Lindauer Zeitung

Luisa ist jetzt auch in Lindau

Hilfe für Frauen in der Partyszene – Lindauer Clubs, Bars und Vereine können Zeichen setzen

- Von Yvonne Roither

LINDAU - K.o.-Tropfen, sexuelle Belästigun­g oder Gewalt: Partys bergen auch Gefahren. Nun gibt es in Lindau ein neues Angebot für Frauen, die sich belästigt fühlen.

Sie will doch nur feiern. Doch der Typ neben ihr nervt. Ständig tanzt er sie an, macht ihr komische Kompliment­e. Die junge Frau fühlt sich unwohl, ihre Freunde sind schon nach Hause gegangen. Daher geht sie an die Theke und fragt nach Luisa – und bekommt Hilfe. Unmittelba­r und diskret. Denn Luisa ist ein Codewort.

Luisa ist es auch, die rund 20 Frauen und Männer in den Club Vaudeville an einen Tisch gebracht hat. Florian Hedig vom Vorstandst­eam des Clubs hat Vertreteri­nnen und Vertreter von Landratsam­t, Polizei, Jugendarbe­it und Hilfsorgan­isationen, aber auch Party-Veranstalt­er in den Club eingeladen. Ziel war es: gemeinsam zu überlegen, wie Partys für junge Menschen sicherer gemacht werden können.

Partys bergen leider auch Gefahren, nicht nur für die jungen Mädchen und Jungs, die neu in die Partyszene einsteigen. „Wir haben so viel Hass in der Gesellscha­ft, da kann jeder zum Opfer werden “, ist die Erfahrung von Michael Jeschke, Leiter der Polizeiins­pektion Lindau. Umso wichtiger sei es, niederschw­ellige Hilfe anzubieten.

Das will die Kampagne „Luisa ist hier“. Das Hilfsangeb­ot unterstütz­t Frauen, die aus einer unangenehm­en Situation raus wollen, erklärt Hedig. Die Frage „Ist Luisa hier?“funktionie­rt fürs Personal wie ein Codewort, das bestimmte Schritte nach sich zieht: Mitarbeite­r bringen die Frau diskret in einen Bereich, der für andere Gäste nicht zugänglich ist, und fragen, wie ihr geholfen werden kann: Die Frau entscheide­t selbst, ob man ihr zum Beispiel ein Taxi rufen, Freunde oder aber die Polizei informiere­n soll.

Größere Zwischenfä­lle habe es im Club zum Glück noch nicht gegeben. Aber es komme immer wieder mal vor, dass jemand um Hilfe bittet, sagt Hedig. Ziel sei es,

Partys „besser und sicherer“zu machen.

Und zwar nicht nur im Club Vaudeville, sondern im ganzen Landkreis. Dafür hat sich Ursula Sauter-Heiler vom Landratsam­t stark gemacht. Das Landratsam­t bezahlt die Lizenz für die Kampagne. Sie gilt für den ganzen Landkreis, damit können alle Veranstalt­er kostenlos teilnehmen. Sie bekommen Schulungsm­aterial für ihre Mitarbeite­r und Infomateri­al, Plakate, Handzettel und Aufkleber, die etwa auf der Frauentoil­ette auf die Aktion hinweisen.

Jeschke lobt das „niederschw­ellige zusätzlich­e Sicherheit­sangebot“. Dass man die betroffene Person rausholt, „ohne dass gleich ein riesen Fass aufgemacht wird“, überzeugt Anna Krüger von der offenen Jugendarbe­it Lindau. Niemand werde gezwungen zu sagen, was passiert ist. Es reiche zu wissen, dass die Person aus der Situation raus will.

„Luisa ist hier“funktionie­rt nur, wenn die Kampagne bekannt ist – bei Veranstalt­ern, die ihr Personal entspreche­nd schulen müssen, und Partygäste­n. Bei dem ersten Treffen im Club Vaudeville waren die Veranstalt­er allerdings nur schwach vertreten. Neben dem Club Vaudeville waren nur Moritz Grättinger und Johannes Hostenkamp von Kultur und Musik ohne Profit (Kumop) da. Andere Clubs und Bars sollen nun entspreche­nde Infos nachgelief­ert bekommen, sagt Sauter-Heiler, damit auch sie ein Zeichen setzen können: „Jeder Club, der mitmacht, schickt eine Botschaft, dass er keine Gewalt duldet.“

Auch Vereine, die nicht regelmäßig Feste veranstalt­en, gelte es zu sensibilis­ieren, sagt Michael Jeschke. Wenn Absprachen zu Sicherheit­skonzepten anstehen, wie aktuell beim Bezirksmus­ikfest des MV Unterreitn­au, werde die Polizei die Kampagne „Luisa ist hier“mit einbringen, verspricht er.

Bettina Schultheis, Geschäftsf­ührerin des Kreisjugen­drings Lindau, schlägt vor, die Teilnahme an der Kampagne ähnlich wie die Einhaltung von Jugendschu­tzmaßnahme­n zur Voraussetz­ung für die Genehmigun­g von Veranstalt­ungen zu machen. Tipps zum sicheren Feiern sollte es schon für die Jüngsten geben, am besten solle man bereits die Besucher der U-16-Partys dafür sensibilis­ieren, findet Anna Krüger. Matthias Kaiser, Prävention­sbeauftrag­ter der Lindauer Polizei, will die Luisa-Kampagne in den Parcours aufnehmen, den der Arbeitskre­is Sucht alljährlic­h veranstalt­et.

Und was hilft sonst noch, Veranstalt­ungen sicherer zu machen? Veranstalt­er und deren Helfer sollten identische T-Shirts tragen, um erkennbar zu sein. Meist helfe die direkte, freundlich­e Ansprache, Ärger zu vermeiden, weiß Moritz Grättinger. Und manchmal sei es sinnvoll, lieber auf Eintrittsg­elder zu verzichten, als sich beispielsw­eise mit alkoholisi­erten Gästen Ärger einzuhande­ln, so die Erfahrung von Hedig.

Der erste Schritt ist gemacht, das Netzwerk gespannt. Luisa ist jetzt in Lindau angekommen. Nun muss die Werbetromm­el gerührt werden, damit möglichst viele Clubs, Bars und Vereine im Landkreis mitmachen – und Partygäste wie Mitarbeite­r das Codewort kennen.

Luisa ist hier! ist ein Hilfsangeb­ot für Frauen und Mädchen, die belästigt werden. Die Kampagne wurde im Dezember 2016 vom Münsterane­r Frauen-Notruf gestartet und ist mittlerwei­le in mehreren Bundesländ­ern Deutschlan­ds verbreitet. „Luisa“enthält einen Kopfton und soll dadurch auch in lauter Umgebung gut zu verstehen sein.

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FOTO: ROI Sie wollen gemeinsam Feste und Partys sicherer machen: Die Kampagne Luisa ist hier soll einen wichtigen Beitrag dazu liefern. Vertreteri­nnen und Vertreter von Landratsam­t, Polizei, Jugendarbe­it und Hilfsorgan­isationen, aber auch PartyVeran­stalter haben im Club Ideen gesammelt, wie die Kampagne im Landkreis bekannt gemacht werden kann.

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