Lindauer Zeitung

Hühnerscha­r bringt Leben in den Garten

Für Familie Kühn aus Immenstaad sind ihre gackernden fünf Hennen mehr als nur Eierliefer­anten

- Von Kerstin Schwier

IMMENSTAAD - Familie Kühn aus Immenstaad ist im wahrsten Wortsinn aufs Huhn gekommen. Ihre gefiederte­n Freundinne­n heißen Marlis, Ida, Fips, Frieda und Ellie – und sie versorgen die Familie nicht nur mit Frühstücks­eiern, sondern bringen auch ordentlich Leben in den Garten.

Marlis ist die Chefin im Ring. Während das weißgefied­erte Zwerghuhn scheinbar ganz gelassen Reis und weichgekoc­hte Möhrchen aus dem Schälchen pickt, hat sie ihre Nachbarin Ida stets im Blick. Und zack – mit einem leisen Fauchen hackt sie kurz in Richtung ihrer Artgenossi­n. Ida weicht mit einem kleinen Satz zurück und schon ist die Rangfolge wiederherg­estellt.

„Marlis ist unsere Seniorin, unsere alte Dame. Sie gibt den Ton an. Sie ist die Ranghöchst­e in der Gruppe, Ida die Rangniedri­gste“, erklärt Stefanie Kühn, die „Hühnertant­e“, wie sie sich selbst bezeichnet.

Neben Ida und Marlis lassen sich auch noch Fips und Frieda den Wind durch die Federn wehen an diesem stürmische­n Frühlingst­ag. Ellie, die fünfte im Bunde, hat sich in den geräumigen Stall zurückgezo­gen, um in Ruhe ein Ei zu legen. Knapp eine Stunde später wird sie den Erfolg ihrer Mission lautstark ihren Kolleginne­n verkünden. „Das gibt immer ein lautes Gegacker. Sie muss ihrer Herde bekannt geben: Ich war produktiv“, weiß Stefanie Kühn.

Gemeinsam mit ihrer Tochter Jule hat sie vor drei Jahren fünf Hühner angeschaff­t. Von der ursprüngli­chen Besetzung sind nur noch Marlis und Fips dabei. Die anderen drei Hühner kamen im vergangene­n Herbst dazu und werden bald ein Jahr alt. „Wir haben uns bewusst für die Rasse der Zwerg-Wyandotten entschiede­n, weil sie besonders hübsch sind und so viele Farbschläg­e haben. Wir wollten sie auf den ersten Blick unterschei­den können“, erzählt die Hühnerexpe­rtin.

Aufs Huhn gekommen ist sie vor einiger Zeit durch ihre Liebe zu Vögeln. Sie wollte gern ein Tier, das nicht mit im Haus wohnen muss, aber mit „dem man dennoch interagier­en kann“, wie sie berichtet. Tochter Jule war damals gerade ein großer Fan der Filmreihe „Die wilden Hühner“. Also fiel die Wahl schnell auf das Federvieh.

Allerdings galt es zuvor noch, interne Widerständ­e innerhalb der Familie zu überwinden. Die Begeisteru­ng für eine baldige Hühnerhalt­ung im heimischen Garten hielt sich beim männlichen Teil der Familie in überschaub­aren Grenzen. Doch dank Beharrlich­keit und Jules Überredung­skünsten konnten der Vater und die beiden älteren Brüder schließlic­h überzeugt werden.

Ihr Mann habe anfangs immer gelästert, dass die Hühner so wenig Eier legen, erzählt Stefanie Kühn lachend. Dies sei auch tatsächlic­h im Winter der Fall. Doch jetzt im Frühling, passend zur Osterzeit, produziere­n die gefiederte­n Damen täglich meist drei Eier.

Anhand von deren Muster und Färbung können Stefanie und Jule Kühn das Ei dem jeweiligen Huhn zuordnen. So sind etwa Marlis’ Eier weiß, die von Ida dagegen braun und die von Fips sind leicht gesprenkel­t. Aber Stefanie

Kühn hat sich ihre fünf Hühnerdame­n nicht bloß als Eierliefer­anten angeschaff­t. Die Eier seien ein „schöner Nebeneffek­t, ein Geschenk“.

Vielmehr wollte sie mit den Vögeln ihren Garten beleben. Sie genießt es, mit einer Tasse Kaffee auf der Terrasse sitzend ihren Hühnern zuzuschaue­n. Wenn diese in Ruhe ihr Futter picken oder den kleinen Hügel hochlaufen und dort auf die beiden Stühle f lattern, um die Umgebung zu inspiziere­n. „Sie haben gern den Überblick. Sie sind sehr neugierig und an allem interessie­rt“, erklärt die „Hühnermutt­er“.

Der Hausbau auf dem Nachbargru­ndstück etwa sei extrem spannend für die Hühner gewesen. Obwohl sie von der erhöhten

Position auf der Stuhllehne leicht den Zaun überwinden könnten, würden sie nicht ausbüxen, berichtet Stefanie Kühn. Falls doch mal eins auf Abwege gerate, so komme es gleich wieder zurück: „Sie wissen, wo ihr Zuhause ist.“

Dank der engen Bebauung in dem Wohngebiet und des kleinen Baumes in dem Gehege droht den fünf Hühnern wenig Gefahr aus der Luft. Zudem vertreiben die Raben in der Gegend die Greifvögel. Vor nächtliche­n Marderatta­cken schützt der große Holzstall, in den die Hühner bei Sonnenunte­rgang selbststän­dig hineingehe­n. Dank eines Tageslicht­sensors öffnet sich die Schiebetür an dem Stall bei Sonnenaufg­ang automatisc­h. So müssen Stefanie oder Jule Kühn nicht mehr beim ersten Sonnenstra­hl nach draußen, um die Tür zu öffnen.

Überhaupt erfordert die Pf lege der Vögel wenig Zeit. Fünf bis zehn Minuten am Tag reichen, um Futter und Wasser hinzustell­en sowie den Kot einzusamme­ln. Nach drei Jahren Hühnerhalt­ung sind mittlerwei­le auch die Männer im Hause Kühn überzeugt und übernehmen auch mal die Versorgung, falls Mutter und Tochter nicht da sind. „Hauptkümme­rin“bleibt jedoch die Mutter.

Auch wenn die Hühner sehr zutraulich sind, sogar aus der Hand fressen, sind es keine Kuscheltie­re wie Hund oder Katze. Für Stefanie Kühn sind sie auch keine Familienmi­tglieder: „Sie gehören dazu. Sie sind gute Freunde, aber es bleiben Tiere.“Freunde allerdings, die keiner in der Familie Kühn mehr missen möchte.

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FOTOS: KERSTIN SCHWIER Die Hühner fressen Jule (links) und Stefanie Kühn aus der Hand.
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Die Zwerg-Wyandotten (Zwerghühne­r) der Familie Kühn haben alle unterschie­dliche Farben, damit sie gut auseinande­rgehalten werden können.

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