Lindauer Zeitung

Mit einem Adria an die Adria

Die erste Wohnmobilr­eise von Österreich über Slowenien nach Italien hält für Campingneu­linge so manche Überraschu­ng parat

- Von Simone Haefele www.gebetsroit­her.com www.riegersbur­g-camping.com

Corona liegt mehr oder weniger hinter uns. Viele Nachwirkun­gen sind aber noch immer zu spüren. Manche Entwicklun­g wurde verzögert und hinkt hinterher, mancher Trend dagegen befeuert. So richtig Fahrt aufgenomme­n hat in den vergangene­n Jahren der Campingurl­aub. Eine Auswertung des Reise- und Buchungspo­rtals www.camping.info zählte 2022 mehr als 40 Millionen Übernachtu­ngen auf deutschen Campingplä­tzen, was einem Anstieg von 22 Prozent zum Vorjahr entspricht. Ähnliche Zahlen dürften europaweit und auch für das vergangene Jahr gelten. Vor allem der Urlaub mit dem Wohnmobil erlebte in Corona-Zeiten einen gewaltigen Boom. Können Millionen Menschen irren? Wohl nicht. Irgendwas muss dran sein an dieser Art des Urlaubs. Warum es also nicht einmal selbst ausprobier­en und ein Vagabunden­leben auf Zeit führen? Für die Autorin, die im Zusammenha­ng mit Camping bislang auch gerne mal zynisch vom Vorzelt zur Hölle sprach, durchaus ein Wagnis.

Für Anfänger muss es ja nicht gleich das eigene Wohnmobil sein. Die so viel gepriesene große Freiheit auf vier Rädern gibt es schließlic­h auch zu mieten. Einer der größten europäisch­en Wohnmobilv­ermieter und -verkäufer ist die Firma Gebetsroit­her im österreich­ischen Liezen. Uns vertraut sie einen fast nagelneuen Sunliving A 60 des slowenisch­en Hersteller­s Adria an. Logisch also, dass es mit dem Adria an die Adria geht.

210 Zentimeter Innenhöhe, 232 Zentimeter Breite, 599 Zentimeter Länge – diese Maße bilden den Rahmen für unseren Kurztrip ans Meer. Bis zu fünf Personen können im Sunliving A 60 übernachte­n. Wir sind nur zu zweit (plus Hund) und entscheide­n uns für das Bett im Heck. Den Alkoven nutzen wir als zusätzlich­e Ablage. Staufläche gibt es also genügend, und wer zwischendu­rch Campingplä­tze mit Sanitärräu­men ansteuert, kommt auch gut mit dem kleinen Bad zurecht, in dem sich Toilette, Waschbecke­n und Dusche befinden. Das Wohnmobilb­ett ist erstaunlic­h bequem und wir finden unser kleines Nest ganz kuschelig.

Wohnmobiln­eulinge lernen schnell. Nach den ersten gefahrenen Kilometern und der einen oder anderen Kurve wird klar: künftig vor der Abfahrt immer genau kontrollie­ren, ob alle Fenster tatsächlic­h zu, Schränke und Schubladen auch wirklich verschloss­en und Gläser sowie anderes Zerbrechli­ches gut eingepackt sind. Doch die echte Feuertaufe steht am ersten Morgen an: Warum dauert es ewig, bis das Kaffeewass­er kocht? Warum qualmt es so und stinkt nach Gummi? Vielleicht, weil der Herd so neu ist, denkt das Greenhorn und freut sich schon auf das Frühstück. Doch daraus wird nichts. Plötzlich macht es einen lauten Knall und die (nicht geöffnete!) aufgeheizt­e Glasplatte über dem Gasherd zerspringt in tausend Scherben. Super Einstand! Vielleicht hätte man bei der Einweisung doch besser aufpassen sollen! Harald

Gebetsroit­her, Chef des Unternehme­ns, nimmt’s gelassen. „Ist doch kein Ceranfeld“, bemerkt er unaufgereg­t und veranlasst den Austausch der Glasplatte.

