Kombüse, Kolibris und Kokosnüsse
16-jähriger RNG-Schüler aus Wangen zurück von einem ungewöhnlichen Segeltörn – Was er erlebt hat
WANGEN - „Hier ist viel zu wenig Blau“, sagt Felix Ringena bei seiner Rückkehr nach Wangen. Er drückte damit sein Fernweh aus, das ihn gleich nach seinem halbjährigen Segeltörn wieder erfasste. Der 16-jährige Schüler des Rupert-Neß-Gymnasiums hatte am Projekt „Klassenzimmer unter Segeln“teilgenommen und war gemeinsam mit rund 30 weiteren Jugendlichen auf dem Dreimaster „Thor Heyerdahl“einmal in die Karibik und zurück gesegelt. Wieder zuhause, fehlt ihm bereits die eingeschworene Gemeinschaft mit den anderen und das weite blaue Meer.
„Es war ein cooles halbes Jahr“, sagt der 16-Jährige rückblickend. Beeindruckt hat ihn vor allem der soziale Zusammenhalt und die große Verantwortung, die die Jugendlichen immer wieder übertragen bekamen. „Wir sind zu einer zweiten Familie geworden und haben immer an einem Strang gezogen.“Wenn eine oder einer seekrank war, sprang ein anderer bei dessen Aufgaben ein.
Land-Expeditionen auf Grenada, im Dschungel von Panama oder auf den Azoren planten die Jugendlichen in Kleingruppen gemeinsam und erledigten auch andere Aufgaben jeweils im Team. „Zum Beispiel haben wir zeitweise das Schiff ausschließlich astronomisch gesteuert. Wir mussten die Azoren finden“, erzählt Felix begeistert. Das heißt, die Jugendlichen durften nur den Sextanten (optisches Messinstrument) nutzen. Auch in den Ärmelkanal durften sie selbst hinein navigieren.
Schule hatten die 30 Jugendlichen an Bord natürlich ebenfalls: „Ab Teneriffa hatten wir gruppenweise jeden zweiten Tag Unterricht.“Die anderen Tage waren für Arbeiten auf dem Schiff reserviert: Wache halten, Segel setzen und einholen, sauber machen, Essen kochen und vieles mehr. „Wenn wir morgens Wache hatten, dann ging es um 5 Uhr los bis 8 Uhr 30. Ich bin dann immer um 4 Uhr 30 aufgestanden.“Danach hieß es klar Schiff machen, also aufräumen und putzen – und Frühstück fassen. Nur sonntags gab es mal Pfannkuchen, Eier und Speck und Nutella, ansonsten meistens Müsli.
Deutsch, Mathe, Englisch, Spanisch, Geschichte, Geo-Physik, Bio und Chemie standen regelmäßig auf dem Stundenplan. Fasziniert hat den jungen Wangener aber vor allem die Vielfalt dessen, was die Schüler unterwegs kennenlernten. So sahen sie etwa Bäume, die sich mit der Sonne mitbewegten, tranken das kühle
Nass der Wasserlianen und erfuhren, dass Pf lanzen auch messerscharf sein können – und haben sich mit ihnen ein paar Haare wegrasiert. Sie segelten mit Einheimischen
im Einbaum, aßen Unmengen exotischer Früchte und sahen viele Tiere, die es bei uns allenfalls im Zoo gibt – wie Kolibris, Vogelspinnen, Faultiere, Wale und Delfine. In Panama-City wiederum bestaunten sie die Wolkenkratzer und den bedeutenden Panama-Kanal.
Auf Kuba erlebten sie, was es bedeutet, sich nicht frei bewegen zu können. In eine Schule dort brachten die Jugendlichen im Rahmen eines Spendenprojekts 34 Fahrräder aus Deutschland. „Die Polizei kontrollierte alles, was wir mitbrachten“, erzählt Felix. Die Schüler aus Deutschland radelten die Strecke vom Hafen bis zur „Friedrich-Engels-Schule“– doch dies ausschließlich unter behördlicher Aufsicht. „Überall in der Schule hingen Bilder von Fidel Castro und Che Guevara. Auch die Schülerinnen und Schüler waren 100-prozentig überzeugt von ihrem System“, erzählt Felix Ringena. „Am tollsten dort waren die Musik und das Tanzen. Das haben alle Kubaner im Blut und wir durften es voll miterleben.“
Wenn man Felix Ringena fragt, was neu und anders für ihn war, grinst er und sagt: „So früh aufstehen, putzen und von alleine ins Bett gehen.“Seiner Erinnerung zufolge gab es während der ganzen Zeit keinen größeren Streit mit den anderen. Und: „Ja, es gab auch Sturm. Da mussten wir uns an Bord anbinden. Die Wellen stürzten regelrecht über uns drüber.“Da gab es am Abend nur ein Vesper, denn an Kochen war auf dem schwankenden Boden in der Kombüse nicht zu denken.
Für Felix und seine 30 Freunde kein Problem. Eher Mama und Papa wurden etwas unruhig, als sie davon erfuhren.
Doch insgesamt sehen auch die Eltern vor allem das Positive dieser ungewöhnlichen Reise ihres ältesten Sohnes. „Er war da genau richtig“, sagt Katharina Ringena. „Ich habe bei jedem Anruf und jedem Brief gemerkt, dass es ihm gut geht.“Sohn Felix nickt: „Ich kann das nur jedem empfehlen.“
In den nahenden Pfingstferien plant er eine Deutschland-Tour zu seinen neugewonnenen Freunden. Da werden die noch frischen Erlebnisse der Weltreise sicher erneut aufleben.