Wer klebt, soll künftig sitzen
Faeser will Haftstrafen für radikale Klimaaktivisten – Höchststand bei politischer Kriminalität
BERLIN - Bei der Vorstellung der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität in Deutschland hat Innenministerin Nancy Faeser in fast schon gewohnter Manier einen Fokus auf Straftaten aus dem rechtsextremistischen Milieu gelegt. Und doch war an diesem Dienstag bei der Vorstellung der aktuellen Zahlen in der Bundespressekonferenz ein neuer Ton in den Aussagen der SPDPolitikerin zu erkennen. Faeser erwähnte nicht nur explizit die Steigerung der Straftaten um elf Prozent auf 7777 Straftaten, die dem Linksextremismus zugerechnet werden, sondern die Innenministerin kündigte vor dem Hintergrund der Blockade des Münchener Flughafens durch radikale Klimaextremisten auch eine Strafverschärfung an. Bisher kamen diese dem linken politischen Spektrum zugerechneten Tätern mit einem Bußgeld davon, künftig, so die Ministerin, sollen Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren folgen.
Zur Erinnerung: Am vergangenen Samstag hatten sich Klimaextremisten auf Start- und Landebahnen in München festgeklebt und den Airport über Stunden lahmgelegt. Aufhorchen ließ im Zusammenhang mit den „Straftaten im Kontext Klima- und Umweltschutz“auch die Zahl der registrierten Delikte: Sie schoss von 1716 im Jahr 2022 auf 3303 im Jahr 2023 – ein Anstieg um 92,48 Prozent.
Grundsätzlich attestierte Faeser „einen neuen Höchststand von Straftaten, die sich gegen unsere offene und freiheitliche Gesellschaft richten“. Insgesamt seien über 60.000 Straftaten im Bereich der politischen Kriminalität registriert worden. Auch und gerade rechtsextremistische Taten hätten weiter stark zugenommen. In Zahlen ausgedrückt: Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Straftaten um ca. 23 Prozent auf 28.945. 1270 dieser Straftaten waren Gewaltdelikte, das entspricht einer Steigerung um 8,6 Prozent gegenüber 2022.
Stark angestiegen sind in diesem Jahr auch die Straftaten im Bereich der „ausländischen Ideologie“– nämlich um 33 Prozent auf 5170 Taten - und im Bereich der „religiösen Ideologie“. Dort wurde ein Anstieg um rund 200 Prozent auf 1458 Straftaten verzeichnet. In beiden Bereichen haben auch Gewalttaten deutlich zugenommen. In dem Zusammenhang stellte Faeser fest, dass die Entwicklungen im Nahen Osten nach den Anschlägen der Terrororganisation Hamas gegen den Staat Israel vom 7. Oktober erhebliche Auswirkungen auf die Straftatenentwicklung in Deutschland hätten. Erkennbar sei dies auch an den antisemitischen Straftaten, die mit 5164 Delikten (davon 148 Gewalttaten) einen neuen Höchststand erreicht haben. Der massive Anstieg (2022: 2641, davon 88 Gewalttaten) sei vor allem auf die Entwicklung im Anschluss an den 7. Oktober
des vergangenen Jahres zurückzuführen.
„Außerdem erleben wir eine Eskalation der politischen Aggression mit immer stärkeren Einschüchterungsversuchen und Übergriffen gegen Bürgerinnen und Bürger, die sich politisch engagieren, sich im Ehrenamt für unsere Gesellschaft engagieren oder bei der Polizei und Rettungsdiensten für andere da sind“, betonte Faser. „Wir müssen unmissverständlich zeigen, dass der Rechtsstaat diese Gewalt nicht hinnimmt. Die Justiz ist hier ebenso in der Verantwortung wie die Polizei. Der Rechtsstaat muss deutliche Stopp-Signale setzen.“Dazu brauche es laut Innenministerin einen hohen Ermittlungsdruck und schnelle Verfahren mit spürbaren Konsequenzen. Es gelte, die Menschen in unserem Land zu schützen, die Rassismus, Judenhass, islamistische Gewalt, Rechtsextremismus und Linksextremismus durch Anfeindungen und Bedrohungen erleben müssten, sagte die Innenministerin.
Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts, ergänzte die Aussagen Faesers. „Die politisch motivierte Kriminalität hat sich innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt und nimmt weiter zu. In Teilen der Bevölkerung bestehen Radikalisierungstendenzen. Diese reichen bis hin zu einer versuchten Delegitimierung des Staates und seines Gewaltmonopols. Diese Entwicklung müssen wir sehr ernst nehmen, denn sie bedroht unsere Demokratie und unseren gesellschaftlichen Frieden.“
Vor diesem Hintergrund lege die Polizei in Bund und Ländern eine hohe Priorität auf die Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität. Wichtig sei dabei ein ganzheitlicher Ansatz. Das heißt konkret: „Das BKA setzt Schwerpunkte auf die Erkennung von Personen und Netzwerken sowie auf die Bekämpfung der digitalen Hasskriminalität. Dass die Zahl der Hasspostings stark gestiegen ist, ist auch ein Ergebnis der stark gestiegenen Eingänge in der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet.“Hier zeige sich, dass die Strafverfolgung effektiver werde. Münch weiter: „Daran müssen wir anknüpfen, um Hass im Netz zu stoppen und damit auch reale Gewalt zu verhindern.“