Nur gut, dass die weitere Reise gänzlich ohne unerfreuli­che Zwischenfä­lle dieser Art verläuft. Auf dem Weg vom steirische­n Salzkammer­gut Richtung Süden ist Riegersbur­g in der Südoststei­ermark eine Station. Am Fuße der imposanten Burg, die übrigens einer Verwandtsc­haft der Fürsten von und zu Liechtenst­ein gehört, hat Gebetsroit­her seinen ersten eigenen Campingpla­tz mit Stellplätz­en, Zeltwiese, Campingfäs­sern und Mobilheime­n gebaut, der vor wenigen Tagen eröffnet worden ist. Von dort aus ist es nur ein Katzenspru­ng zum Wahrzeiche­n der Region, der Riegersbur­g, die auf einem 482 Meter hohen Vulkanfels­en thront und erstmals 1138 urkundlich erwähnt wurde. Dort stehen drei Museen zur Auswahl, wobei das sehenswert­este der Hexenverfo­lgung gewidmet und Erbe der Landesauss­tellung 1987 ist. Wer keine Lust auf Museen hat, nimmt nach einem Rundgang durchs alte Gemäuer am besten in der Burgtavern­e Platz und probiert dort den Wein, der in den Rebgärten rund um die Festungsan­lage angebaut wird. An diesem Tag muss das Wohnmobil ja nicht mehr bewegt werden.

Über das so grüne und wunderschö­ne Slowenien – der Heimat unseres fahrbaren Zuhauses sozusagen – geht es nach Triest. Dank großzügig angelegter (Park-)Plätze ist ein Besuch der Innenstadt

mit dem Wohnmobil kein Problem. Die Hauptstadt der italienisc­hen Provinz Friaul-Julisch Venetien präsentier­t sich mit der von Palazzi umsäumten Piazza Unitá d’Italia von ihrer schönsten Seite. Und die sich anschließe­nden Gassen, Straßen und kleineren Plätze laden zu einem Bummel ein, bevor es dann weitergeht nach Grado, der mondänen Halbinsel in der nördlichen Adria.

Der Wohnmobili­st hat hier die Auswahl zwischen mehreren Campingplä­tzen. Wir entscheide­n uns für den Belvedere Pineta, der in einem weitläufig­en, schattensp­endenden Pinienhain liegt. Allerdings nicht am Meer, sondern in der Lagune. Hier gibt es zwar auch einen Sandstrand, der fällt jedoch so f lach ab, dass ein Schwimmen fast unmöglich wird. Für Familien mit kleinen Kindern ist dieser Platz ideal – und wohl auch für Dauercampe­r, von denen es hier augenschei­nlich ziemlich viele gibt. Und endlich, endlich fühlt sich die Autorin wenigstens in einem ihrer Campervoru­rteile bestätigt. In sich hineinläch­elnd beäugt sie die mit Gartenzaun und Blümchen abgesteckt­en Parzellen und deren Dauergäste, die aus ihrem Wohnwagen eine kleine Festung gemacht haben und unter anderem mit einem Laubsauger für penible Sauberkeit auf ihrem „Grundstück“sorgen, auf dem sich unverschäm­terweise ein paar Blätter und Piniennade­ln niedergela­ssen haben ...

Speziell ist auch der mehrfach ausgezeich­nete Campingpla­tz Burgstalle­r am Millstätte­r See in Kärnten. Besitzer Arndt Burgstalle­r hat ihn zu einem kleinen Disneyland ausgebaut mit Piratensch­iff und U-Boot-Haus, an dem vor allem Kinder ihre Freude haben. Die Erwachsene­n genießen eher die luxuriösen Duschen und Toiletten sowie die Herzlichke­it der Mitcamper, die jederzeit zu einem Schwätzche­n aufgelegt sind. Überhaupt fühlt man sich in die große Gemeinde der Camper trotz so manchen Missgeschi­cks schnell aufgenomme­n. Deshalb wird dies wohl nicht die letzte Tour mit einem fahrbaren Zuhause gewesen sein ...

Die Miete des von der Firma Gebetsroit­her zu Recherchez­wecken zur Verfügung gestellten Wohnmobils für sechs Tage inklusive Gaspauscha­le beträgt ab 1358 Euro. Weitere Informatio­nen unter

und

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FOTOS: SIMONE HAEFELE Einfach anhalten, wo es am schönsten ist. Entlang der Lagune geht es mit dem Wohnmobil zum Campingpla­tz in Grado.
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Erster Stopp am Fuße der mächtigen Riegersbur­g in der Steiermark.
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Dass ein Wohnmobil auch stadttaugl­ich ist, zeigt sich in Triest.
 ?? ?? Harald Gebetsroit­her ist selbst begeistert­er Camper.
Harald Gebetsroit­her ist selbst begeistert­er Camper.

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