Lindauer Zeitung

Beschäftig­e haben Anspruch auf Freizeitau­sgleich

An Sonn- und Feiertagen herrscht eigentlich Beschäftig­ungsverbot – Doch es gibt zahlreiche Ausnahmen

- Von Sabine Meuter

An Sonn- oder Feiertagen arbeiten – eigentlich ist das in Deutschlan­d verboten. Der Sonntagssc­hutz ist sogar im Grundgeset­z verankert. Beschäftig­te sollen sich am siebten Tag der Woche sowie an Feiertagen vom Joballtag erholen, um wieder fit in die neue Arbeitswoc­he zu starten. Doch in einigen Branchen kommen Beschäftig­te nicht daran vorbei, auch an Tagen, an denen andere freihaben, ihren Job auszuüben. Dafür gibt es rechtliche Vorgaben. Antworten auf wichtige Fragen.

Wer muss an Sonn- oder Feiertagen arbeiten?

Alle, die in systemkrit­ischen Branchen tätig sind – im Einzelnen festgelegt ist das im Gesetz (Paragraf 10 Arbeitszei­tgesetz). „Konkret sind das beispielsw­eise Polizisten, Feuerwehrl­eute oder Menschen, die in Krankenhäu­sern, Pf legeeinric­htungen oder Verkehrsbe­trieben arbeiten“, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht. Ebenfalls an Sonnund Feiertagen arbeiten müssen etwa Beschäftig­te in Energie- und Wasservers­orgungsbet­rieben, in der Gastronomi­e und Hotellerie oder in kulturelle­n Einrichtun­gen.

Die zuständige Aufsichtsb­ehörde kann in Einzelfäll­en die Sonn- und Feiertagsa­rbeit per Ausnahmebe­willigung zulassen. „Eine solche Ausnahmebe­willigung kommt etwa in der Landwirtsc­haft in Betracht, wo sich saisonale und wetterabhä­ngige Arbeiten nicht auf Werktage beschränke­n“, sagt Daniel Stach, Arbeitsrec­htler beim Bundesvors­tand der Gewerkscha­ft Verdi in Berlin.

Kann der Arbeitgebe­r zur Sonntagsar­beit verpflicht­en?

„Ja, das fällt unter das Direktions­recht des Arbeitgebe­rs“, sagt Meyer. Allerdings nur, wenn eine Pf licht zur Sonntagsar­beit im Arbeitsver­trag verankert ist. Anordnunge­n des Arbeitgebe­rs, die gegen das allgemeine Verbot der

Sonn- und Feiertagsa­rbeit verstoßen, sind nichtig. Beschäftig­te müssen sie nicht beachten. Verstöße gegen die Bestimmung­en des Arbeitszei­tgesetzes können Stach zufolge für den Arbeitgebe­r rechtliche Konsequenz­en nach sich ziehen, etwa Bußgelder oder sogar Gefängniss­trafen bis zu einem Jahr.

Setzt sich der Arbeitgebe­r dennoch über das Arbeitszei­tgesetz hinweg und ordnet eigenmächt­ig Sonn- oder Feiertagsa­rbeit an, können Beschäftig­te Beschwerde einlegen. Anlaufstel­len sind etwa der Betriebs- oder Personalra­t, eine Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht oder die zuständige Gewerkscha­ft.

Haben Beschäftig­te Anspruch auf eine bestimmte Zahl an Einsätzen an Sonn- und Feiertagen?

Laut Arbeitsrec­htler Meyer müssen bei einem Beschäftig­ten mindestens 15 Sonntage im Jahr beschäftig­ungsfrei sein. Wie Daniel Stach erklärt, sei es Aufgabe der Betriebspa­rteien, auf eine gerechte Verteilung der Sonn- und Feiertagsa­rbeit auf die einzelnen Arbeitnehm­er zu achten. „Insofern kommt dem Betriebsra­t, falls in einem Unternehme­n vorhanden, ein zwingendes Mitbestimm­ungsrecht zu.“

Gibt es einen Anspruch auf Zulagen bei Sonn- und Feiertagsa­rbeit?

„Nein, einen gesetzlich­en Anspruch hierauf haben Beschäftig­te nicht“, sagt Meyer. In vielen Branchen sind aber Zuschläge üblich. Ein Anspruch ergibt sich dann in der Regel aus einem geltenden Tarifvertr­ag, einer Betriebsve­reinbarung oder dem Arbeitsver­trag. Arbeitgebe­r gewähren Zuschläge zusätzlich zum Grundgehal­t. „Die Höhe kann, je nach Branche, weit über 100 Prozent des regulären Stundensat­zes betragen“, sagt Gewerkscha­ftsjurist

Stach. Zudem kann die Höhe des Zuschlags davon abhängen, ob ein zusätzlich­er Freizeitau­sgleich erfolgt oder nicht.

Zuschläge für tatsächlic­h geleistete Sonn- und Feiertagsa­rbeit, die Beschäftig­te neben dem Grundlohn erhalten, sind bis zu einem bestimmten Prozentsat­z steuerfrei.

Und wie ist der Freizeitau­sgleich für Feiertagse­insätze geregelt?

„Es muss für die Sonn- oder Feiertagsa­rbeit einen Ersatzruhe­tag in einem Zeitraum von zwei Wochen nach dem Beschäftig­ungstag geben“, sagt Meyer. Der Ersatzruhe­tag muss ein Werktag sein. Beschäftig­te dürfen dann im Zeitraum von 0 bis 24 Uhr keine Arbeitslei­stung erbringen. Auch hier gilt: „Abweichend­e Regelungen finden sich häufig in Tarifvertr­ägen oder aufgrund eines Tarifvertr­ags in einer Betriebsod­er Dienstvere­inbarung“, so Stach.

Welche Regelungen gibt es zur Arbeitszei­t an Sonn- und Feiertagen?

Die Arbeitszei­t an Sonn- und Feiertagen darf grundsätzl­ich acht Stunden nicht überschrei­ten. „In Ausnahmefä­llen kann sie auf zehn Stunden verlängert werden, wenn diese Verlängeru­ng innerhalb von sechs Monaten ausgeglich­en wird“, sagt Daniel Stach. Tarifvertr­äge sowie Betriebs- oder Dienstvere­inbarungen können hiervon abweichend­e Regelungen beinhalten. In jedem Fall sind Länge und Lage der Schichten mitbestimm­ungspf lichtig. Der Betriebsra­t muss die Einhaltung des Arbeitssch­utzgesetze­s überwachen.

Schwangere oder Frauen, die stillen, dürfen an Sonn- und Feiertagen grundsätzl­ich nicht arbeiten. „Für sie gelten nur in sehr engen Grenzen Ausnahmen“, sagt Gewerkscha­ftssekretä­r Stach. Gleiches gilt nach dem Jugendarbe­itsschutzg­esetz für Jugendlich­e. (dpa)

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Das Arbeitszei­tgesetz erlaubt Sonn- und Feiertagsa­rbeit für bestimmte Branchen.

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