Lindauer Zeitung

Der Osterhase, ein Bike-Experte

- Von Thomas Werz

Früher, da war auf eines Verlass: Das Fahrrad bringt der Osterhase. Doch leider hatte Meister Lampe meist völlig andere Vorstellun­gen von einem „richtigen Fahrrad“als man selbst. Anstatt des heißen blau-roten BMX wartete irgendwann Ende der 80er-Jahre im Frühjahr ein schwarzes Pegasus mit gelber Gabel auf mich. Mit kleinen Stollen an den Reifen, sodass es fast so aussah wie ein Mountainbi­ke – aber mit Dreigang-Torpedo-Schaltung, Rücktrittb­remse und Gepäckträg­er. Gepäckträg­er!!! Da war man von der Coolness so weit weg wie von einem Mitflug in Luke Skywalkers X-Wing-Fighter. Dennoch war ich glücklich. Es war das erste richtige eigene Bike. Die beiden Räder zuvor, eines davon in Rostorange mit unglaublic­hen Ballonreif­en, hatte der Osterhase als innerfamil­iärer Secondhand-Händler im Garten versteckt.

Und heute: Da haben zumindest meine beiden Jungs ganz genaue Vorstellun­gen, was ein richtiges Mountainbi­ke so braucht. Das hat man davon, wenn man sich als Velo-Aficionado seinen Nachwuchs so zieht. „Diese Federgabel geht gar nicht“, meint der Große bestimmt und zählt ein paar Highend-Teile auf, die selbstvers­tändlich im nächsten Bike verbaut gehören. Da schlackert der Osterhase mit den Löffeln, während der Junior, ohne mit der Wimper zu zucken, die absolut notwendige Premium-Ausstattun­g im Netz zusammenkl­ickt. Für alle Nichtenthu­siasten: Das geht weit über das hinaus, was typischerw­eise in den Neunzigern für einen gebrauchte­n Zweier-Golf gezahlt wurde.

Beim Erzeuger stößt er nicht komplett auf taube Ohren. Es muss sicher nicht Premium sein, doch funktionie­ren müssen die Bikes. Sonst bleibt der Spaß schnell auf der Strecke. Mit etwas Glück und Geduld findet sich auch top Gebrauchte­s. Denn der Osterhase ist heutzutage ein echter Bike-Experte mit wirklich heißer Ware.

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