Grüne wollen Abtreibung aus Strafgesetz streichen
11-Punkte-Papier sieht Neuregelungen auch beim Schwarzfahren und Containern vor
BERLIN (KNA) - Rechtspolitikerinnen und -politiker der Grünen fordern offenbar, den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Das gehe aus einem 11-Punkte-Papier zur Liberalisierung des Strafrechts hervor, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Sonntag). Die derzeitige Regelung sei schon mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht nicht mehr tragbar. Aktuell besagt Paragraf 218 im Strafgesetzbuch, dass Abtreibungen zwar rechtswidrig sind, aber unter bestimmten Bedingungen straffrei bleiben.
Zu den weiteren Forderungen zählt den Angaben zufolge, dass Schwarzfahren in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr unter Strafe gestellt werde, weil es faktisch Armut bestrafe. Aus den verhängten Geldstrafen würden oft Ersatzfreiheitsstrafen, weil sie überwiegend Menschen in finanzieller Not träfen, heiße es in dem Forderungskatalog. Auch das sogenannte Containern, also das Retten von weggeworfenen Lebensmitteln für den eigenen Bedarf, solle nicht mehr als Diebstahl gewertet werden und daher nicht mehr strafbar sein.
Außerdem wollten die Grünen-Politiker unter anderem, dass im Völkerstrafrecht die UNKonvention zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen vollständig umgesetzt wird. Darüber hinaus solle auch die Verfolgbarkeit von sexualisierter, reproduktiver und geschlechtsbezogener Gewalt verbessert werden. Verstöße gegen den Tierschutz sollten nach Ansicht der Rechtspolitikerinnen und -politiker härter bestraft werden, wenn diese bandenmäßig, bei einer gewerblichen Tätigkeit oder von Amtsträgern begangen werden.
Unterzeichnet ist das Papier laut RND unter anderem von der Bundestagsabgeordneten Renate
Künast und den grünen Landesjustizministerinnen und -ministern Katja Meier (Sachsen), Benjamin Limbach (Nordrhein-Westfalen) und Doreen Denstedt (Thüringen).
In der Ampel-Koalition gibt es schon länger Pläne, im Rahmen der „reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafrechts neu zu regeln. Dabei fordern etliche Akteure eine komplette Abschaffung des Paragrafen 218, der in den 1990er-Jahren nach jahrzehntelangem Ringen als Kompromiss verabschiedet worden war. Für das Projekt wurde eine Kommission eingesetzt, an der die Kirchen nicht beteiligt sind.
Derzeit ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen. Außerdem müssen zwischen Beratung und Abbruch mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Die katholische Kirche hält die Abschaffung von Paragraf 218 für den falschen Weg. Es sei nicht einsichtig, dass eine Streichung aus dem Strafgesetzbuch das verfassungsrechtlich garantierte Lebensrecht des ungeborenen Kindes in gleicher Weise oder besser schützen solle als die gegenwärtige Regelung, sagte etwa der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Andere Kirchenvertreter warnen davor, dass eine Streichung dazu führen könne, dass Abtreibungen bis kurz vor der Geburt des Kindes erlaubt werden und als normale Leistung des Gesundheitssystems gelten könnten.