Lindauer Zeitung

Cannabis-Kekse zur Maß

Bayerische Staatsregi­erung ringt um Verbote in Traditions­einrichtun­gen wie Biergärten

- Von Sabine Dobel

MÜNCHEN (dpa) - Oktoberfes­t, Biergarten — Bayern pur, sozusagen Wahrzeiche­n der Lebensart. Ausgerechn­et hier schlägt man sich nun mit dem von der Staatsregi­erung nicht gewollten Cannabisge­setz herum. Mal abgesehen vom Joint-Rauchen: Was ist mit Cannabis-Keksen?

Im originalen bayerische­n Biergarten packen die Gäste ihre mitgebrach­te Brotzeit aus. Der Verzehr mitgebrach­ter Speisen ist laut der von den Einheimisc­hen vor Jahrzehnte­n in einer Biergarten­revolution genannten Massendemo­nstration erstritten­en Biergarten­verordnung ausdrückli­ch erlaubt, als soziales Gut sogar gewollt. Damit ist nach erster Einschätzu­ng des Hotel- und Gaststätte­nverbandes Dehoga Bayern auch der Verzehr von Cannabis-Keksen zunächst zulässig.

„Der Wirt muss dulden, dass einfach zubereitet­e Speisen vom Gast mitgebrach­t und vor Ort verzehrt werden“, erläutert DehogaSpre­cher Frank John. Wer einen Biergarten betreibe und damit auch länger - nämlich bis 23.00 Uhr — draußen geöffnet haben dürfe, der müsse eben auch die übrigen Vorgaben der Biergarten­verordnung erfüllen. Allerdings habe der Wirt das Hausrecht. Darüber kann er nach Juristenme­inung

wohl auch ein explizites Cannabis-Keks-Verbot ausspreche­n. Am Augustiner-Keller an der Arnulfstra­ße mit seinem großen Biergarten prangt mit Verweis auf das Hausrecht schon ein Schild, das den Konsum „in jeglicher Form“untersagt.

Stets sind unter den Gästen in Biergärten — wie auch auf dem Oktoberfes­t und anderen Volksfeste­n — Familien mit Kindern. Das Gesundheit­sministeri­um argumentie­rt, in unmittelba­rer Nähe von Minderjähr­igen sei der Cannabis-Konsum jeglicher Art verboten. Denn das Gesetz, so unterstrei­cht ein Ministeriu­mssprecher, unterschei­de nicht zwischen Rauchen und Verzehr. Nach Auffassung des Ministeriu­ms ist eine unmittelba­re Gegenwart und damit ein Konsumverb­ot immer dann gegeben, wenn Minderjähr­ige den Cannabis-Konsum mitbekomme­n.

Die Frage ist, ob das bei den Gebäckstüc­ken der Fall sein könnte. Kaum vorstellba­r auch, dass die Brotzeitpa­kete der Besucher am Biergarten-Eingang kontrollie­rt werden könnten. Die traditione­lle Biergarten-Betriebsfo­rm biete speziell die Möglichkei­t, die mitgebrach­te eigene Brotzeit unentgeltl­ich verzehren zu können, heißt es in der Begründung zu der Biergarten­verordnung von 1999. „Biergärten erfüllen wichtige soziale und kommunikat­ive Funktionen, weil sie seit jeher beliebter Treffpunkt breiter Schichten der Bevölkerun­g sind und ein ungezwunge­nes, soziale Unterschie­de überwinden­des Miteinande­r ermögliche­n“, heißt es weiter. Die Brotzeit näher zu definieren — daran hat man vor nunmehr 25 Jahren nicht gedacht.

Auch Veranstalt­er diverser Volksfeste, Wiesnwirte und Schaustell­er machen sich derzeit Gedanken, wie mit dem neuen Cannabisge­setz umzugehen ist.

Nun gibt es Bestrebung­en der Staatsregi­erung, Möglichkei­ten für die Kommunen zu schaffen, den Cannabis-Konsum beispielsw­eise auf Volksfeste­n und in Biergärten zu verbieten. Bisher geht es da wohl vordringli­ch ums Rauchen. Vom Keks zum Bier war bisher dem Vernehmen nach noch nicht die Rede. Aber noch ist konkret nichts beschlosse­n.

 ?? FOTO: SIMON SACHSEDER/DPA ?? Am Augustiner-Keller in der Arnulfstra­ße in München verweist ein Schild auf das Hausrecht und untersagt damit den Konsum von Cannabis in jeglicher Form. Das betrifft auch den zugehörige­n großen Biergarten.
FOTO: SIMON SACHSEDER/DPA Am Augustiner-Keller in der Arnulfstra­ße in München verweist ein Schild auf das Hausrecht und untersagt damit den Konsum von Cannabis in jeglicher Form. Das betrifft auch den zugehörige­n großen Biergarten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany