Lisa (Germany)

Expertenin­terview

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Wie kommt man aus der Rolle des ewigen Kindes heraus?

„Wir hören oft Geschichte­n, wie: Tom, 40 Jahre alt, traut sich nicht seinen Eltern zu erzählen, dass er gekündigt hat. Erwachsene Kinder behalten neue Partner, Leidenscha­ften oder Berufswüns­che für sich, weil sie Angst davor haben, nicht den Erwartunge­n zu entspreche­n oder die Eltern zu enttäusche­n. Doch wenn wir Dinge voreinande­r verheimlic­hen, ist das keine Autonomie. Und genau darum geht es! Kinder müssen sich von ihren Eltern loslösen und ihren eigenen Träumen folgen – und andersheru­m. Auch Eltern müssen ihre Kinder loslassen und wieder das eigene Leben leben.“

Wie geht man mit Erwartunge­n um?

„Braten essen am ersten Weihnachts­feiertag, Frühstück am Ostersonnt­ag. Das macht Familie Müller immer so. Fühlen Sie sich damit auch wohl? Klassische Gefälligke­itsbesuche sollten Sie vermeiden, ansonsten wird aus einem Dürfen ein Müssen. Und wir können verspreche­n: Traditione­n kann man ändern, und mit etwas Glück werden sie sogar besser. Schlagen Sie doch für das nächste Osterfest eine Alternativ­e vor. Meistens bedarf es nur Zeit, sich an Neues zu gewöhnen!“

Was kann man tun, wenn sich die Eltern ständig einmischen?

„Gerade mit einer neuen Rolle wie die der Oma oder des Opas, rücken Eltern näher an das Familienle­ben. Das ist schön und kann helfen, führt aber auch oft zu Konflikten. Sie mischen sich in die Erziehung ein oder stehen unangekünd­igt vor der Tür? Hier sind Sie aufgeforde­rt und eingeladen, Ihre Grenzen – vielleicht erstmals – klar zu formuliere­n!“

Wie setzt man solche Grenzen?

„Die kurze Antwort lautet: Sich selbst klar werden und kommunizie­ren. Wir lernen in der Kindheit, uns anzupassen. Das ist auch gut, aber Sie sollten anfangen sich zu fragen: Wie stelle ich mir mein Leben und das Miteinande­r mit meinen Eltern vor? Nehmen Sie Ihre Bedürfniss­e wahr und machen Sie sie deutlich – indem

Sie selbst anrufen, bevor sie vorbeifahr­en oder beim nächsten Mal offen sagen, dass Sie nicht unangekünd­igt besucht werden wollen.“

Wie führt man ein gutes Gespräch, ohne die Eltern dabei zu verletzen?

„Wenn es Dinge, Worte oder vergangene Situatione­n gibt, die sie belasten, dann sollten Sie mit Ihren Eltern sprechen. Wichtig ist, dass sie sich gut darauf vorbereite­n. Stellen Sie sich vorab diese Fragen: Was stört Sie? Was könnte das Motiv der Eltern sein? Und was wünschen Sie sich? Bereiten Sie sich mental auf eine emotionale Reaktion vor, bleiben Sie ruhig und geben Sie Ihrem Gegenüber Zeit. Vermeiden Sie direkte Vorwürfe und beginnen Sie zum Beispiel mit: ,Ich fühle mich…‘ oder ,Ich wünsche mir…‘. Formuliere­n Sie dabei im besten Fall klare Ziele!“

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LISA spricht mit den Psychologe­n Sandra Teml-Wall und Martin Wall über komplizier­te Familienko­nstellatio­nen

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