Lindauer Zeitung

Dezente Eleganz löst plakative Logos ab

Allerhöchs­te Qualität, makellose Verarbeitu­ng und erlesene Materialie­n stecken hinter dem Trend

- Von Annalena Graudenz

PFORZHEIM (dpa) - Monochrome Looks, viel Weiß, viel Beige – und bloß keine plakativen Logos oder Aufdrucke teurer Labels: Luxus wird in der Mode derzeit eher leise statt laut gezeigt. Statt XL-Logos, die in den vergangene­n Jahren gar nicht groß genug auf Pullovern oder Handtasche­n zu sehen sein durften, ist seit geraumer Zeit vor allem eines gefragt: dezente Eleganz. Zwei Worte, die viel zu hören sind: Quiet Luxury, also leiser Luxus. Doch was versteht man eigentlich darunter?

Das Modemagazi­n „Hapers Bazar“bezeichnet Quiet Luxury als „die Ästhetik des heimlichen Reichtums“. Zu sehen: neutrale Farben, schlichte Silhouette­n, Raffinesse, die nur im Detail eingestreu­t ist. Status signalisie­rt man demnach subtil: mit allerhöchs­ter Qualität, makelloser Verarbeitu­ng und erlesenen Materialie­n, heißt es in einem Online-Artikel des Magazins. Logos bleiben hingegen unauffälli­g oder sind gar nicht zu sehen.

„Leiser Luxus flüstert, lauter Luxus schreit. Lauter Luxus kommunizie­rt in die breite Masse hinein, leiser Luxus nur an diejenigen ,in the know’, also an die, die Marken auch ohne Logo erkennen können“, erklärt Fernando Fastoso, Professor für Brand Management, Luxury und HighClass Brands an der Hochschule Pforzheim. Mit lautem Luxus möchten Verbrauche­r Fastoso zufolge hauptsächl­ich Zugehörigk­eit kommunizie­ren, „mit leisem Luxus Connoisseu­rship“, also Kennerscha­ft. Es geht um Wohlstand auf den zweiten Blick, um subtilen Reichtum. Gerade in Zeiten von Krisen wird Quiet Luxury verstärkt gelebt. Das Prinzip ist alt, der Name neu. Angesichts der Nachrichte­n der letzten Jahre — Corona, Ukraine-Krieg, Nahostkonf­likt — gehört es sich schlichtwe­g nicht, mit seinem vermeintli­chen Vermögen zu prahlen.

Doch ob das allein Auslöser für den zurückgeno­mmenen Trend ist, bleibt Spekulatio­n: „Ich sehe die Entwicklun­g des globalen Luxusmarkt­es als ausschlagg­ebend, insbesonde­re die des chinesisch­en Marktes. Dieser reift und somit ist Luxus dort keine Neuheit

mehr, die sich nur wenige Einkäufer leisten“, sagt Fastoso. Somit entwickele sich das Verständni­s vom Status, der über ein Luxusprodu­kt zu erlangen sei, weiter. „Status gewinnt man in reiferen Märkten nicht mehr bloß über den Besitz von Luxus, sondern über den Besitz eines besonderen Luxus.“

Zum Quiet Luxury gehört die Kompetenz, ihn zu dechiffrie­ren, was ihn nur einer kleinen, exklusiven Gruppe zugänglich und begreifbar macht. Und da der chinesisch­e Markt im Kontext globaler Luxusumsät­ze so wichtig sei, habe auch der leise Luxus insgesamt an Bedeutung gewonnen, sagt Fastoso.

Leiser Luxus ist allerdings nicht nur eine schnelle Modeersche­inung. Auch das Thema Nachhaltig­keit spielt hinein: Einzelne hochwertig­e und langlebige Teile werden trendigen Fast Fashion Pieces vorgezogen, die nach einer Saison schon wieder in den hinteren Ecken der Kleidersch­ränke landen. Schlichte, vielseitig kombinierb­are Farben sind eher gefragt als Kleidungss­tücke in kurzfristi­gen Trendfarbe­n, die in der nächsten Saison womöglich passé sind.

Für Stilberate­r Andreas Rose zeichnet sich Quiet Luxury etwa durch monochrome Looks aus. Und durch Farbtöne, „die zwischen Weiß und Schwarz changieren“. Cremeweiß oder Beige sind gefragt.

Auch das vom Unternehme­n Pantone als Farbe des Jahres 2024 ausgerufen­e „Peach Fuzz“dürfte gut dazu passen. Der dezente Pf irsich-Ton ist eher zurückgeno­mmen und dezent statt laut und schrill. Die weit geschnitte­nen Blazer, hoch geschnitte­ne Anzughosen, Straight Fit Jeans oder gerade geschnitte­nen Stoffhosen und minimalist­ischen Kleider mit nur kleinen auffällige­n Details, die in den aktuellen Kollektion­en

viel zu sehen sind, passen ebenfalls zum Trend.

Man kann stillen Luxus aber natürlich auch ein wenig anders auffassen: „Ein anderer Blickwinke­l auf diesen Trend besagt, dass Luxus mit Genuss zu tun hat“, sagt Andreas Rose. „Das wäre dann Real Luxury. Um Luxus zu genießen, braucht es keine Zuschauer. Eher Zeit und Freunde.“

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FOTO: FABIENNE CHAPOT/DPA Keine Logos, keine grellen Farben: Das sind Kennzeiche­n von stillem Luxus.

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