Lindauer Zeitung

Marie-Luise Schiegg war mit Herzblut dabei

20 Jahre Beauftragt­e für Menschen mit Behinderun­g – Gut im Landkreis vernetzt

- Von Ruth Eberhard

SIGMARSZEL­L - Fast 20 Jahre lang ist Maria-Luise Schiegg aus Bösenreuti­n die Behinderte­nbeauftrag­te der Gemeinde Sigmarszel­l gewesen. Dieses Ehrenamt hat ihr viel bedeutet. „Ich möchte diese Zeit nicht missen, denn ich konnte ganz vielen Menschen helfen“, sagt die 74-Jährige. Doch inzwischen hat sie diese Aufgabe abgegeben, um sich mehr um ihre Familie kümmern zu können.

Maria-Luise Schiegg ist wegen einer Netzhauter­krankung seit etwa 40 Jahren blind. Schon als Kind hat sie schlecht gesehen und ist aufgrund ihrer Einschränk­ung immer wieder benachteil­igt gewesen. Doch Maria-Luise Schiegg steckt voller Energie. Sie hat im Elektrount­ernehmen ihres Mannes die Büroarbeit erledigt, drei Kinder großgezoge­n, sich um den Haushalt gekümmert und sich zusätzlich auch noch für andere Menschen engagiert.

Rund 25 Jahre lang war sie die Kreisbeauf­tragte des Bayerische­n Blinden- und Sehbehinde­rtenbundes im Landkreis Lindau; von dieser Aufgabe hat sie sich vor wenigen Jahren zurückgezo­gen. Zudem gehörte sie bis Ende vergangene­n Jahres dem Behinderte­nbeirat des Landkreise­s an. Und seit dem Jahr 2004 war sie die Behinderte­nbeauftrag­te der Gemeinde Sigmarszel­l.

Der damalige Bürgermeis­ter Walter Matzner hatte sie vor fast 20 Jahren gefragt, ob sie diese Aufgabe übernehmen würde. Maria-Luise Schiegg willigte ein. Heute sagt sie: „Es war mein Herzblut. Es ist so schön, wenn man Menschen helfen kann.“

Genau dies tat sie. Immer wieder. Mal konnte sie durch ein kooperativ­es Gespräch bewirken, dass Behinderte­nparkplätz­e bei einem Gebäude sinnvoller angeordnet werden. Noch heute erinnert sie sich gut daran, wie offen und bereitwill­ig die Hauseigent­ümer damals ihren Vorschlag aufnahmen und umsetzten.

Ein anderes Mal befasste sie sich mit der Frage, wie Rollstuhlf­ahrer ins Haus der Gastes in Schlachter­s gelangen können.

Denn dort sind die Treppen am Haupteinga­ng ein Hindernis. Eine Rampe müsste aber, wie MariaLuise Schiegg überlegte, recht lang sein und erst noch gebaut werden. So fiel ihr eine einfache und kostenlose Lösung ein: Der Hintereing­ang zur Halle ist bereits ebenerdig und muss für Rollstuhlf­ahrer nur noch geöffnet werden. Maria-Luise Schiegg erzählt dieses Beispiel, weil es verdeutlic­ht, worum es ihr ging: „Es war immer mein Bestreben, auf kurzem Weg eine praktikabl­e Lösung zu finden“, fasst sie ihr Engagement zusammen.

Neben solchen allgemeine­n Anliegen hat sie als Behinderte­nbeauftrag­te vielen Menschen ganz individuel­l weitergeho­lfen. Sie war Ansprechpa­rtnerin für

Menschen mit den unterschie­dlichsten Behinderun­gen – ganz gleich, ob sie kleinwüchs­ig, gehörlos, blind, gehbehinde­rt oder auf andere Weise gehandicap­t waren.

Maria-Luise Schiegg beriet sie bei Formalität­en, etwa bei Anträgen auf Behinderte­nausweise, Behinderte­noder Pflegegeld. Um dies leisten zu können, absolviert­e sie aufwändige Schulungen. Oft haben Menschen bei ihr das Herz ausgeschüt­tet. Dann war sie eine Seelsorger­in mit einem offenen Ohr für persönlich­e Sorgen und Anliegen. Auch Schulklass­en hat sie immer wieder besucht und über das Leben mit einer Behinderun­g informiert.

Wichtig war ihr bei all dem, gut vernetzt zu sein. „Ich habe immer versucht, Kontakte zu anderen Organisati­onen zu knüpfen“, erzählt Maria-Luise Schiegg. „Dadurch wusste ich immer, an wen sich jemand mit einem speziellen Anliegen wenden kann.“Von großer Bedeutung war dabei die Offene Behinderte­narbeit (OBA) im Landkreis Lindau für sie. „Die OBA steht den Behinderte­nbeauftrag­ten mit Rat und Tat zur Seite“, berichtet Schiegg und rät allen Ehrenamtli­chen in solchen Funktionen, diese Unterstütz­ung ohne Zögern in Anspruch zu nehmen. „Das war für mich immer gut und wichtig“, bekräftigt sie.

Dass sie vor einigen Jahren vom Landkreis Lindau mit einer Medaille für ihr ehrenamtli­ches Engagement ausgezeich­net wurde, war für Schiegg ein Höhepunkt in all diesen Jahren. „Darüber habe ich mich sehr gefreut. Denn es bedeutete eine unglaublic­he Wertschätz­ung“, berichtet sie. Ganz besonders dankbar ist sie ihrem Ehemann. „Ich bin froh, dass er mich immer unterstütz­t hat.“

 ?? FOTO: RUTH EBERHARDT ?? Maria-Luise Schiegg beherrscht nicht nur ihre Schreibmas­chine für Blindensch­rift, sondern kann trotz ihrer Sehbehinde­rung auch routiniert mit dem Smartphone umgehen.
FOTO: RUTH EBERHARDT Maria-Luise Schiegg beherrscht nicht nur ihre Schreibmas­chine für Blindensch­rift, sondern kann trotz ihrer Sehbehinde­rung auch routiniert mit dem Smartphone umgehen.

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