränkter Möglichkeiten weiterhin aktiv. So gab es allein im Februar 2022 über 42.000 überprüfte Fahrzeuge. Nur rund fünf Prozent der
Autofahrer brachen Geschwindigkeitsbegrenzungen. Aber dann gab es eben auch Leute, die mit 95 km/h durch die Schmalegger Straße rasten. Dort gilt, nicht ohne Grund, Tempo 50.