Apple Airpods im Test
Mit dem iphone 7 hat Apple die Kopfhörerbuchse gekillt – und bietet zugleich kabellosen Ersatz.
Wer A sagt, muss auch B sagen. Folgerichtig bietet Apple Seite an Seite mit dem neuen iphone 7 ohne klassische Kopfhörerbuchse nun auch kabelfreie Kopfhörer an. Wir haben die Ohren gespitzt und die Airpods getauften Earbuds ausgiebig zur Probe gehört.
Für Ende Oktober 2016 angekündigt, finden sich die Airpods jetzt, deutlich verspätet, endlich in den Regalen der Apple Stores. In der Apple-typisch edlen Verpackung, hier gar mit hochgeprägtem Produktfoto auf der Vorderseite, stecken in einer schneeweißen Schatulle von der Größe eines Zahnseide-spenders die zwei Airpod-ohrknöpfe. Das Lade-case dient dabei nicht nur der sicheren Aufbewahrung, sondern zugleich als kompakte Ladestation für unterwegs. Sobald man die Airpods in das Case steckt, startet dank des dort integrierten Akkus der Ladevorgang. Case und Ohrhörer sind magnetisch, damit alles verlässlich und zielsicher in die Ladeposition rutscht und selbst kopfüber nichts verloren geht. Doch in den Airpods stecken noch mehr Überraschungen, etwa das beispiellos einfache Pairing mit iphone und Co.
Bluetooth-pairing perfektioniert
Dass das Herstellen einer Verbindung zwischen Bluetooth-kopfhörern und einem iphone oder ipad deutlich eleganter sein kann als über für Normalanwender kryptische Systemeinstellungen, bewies Apple-tochter Beats bereits mit den in Mac-life-ausgabe 12/2016 getesteten Kopfhörer-modellen Powerbeats3 Wireless, Solo3 Wireless und Beatsx. Allesamt setzen sie auf den von Apple entwickelten W1-chip, der nachweislich nicht nur besonders energieeffizient arbeitet, sondern ganz nebenbei auch das Pairing revolutioniert: Öffnet man die kleine Transport-schatulle der Airpods neben einem iphone, werden die vollständig kabellosen Earbuds unmittelbar erkannt. Ganz ohne ein Abtauchen in Untermenüs, wird so in wenigen Sekunden eine Verbindung hergestellt. Im Hintergrund werden zudem wie von Geisterhand alle anderen mit der eigenen Apple-id verknüpften und kompatiblen Geräte mit den Airpods bekanntgemacht. So lassen sich die weißen Ohrstöpsel direkt nach dem ersten Pairing alternativ beispielsweise auch am eigenen ipad, der Apple Watch oder auch am Mac verwenden. Vorausgesetzt wird hierfür
lediglich, dass auf den Geräten die aktuelle iosrespektive macos-version genutzt wird. Auch andernorts, etwa am Apple TV, Windows-pc oder Android-smartphone, lassen sich die Airpods in ihrer Grundfunktion nutzen – das Pairing initiiert man in diesem Fall über einen Button direkt am Lade-case, über den die Ohrhörer bei Bedarf auch zurückgesetzt werden können.
Kein Lernen von Gesten nötig
Immer mehr Kopfhörer nutzen berührungsempfindliche Gehäuse und die Bedienung über Touchgesten. Einmal tippen, dreimal klopfen, nach links, unten, oben wischen: hier ist oft Auswendiglernen angesagt, um nicht den Überblick zu verlieren. Apple beschreitet einen anderen Weg und setzt auf schlichte Eleganz. Im Kern verstehen die Airpods nämlich nur eine einzige Geste, ein zweifaches, schnell aufeinanderfolgendes Tippen auf die Außenseite eines der Airpods aktiviert Siri. Apples Sprachassistenz nimmt daraufhin wie gewohnt Befehle entgegen, auch zur Steuerung der Wiedergabe und Lautstärke etwa über dezente Bitten wie etwa „Wiedergabe starten“, „Letzter Titel“oder ein schlichtes „Lauter“. Außerdem lässt sich per Doppeltipp ein eingehendes Telefonat annehmen und beenden. Wer mit Siri nicht warm wird, muss nicht grummeln: Alternativ zum voreingestellten Scharfschalten von Siri lässt sich in den Systemeinstellungen festlegen, dass das doppelte Antippen lediglich dem Starten und dem Pausieren der Wiedergabe dienen soll. Zusätzlich lässt sich die Wiedergabe und Lautstärke natürlich auch direkt am iphone, dem ipad, dem Mac oder der Apple Watch steuern.
Clever: Nimmt man einen der Airpods aus dem Ohr heraus, etwa um ein kurzes Gespräch zu führen, pausiert die Wiedergabe und wird nach dem Zurückstecken nahtlos fortgesetzt – das funktioniert sogar mit Videos, beispielsweise in der Netflix- und Youtube-app. Beendet wird die Wiedergabe hingegen, wenn beide Airpods aus den Ohren genommen werden.
