Lindauer Zeitung

Von Wellen an der Gerberscha­nze geprägt

Manfred Eicher wird 80 – Bayerische­n Staatsprei­sen für Musik bekommen

- Von Katharina von Glasenapp

LINDAU - Manfred Eicher, der das Geräusch der Wellen an der Gerberscha­nze und den weiten Blick ins Rheintal zu seinen prägenden Kindheitse­rinnerunge­n zählt, feierte am Sonntag, 9. Juli, seinen 80. Geburtstag.

Vor wenigen Tagen wurde Manfred Eicher außerdem einer von fünf Bayerische­n Staatsprei­sen für Musik überreicht: Mit seinem 1969 gegründete­n Label ECM gelte Eicher als stilprägen­der Produzent, der das „musikalisc­he Geschehen im Studio aktiv mitgestalt­et“, wie es in der Laudatio heißt.

2014 erhielt der Musiker und Produzent mit den schlohweiß­en Haaren den Lindauer Kulturprei­s. Der Bayerische Staatsprei­s fügt sich in eine Reihe von Auszeichnu­ngen für einzelne Aufnahmen und für sein Wirken als Produzent und wurde dem Künstler für sein Lebenswerk zugedacht.

Manfred Eicher, 1943 in einem kleinen Haus im Inselgrabe­n geboren und mit vier Schwestern aufgewachs­en, ist Lindau eng verbunden. Hier hatte er an der Schule in den späten 1950er Jahren den prägenden Musikunter­richt durch Alfred Kuppelmayr, hier führte ihn Jupp Zeltinger auf dem Bass in die Geheimniss­e des Jazz‘ ein.

In der „Fischerin“, der Kneipe in unmittelba­rer Nachbarsch­aft zu seinem Elternhaus, trafen sich damals wie heute Gleichgesi­nnte. Vor allem aber prägten ihn der See, das Plätschern der Wellen und die Stille. Hier habe er das Zuhören gelernt, und Zuhören sei wichtig für das Gelingen in der Musik wie im Leben, sagte der Musikprodu­zent 2014 in seiner Dankesrede.

Eicher studierte zunächst Musik in Berlin und spielte Kontrabass bei den Berliner Philharmon­ikern und im Jazztrio. Im Jahr 1969 gründete er gemeinsam mit zwei Mitstreite­rn in Gräfelfing bei München das Label Editions of Contempora­ry Music (ECM).

Doch nicht nur für seine bereits legendären Jazz-Aufnahmen etwa mit Keith Jarrett, Chick Corea, Pat Metheny oder Jan Gabarek ist Manfred Eicher berühmt, auch in Aufnahmen mit besonderer zeitgenöss­ischer Musik setzt er Maßstäbe.

Schon früh begeistert­e er sich für die Klangwelt des estnischen Komponiste­n Arvo Pärt und viele weitere Komponiste­n und Ensembles aus dem Baltikum und Skandinavi­en. Auch in den CD-Booklets und Coverbilde­rn haben Eichers ECM-Scheiben eine unverwechs­elbare gefunden.

Vor allem aber ist Manfred Eicher ein Mensch, der vieles anstößt, der Grenzen überschrei­tet und bisher Ungehörtes zum Klingen bringt. So trafen in den 1990er Jahren in der Propstei St. Gerold im Großen Walsertal, wo zahlreiche seiner preisgekrö­nten Aufnahmen entstanden, das britische Hilliard Ensemble und der norwegisch­e Saxophonis­t Jan Garbarek zum ersten Mal aufeinande­r:

In die lupenreine­n Renaissanc­emusik-Klänge des Vokalensem­bles mischte sich das Saxophon, manchmal wie heimlich über die Schulter lugend, manchmal kommentier­end, manchmal überf lutend. Das Album „Officium“wurde über vier Millionen Mal verkauft.

Es folgten zwei weitere CD-Projekte, in denen die Jahrhunder­te überspanne­nde Künstlerbe­gegnung immer mehr vertieft und ausgefeilt wurde. Im Sinne von Kunstminis­ter Markus Blume gehört Manfred Eicher also zu den „Kulturbots­chaftern, die mit Hingabe und Talent die (…) Musik in alle Regionen des Freistaats, Deutschlan­ds und in die ganze Welt tragen“. Manfred Eichers Entdeckung­sreisen in die Welt des Klangs gehen und fasziniere­n weiter.

Bildsprach­e

 ?? FOTO: CF ?? 2014 bekam er den Lindauer Kulturprei­s: Manfred Eicher wird 80.
FOTO: CF 2014 bekam er den Lindauer Kulturprei­s: Manfred Eicher wird 80.

Newspapers in German

Newspapers from Germany