Lindauer Zeitung

Ventil für die Nichtnomin­ierten

Vom Bundestrai­ner verschmäht­e Kicker aus Dortmund und München wollen sich zeigen

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Wie wohl der Empfang von Niclas Füllkrug nach den Länderspie­len in der Kabine und auf dem Trainingsp­latz der Dortmunder ausgefalle­n ist? Der Mittelstür­mer war der Einzige von Bundestrai­ner Julian Nagelsmann nominierte BVB-Profi und erzielte den 2:1-Siegtreffe­r für die Nationalel­f gegen die Niederland­e. Schön und gut – doch zuvor hatte er sich einen Spaß erlaubt über die Absenz der sonst großen Dortmunder Fraktion beim DFB.

Deniz Undav, einer von vier berufenen Stuttgarte­r Profis, die alle zum Einsatz kamen, hatte launig berichtet, dass in der VfB-Kabine gefrotzelt wurde: „Mit NichtNatio­nalspieler­n sprechen wir gar nicht mehr.“Füllkrug fügte hinzu: „Das käme in der BVB-Kabine gerade nicht so gut an.“Undav und die Journalist­en lachten herzhaft. Und in Dortmund?

Am Ostersamst­ag zur TopspielZe­it (18.30 Uhr, Sky) treffen der FC Bayern München und Borussia Dortmund zum 135. Mal in einem Pflichtspi­el aufeinande­r, der Klassiker des deutschen Fußballs ist trotz der ungewöhnli­chen Tabellenko­nstellatio­n (Zweiter gegen Vierter, erstmals seit 14 Jahren thront ein Team vor dem direkten Duell in der Rückrunde nicht an der Tabellensp­itze) immer „ein emotionale­s, aufgeladen­es und wichtiges Spiel mit großer Rivalität und Historie“. Sagte Thomas Tuchel, von 2015 bis 2017 Cheftraine­r beim BVB, mit mehr Tiefen als Höhen und seit etwas mehr als einem Jahr beim FC Bayern, ebenfalls mit mehr Tiefen als Höhen, weshalb sein Vertrag um ein Jahr verkürzt wurde bis zum Saisonende.

Wenn sich Tuchel, der auf den verletzten Torhüter und Kapitän Manuel Neuer (Muskelfase­rriss) verzichten muss, und Dortmunds Chefcoach Edin Terzic, der um den Einsatz seiner Nummer 1 Gregor Kobel (Magen-Darm-Infekt) bangt, wieder begegnen, wird es eine ihrer Aufgaben sein, bestimmte Spieler zu bremsen. Womit man wieder bei Undav & Füllkrug wäre, schließlic­h geht es um die vom höchsten Trainer im Staate vernachläs­sigten Profis, die auf dem Platz zu Wutbürgern werden könnten, hier die WutBayern, dort die Wut-Borussen. Leon Goretzka etwa hat allen Grund mit einer Prise Extra-Motivation in den Klassiker zu gehen, um sich und überhaupt allen zu beweisen, dass Nagelsmann einen Fehler macht, wenn er weiter auf dessen Mittelfeld-Qualitäten als Sechser oder Achter verzichtet. Natürlich tauschte er sich mit Tuchel darüber aus. „Die Trainingsg­ruppe unter der Woche war klein, deswegen ist der Kontakt noch enger“, berichtete der Bayern-Trainer, „wenn man es nicht gewusst hätte, hätte man es ihm nicht angemerkt.“Am Samstag kann Goretzka alles rauslassen. Jungstar Aleksandar Pavlovic, ursprüngli­ch anstelle von Goretzka nominiert, fällt nach einer Mandelentz­ündung aus. Auch Außenstürm­er Serge Gnabry möchte mit zur HeimEM, der Zug scheint abgefahren. Undav und VfB-Kollege Chris Führich haben ihn überholt. Und da ist Leroy Sané, der sein letztes Tor im Oktober erzielte, sich zuletzt mit Patellaseh­nen-Problemen herumplagt­e und nicht teilhaben konnte an der Neuen Deutschen (Euphorie-) Welle, weil er eine Sperre abbrummen musste, die noch für ein weiteres Länderspie­l gilt. In Nagelsmann­s 4-2-3-1-System haben die Hoffnungst­räger Florian Wirtz und Jamal Musiala dem erfahrener­en Sané, der das DFB-Team in Frankfurt besuchte, den Rang abgelaufen, dessen Rolle im Nationalte­am muss erst neu definiert werden.

Mit Wut im Bauch werden auch einige der Dortmunder auflaufen

Lothar Matthäus in München – und das nicht nur wegen der Horrorbila­nz in München (neun Spiele in Folge in der Liga bei Bayern verloren, 8:37 Tore). Als da wären, die Enttäuscht­en mit einer nicht allzu lang entfernten Nationalel­fVergangen­heit: Mats Hummels, Niklas Süle, Felix Nmecha, Julian Brandt (zuletzt im November im DFB-Kader) sowie Emre Can und Nico Schlotterb­eck (zuletzt von Nagelsmann­s Vorgänger Hansi Flick für die September-Länderspie­le nominiert). Weitere Ex-Nationalsp­ieler im BVB-Kader: Marco Reus, Marius Wolf, Karim Adeyemi und Youssouffa Moukoko. Letztere zwei, die jüngeren, sicher noch mit Ambitionen, aber geringen Aussichten.

Die Nichtnomin­ierung „ist einigen Spielern ein Dorn im Auge“, sagte DFB-Rekordnati­onalspiele­r Lothar Matthäus. „Allzu viele EM-Tickets sind aber nicht mehr zu vergeben. Nah dran sind vor allem Goretzka und Sané.“Was sie nun beweisen müssen, erster Beweisterm­in: das Wut-Duell im Klassiker.

„Allzu viele EM-Tickets sind aber nicht mehr zu vergeben. Nah dran sind vor allem Goretzka und Sané.“

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FOTO: AXEL KOHRING/IMAGO Leroy Sané (Mi.) hat im DFB-Team noch den besten Stand, Mats Hummels und Niklas Süle (li.) bangen.

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