Klang auf dem Prüfstand
Für den Test der Airpods haben wir uns bei Apple Music quer durch alle Genres gehört und dabei besonderen Wert auf unsere Referenzen, darunter Madonnas meisterhaft produziertes und abgemischtes Album „Ray of Light“, Dave Brubecks Jazz-klassiker „Time Out“, die Live-aufnahme „Toward The Within“von Dead Can Dance und Pink Floyds „The Dark Side Of The Moon“gelegt. Dabei ähnelt das Hörerlebnis dem, das man auch mit den herkömmlichen Earpods hat und in einem Wort am Besten als „gefällig“zu beschreiben ist. In den Höhen erstaunlich detailliert, werden auch Bässe zufriedenstellend wiedergegeben. Dicker Pluspunkt: Die Staffelung von Instrumenten ist deutlich wahrnehmbar und erscheint uns im direkten Vergleich zu den jedem iphone beiliegenden Earpods sogar eine Handbreit authentischer. Zudem sind die Airpods in der Maximaleinstellung etwas lauter als ihre schnurgebundenen Brüder. Nicht zuletzt lassen sich die Airpods auch zum Freisprechen nutzen. Hierzu steckt in jedem der beiden Stecker ein wellenbündelndes Mikrofon – welches davon beim Freisprechen Verwendung findet, bestimmen die Airpods in der Voreinstellung automatisch. Die Sprachqualität ist gut, in mehreren Testanrufen lobte die Gegenseite die Sprachverständlichkeit.
Zusammengefasst: Die Airpods funktionieren über eine Vielzahl von Genres hinweg als saubere Allrounder, mit den Musikhören einfach Spaß macht. Zu beachten ist dabei aber, dass die Ohrknöpfe vor dem Gehörgang sitzen. Umgebungsgeräusche werden deshalb im Gegensatz zu den Gehörgang nahezu vollständig verschließenden In-ears nur mäßig abgeschirmt.
Hohe Reichweite und Störfestigkeit
Die Reichweite und Störfestigkeit der Bluetoothverbindung befindet sich auf dem gleichen hohen Niveau, das Apple bereits mit dem W1-chip in den
aktuellen Beats-kopfhörern unter Beweis zu stellen vermochte: Beim Tragen am Körper kommt es selbst in an potenziellen Störquellen reichen Büroumgebungen zu keinerlei Unterbrechungen der Musikwiedergabe und auch bei Bahnfahrten oder über mehrere Räume einer Vierzimmerwohnung hinweg wird das Signal verlässlich und ohne Ausfälle, sogenannte Drop-outs, übertragen.
Verlustängste unbegründet
Musik hören macht nur dann Spaß, wenn die verwendeten Kopfhörer gut und ohne Druckschmerz sitzen. Da sich Apple bei den Airpods des gleichen Earbud-formats wie auch bei den Earpods bedient, ist der Sitz vergleichbar. In den drei Paar Testerohren der Redaktion saßen so auch die Airpods entsprechend bequem und sicher. Wer mit den dem iphone beiliegenden Knopfkopfhörern nicht glücklich ist, wird aber auch mit den Airpods nicht warm werden. In besonders kleinen Ohren etwa drücken die neuen Airpods mitunter genauso, wie es bereits bei den Earpods der Fall war.
Übermäßige Angst vor Verlust, ein großes Thema im Vorfeld des Verkaufsstarts, ist derweil unbegründet. Der Earbud-form zum Trotz sitzen die Airpods in aller Regel sicher im Ohr. Verloren gehen diese am ehesten dann, wenn man sich ein Kleidungsstück, etwa einen Pullover, über den Kopf zieht und an den Steckerenden hängenbleibt oder wenn man die Hörknöpfe nicht gleich nach dem Herausnehmen aus den Ohren wieder in das Lade-case zurücksteckt.
Ausdauernd dank cleverem Ladekonzept
Was nützt der beste kabellose Kopfhörer, wenn der Akku zu schnell schlapp macht? Die Praxis zeigt, dass man sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen braucht. Apple verspricht respektable fünf Stunden Laufzeit am Stück und diese werden in der Praxis bei 75 Prozent der möglichen Lautstärke tatsächlich, wenn auch nur knapp, erreicht. Nutzt man die Airpods als Headset, saugt das zugeschaltete Mikrofon mächtig am Akku und halbiert die Akkulaufzeit in etwa.
Geladen werden die Bluetooth-ohrstecker im mitgelieferten Lade-case. Dieses integriert einen eigenen Akku und lässt so ein netzunabhängiges Aufladen der Airpods auch unterwegs zu. Da man in der Praxis nur selten fünf Stunden am Stück Musik hört und die Earbuds in Hörpausen im Case aufbewahrt, wird man im Alltag nur selten mit leeren Akkus konfrontiert. Auch wegen der schnellen Ladezeit: Vergleichbar mit dem „Fast Fuel“-feature der neuen Beats-modelle, lassen sich schlappe Airpod-akkus in Minutenschnelle mit genügend Saft für mehrstündigen Hörgenuss betanken: Eine Viertelstunde im Lade-case sorgt für etwas mehr als zur Hälfte geladene Akkus und damit für etwa drei Stunden Wiedergabe. Für die Kombination aus voll geladenen Airpods und Lade-case, ein Lightningauf-usb-kabel für das Aufladen des Cases liegt bei, verspricht Apple kombiniert 24 Stunden Wiedergabezeit – die wir so auch in der Praxis erreicht haben.
Die neue kabellose Freiheit
Mit den Airpods beweist Apple einmal mehr, wie elegant Produkte sind, die sich in Funktion und Bedienung auf das Wesentliche beschränken. Mit Blick auf die sich als Selbstläufer erweisende Inbetriebnahme, dem Verzicht auf einen ausufernden und verwirrenden Satz an Gesten zur Steuerung und dem für Baugröße und Form erstaunlichen Klang über eine Vielzahl gängiger Genres hinweg, bewiesen sich die Airpods im Jahresendspurt als unsere liebste Apple-neuheit des Jahres 2016.