Einmalig lebt der „Lauschangriff277“im Tettnanger Flieger auf
Tettnangs In-Band der 2000er kehrt zurück – Plavec, Locher und Co. lassen es an einem Tag zweimal krachen
TETTNANG - Das Schwabenalter haben sie noch nicht alle erreicht, ins Schwabenland aber kehren sie gerne zurück. Tettnang steuern „Lauschangriff277“aus sechs Richtungen an, denn hier geben die einstigen „Jungrocker“am Samstag, 25. Mai, das erste und (vermutlich) einmalige Konzert seit mehr als 20 Jahren. Jan Georg Plavec, Edzard Locher, Sebastian Repetz und Co. sind abends im Flieger angesagt – und wie es sich für gestandene Väter gehört, schalten sie um 16 Uhr ein Kinderkonzert vor (bei beidem: Eintritt frei, Spende gern gesehen).
Rückblende: Die Tettnanger In-Band der frühen 2000er Jahre (Selbstwahrnehmung zwei Jahrzehnte später: „Deutschpop-Lieblinge im Raum Bodensee-Oberschwaben“) gibt im November 2003 im Jugendhaus ihr Abschiedskonzert. „Wir sind im Guten auseinander gegangen, und schon damals war klar: Wir werden zurückkommen“, ist jüngst der Tenor in einer Telefonschalte mit der SZ.
Proben im Musikschul-Pavillion und in Lochers Kellerraum in den Lindauer Straße hatten vor einem Vierteljahrhundert am Anfang gestanden. Der erste Auftritt erfolgte 1999 als Popband der Musikschule, an ihn schlossen sich etliche Konzerte in der Besetzung Edzard Locher (Schlagzeug), Felix Möhrle (Gitarre), Jan Georg Plavec (Synthesizer), Sebastian Repetz (Gitarre), Thomas Ruland (Bass) und Simon Stusak (Gesang, Saxofon) an – in Erinnerung sind jene im Bäumle, Flieger, beim Bähnlesfest 2001 oder an Rock im Vogelwald 2002.
Auch am 25. Mai werden sie sich als Sextett Gehör verschaffen, das – obschon örtlich verstreut – in loser Zeitfolge und Zusammensetzung über die zwei Jahrzehnte den Kontakt gehalten hat. „Verwebungen in verschiedener Intensität und Konstellation“nennen sie es gegenüber der SZ.
Die Treffen mündeten bislang jedoch noch nie im „Lauschangriff277“, denn die Musik spielte woanders – für Edzard Locher als 1. Schlagzeuger beim Hessischen Staatsorchester, für Jan Georg Plavec (“Hawelka“und „Irgend“) und Simon Stusak (“Benuts“und „Rapid“) mit ihren Bands in den Musikszenen von Stuttgart und München. Die Vorfreude schüren sie mit diesen Aussichten: „Felix Möhrle ist heute Eventprofi, Thomas Ruland f it am Slappen (besondere Technik am Bass, die Red.) und ob Sebastian Repetz wieder eine Breakdance-Einlage zeigt, erfährt man erst am 25. Mai.“
An diesem Tag gibt es auch die allerletzten Exemplare des Albums „LAGalized“auf CD zu kaufen, das von einer Bandbreite zwischen Rock und Reggae zeugt. Zu drei Viertel bestreitet die Band ihr unverändert gebliebenes Repertoire aus eigenen Songs, aber auch „Highway to hell“oder „Die Ärzte“dürften den Flieger füllen.
Das sind die Inhalte, aber was ist die Motivation? Schließlich liegt die Frage nicht fern, wie sie Sebastian Repetz formuliert – „ob man die Songs überhaupt noch einmal spielen möchte“. Die Antwort ist eindeutig „ja“, denn „es macht Spaß, sie zu spielen und zu hören“. Das Attribut „zeitlos“ordnet ihnen Jan Georg Plavec zu.
Was den popkulturellen wie zeitgeschichtlichen Hintergrund nicht ausblendet: „Die spaßverliebten 1990er Jahre waren gerade vorbei, im Fernsehen sah man Flugzeuge in Hochhäuser fliegen, nur: Was hatte das zu bedeuten?“fasst die Band den Rückblick kurz, um zu folgern: „20 Jahre später wissen wir mehr und hören die Musik aus dieser Zeit anders. Sie versucht genau den Spagat zwischen Fun und Fatalismus, der für diese Zeit typisch war.“
Konkret: „Auf ,LAGalized stehen sorglose Protz-Träumereien („Pusteblume“) und schmalzige Liebeslieder („Komm näher“) neben der bis heute nur von Teenagern gefühlten, von Lauschangriff277 in Songform gegossenen ,Wut im Bauch’“. Sie wird im Flieger – wie 2002 im Vogelwald – Michael Madjar zum Besten geben, der dieser Tage als Frontmann von „TT-Rock“der Musik verbunden bleibt.
Wie bei Madjar, der als „Meikie“wie „Bounce Bro“früh Bekanntheit erlangte, ist es auch bei „Lauschangriff277“spannend, wie das musikalische Experiment „Gegenwart trifft Vergangenheit“gelingt. Ist allen doch die Herausforderung bewusst, „die alten Songs wieder herzeigbar zu präsentieren“.
Samt dem Anspruch: „Wir nehmen es sehr ernst, dass unser Publikum mit uns mitgewachsen ist“, sagt Edzard Locher und ruft die Nähe „zwischen uns und dem Publikum“ins Gedächtnis – „das war immer unmittelbar.“
Heißt: Am 25. Mai wird es nicht nur ein Treffen von Freunden sein, die nach 20 Jahren mal wieder die Songs von früher spielen. Das Konzert soll ein Anlass sein zurückzuschauen „und aus dem Damals etwas für Heute mitzunehmen. Und natürlich ist die Musik so gut gealtert wie die
Musiker selbst“, sind sich die Sechs sicher.
Und sichern zu: „Es soll kein Closed-Shop-Ding werden“, also nichts, das nur die Insider von damals anspricht. Nostalgie darf gerne sein, damit erschöpfen soll es sich aber nicht. „Vorher mal reinhören“ist der Tipp der Band, wozu sich die Minidoku mit altem und neuem Filmmaterial auf der Homepage eignet.
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www.lauschangriff277.de