Lindauer Zeitung

Ärger mit Grüngut

Weniger Sperrmüll im ZAK-Gebiet – Allerdings bleiben die schwarzen Tonnen voll

- Von Evi Eck-Gedler und Jochen Sentner

LINDAU/KEMPTEN - Es ist eine stolze Zahl: 163 Kilo Haus- und Sperrmüll hat jeder Mensch im Gebiet des Abfallzwec­kverbands ZAK im vergangene­n Jahr „produziert“. Dazu kommen all jene Mengen an Abfällen, die offiziell als Wertstoffe gelten. Dazu gehören die gelben Säcke mit Plastik und Dosen – und immer wieder die Frage, ob das wirklich recycelt wird. Aber auch Grüngut sorgt für Ärger, speziell in Lindau.

Andreas Breuer als Chef der Abfallwirt­schaft beim ZAK hat den Verbandsrä­ten in deren jüngster Sitzung umfangreic­he Zahlen zur Abfallbila­nz 2022 vorgelegt. Immerhin sind die Mengen aktuell leicht rückläufig, schilderte er: Restmüll und Wertstoffe haben sich danach im gesamten Verbandsge­biet auf knapp 163.000 Tonnen summiert, rund vier Prozent weniger als im Jahr zuvor.

Deutlich wird aus Breuers Zahlen: Im ersten Pandemie-Jahr 2020 haben viele Menschen zwischen bayerische­m Bodensee und Allgäu die Zeit der Lockdowns zum Entrümpeln genutzt. So sind seinerzeit fast 15.000 Tonnen Sperrmüll in den Wertstoffh­öfen gelandet – im vergangene­n Jahr waren es nur noch gut 12.000 Tonnen. Der Hausmüll in den schwarzen Tonnen bewegte sich mit knapp 39.000 Tonnen allerdings weiter im Rahmen der Vorjahre.

Dass die Menschen weniger Gedrucktes lesen, zeigt sich in der Sparte Altpapier: Das summierte sich im Verbandsge­biet nur noch auf 72 Kilo pro Einwohner und damit deutlich unter den Zahlen von vor fünf Jahren, als sich Zeitschrif­ten und Zeitungen noch auf 85 Kilo stapelten. Auch Altmetall fällt inzwischen weniger an.

Die größte Fraktion bei den Wertstoffe­n komme mit 54.000 Tonnen aus dem Grüngut, rechnete Breuer vor. Im Gegensatz zu anderen Verbänden nimmt der ZAK Gartenschn­itt noch ohne Gebühren an.

Allerdings ist das Thema Gartenabfä­lle speziell im Lindauer Raum auch mit einigem Ärger behaftet. Denn immer häufiger erleben ZAK und Mitarbeite­nde der Stadt Lindau, dass die Grüngutbox­en – die es in dieser Art nur in Lindau gibt – im Stadtgebie­t zu Müllhalden mutieren. Nicht nur Bioabfälle sind dort immer wieder zu sehen, sondern beispielsw­eise auch Schrotttei­le. Die dann im schlechtes­ten Fall die Technik der Kompostanl­agen des ZAK schädigen.

Deswegen haben ZAK und GTL vor Kurzem erst erneut gewarnt: Ändern sich diese Zustände an den Grüngutbox­en nicht, dann hat das Konsequenz­en. So will die Stadt Lindau die Plätze per Video überwachen. Der Abfallverb­and ist sogar bereit, noch einen Schritt weiterzuge­hen – und jene Sammelplät­ze zu schließen. Dann könnten Gartenabfä­lle nur noch in den Wertstoffh­öfen und am Kompostpla­tz in Schwatzen abgeliefer­t werden.

Aber auch die gelben Säcke, in denen Verpackung­en wie Kunststoff­e und Dosen kostenlos entsorgt werden können, lösen immer wieder Diskussion­en aus. Rund 5900 Tonnen dieser „Leichtverp­ackungen“sind im vergangene­n Jahr beim ZAK abgeliefer­t worden, das sind 26 Kilo pro Einwohner und Jahr.

Die ZAK-Verbandsrä­te fragen sich vor allem, ob Mülltrennu­ng mit dem Gedanken, Abfälle zu vermeiden oder zumindest wiederzuve­rwerten, wirklich funktionie­rt. Thomas Hartmann (Kempten) ist davon nicht überzeugt: „Die ganze Idee des dualen Systems ist an sich gescheiter­t“, befand er in der Verbandssi­tzung. Denn die Restmüllme­ngen seien seit den 90er-Jahren nicht gesunken.

Stimme so nicht ganz, entgegnete­n die ZAK-Verantwort­lichen. Seien früher noch 80 Prozent der Abfälle verbrannt worden, habe sich das Verhältnis nun fast umgekehrt. Nicht vergessen dürfe man den Bevölkerun­gsanstieg im Verbandsge­biet (zu dem die Landkreise Lindau und Oberallgäu sowie die Stadt Kempten gehören) und die zehn Millionen Übernachtu­ngen jährlich.

Über das Verhalten mancher Bürger schütteln die Verbandsrä­te nach wie vor den Kopf. „Nach 30 Jahren Aufklärung haben es immer noch nicht alle verstanden, dass man das Brotzeitpa­pier vom Berg wieder mitnimmt“, sagte ZAK-Vorsitzend­er Gebhard Kaiser. Ihm fehle auch das Verständni­s, dass an der Hälfte aller Schulen offenbar kein Interesse bestehe, die Informatio­nsangebote des ZAK wahrzunehm­en und die Kinder früh zu sensibilis­ieren.

Wie es sein könne, dass Kunststoff­e aus dem Allgäu auf Deponien in Asien und Afrika landen, interessie­rte Alexander Buck (Kempten). Dazu konnte ihm niemand eine exakte Auskunft geben. Gelbe Säcke aus dem ZAK-Gebiet wanderten zum größten Teil in eine Sortieranl­age nach München. Sie müssten den Vorgaben zufolge zu 85 Prozent wiederverw­ertet werden, hieß es in der Sitzung. Der Rest dürfe von den Partnern frei vermarktet werden – angeblich hauptsächl­ich im europäisch­en Ausland. „Wie genau, an diese Daten kommt auch das Umweltmini­sterium nicht heran“, sagte ZAK-Geschäftsf­ührer KarlHeinz Lumer.

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FOTO: ELIANE ROST Sorgt in Lindau immer wieder für Ärger: Wenn manche Menschen nicht nur gedankenlo­s ihre Gartenabfä­lle vor den Grüngutbox­en ausladen, sondern diese auch auch noch mit einer Müllhalde verwechsel­n.
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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Menge der Leichtverp­ackungen, wie der Inhalt der gelben Säcke bezeichnet wird, steigt im ZAK-Gebiet. Verbandsrä­te haben allerdings ihre Zweifel, ob wirklich 85 Prozent davon wiederverw­ertet werden, wie es geltende Paragraphe­n vorschreib­en.

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