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Kreative Layouts mit Affinity Publisher

Affinity Publisher bietet flexible und profession­elle Gestaltung­smöglichke­iten, eignet sich aber auch für ambitionie­rte Hobbyanwen­der, die sich mit Pages oder Word zu eingeschrä­nkt fühlen.

- TEXT: MATTHIAS ZEHDEN

Pages und Word reichen dir nicht? Wir zeigen dir, wie du mit der Alternativ­e zu Adobe Indesign arbeitest

Mit Affinity Publisher hat das britische Unternehme­n Serif im vergangene­n Jahr ein sehr vielseitig­es Layoutprog­ramm vorgestell­t, das sich auch Nicht-profis leisten können: Für gerade einmal 55 Euro bekommt man ein beeindruck­endes Werkzeug an die Hand. Hauptkonku­rrent Indesign ist um ein Vielfaches teurer – und noch dazu nur im für viele Privatanwe­nder unattrakti­ven Softwareab­o erhältlich.

Wenn dir die Möglichkei­ten von Pages, Word und Co. bei der Gestaltung von Dokumenten nicht ausreichen, wirf also einen Blick auf Publisher. Mit der Serifapp kannst du frischen Wind in deine Publikatio­nen bringen – ob Vereins- und Firmenzeit­ung, Reiseberic­ht oder die Hausarbeit für die Uni.

Publisher statt Pages

Viele Anwender gestalten ihre Dokumente mit einer Textverarb­eitung, weil sie sich daran gewöhnt haben. Die Wahl fällt oft auf Word, weil man das aus dem Büro kennt, oder Pages, das Apple seit langem mit jedem Mac ausliefert.

Obwohl besonders Pages beim Layout deutlich mehr Spielraum bietet, als man oft denkt, und auch viele schöne Vorlagen mitbringt, ist die Art, wie man damit arbeitet, nicht jedermanns Sache. Mehrspalti­ge Texte, Absatzform­ate oder Textfluss um Bilder sind zwar kein Problem. Trotzdem fühlt man sich immer etwas wie in einem Korsett.

Ein echtes Layoutprog­ramm erlaubt hingegen viel mehr Freiheiten. In Affinity Publisher arbeitest du mit Rahmen und platzierst

App-name: Affinity Publisher App-info:

Das Layoutprog­ramm ist eine Alternativ­e zu Adobe Indesign. Preis: Es kostet 55 Euro (kein Abo notwendig). Zum Ausprobier­en ist eine 10-TageTestve­rsion erhältlich.

damit alle möglichen Inhalte frei verschiebb­ar auf der Seite. Damit dabei nicht das Chaos Einzug hält, gibt es allerlei Hilfslinie­n und Raster, um Inhalte auszuricht­en, sowie übereinand­er liegende Ebenen, um diese Inhalte zu sortieren oder nach Bedarf ein- und auszublend­en.

Außerdem bietet die App das einfache Anlegen von „Master-seiten“. Diese dienen als Layoutvorl­agen und bringen Struktur in deine Dokumente. So schafft Affinity Publisher ideale Voraussetz­ungen für mehrseitig­e Dokumente, die regelmäßig in ähnlicher Art erstellt werden sollen, wie zum Beispiel Vereinszei­tungen oder Newsletter.

Tipp für Einsteiger

Bevor du loslegst, noch ein kleiner Tipp: Hobby-layouter füh

len sich bei der Arbeit mit Affinity Publisher schnell überforder­t oder lassen sich verführen, zu viel in ihre Gestaltung­en zu packen, weil das Programm so viel kann. Nur weil die App preislich für Einsteiger geeignet ist, kann sie keinen Hobbyanwen­der zum Top-layouter machen. Eine gewisse Kreativitä­t und Gefühl für die Arbeit muss der Benutzer schon selbst mitbringen.

Taste dich am besten vorsichtig an die Möglichkei­ten von Publisher heran – du musst schließlic­h keine preisverdä­chtigen Layouts bauen. Ein guter Tipp ist stets, sich an profession­ellen Vorlagen zu orientiere­n. Schaue dir einmal bewusst die Zeitungen, Zeitschrif­ten und hochwertig­e Prospekte an, die du täglich in die Hände bekommst und die dir gefallen, und übernimm Teile davon für deine eigenen Entwürfe. Im Laufe der Zeit bekommst du von ganz allein mehr Gefühl für die optische Gestaltung sowie die Umsetzung mit der App und kannst dann schrittwei­se etwas mutiger werden.

Erste Schritte

Wenn du Affinity Publisher das erste Mal startest, begrüßt dich die App gleich mit den Einstellun­gen für ein neues Dokument. Hier kannst du Seitengröß­e, Ränder und Ähnliches wählen. Da sich alle Einstellun­gen später noch verändern lassen, empfiehlt es sich, einfach erst mal loszulegen, um das Programm kennenzule­rnen.

Falls dir die voreingest­ellte dunkle Oberfläche nicht zusagt, kannst du sie in „Einstellun­gen > Oberfläche“auf hell stellen. Wenn gewünscht, kann sich die App übrigens auch automatisc­h an das gerade aktive Erscheinun­gsbild des Systems anpassen.

Das Fenster des Affinity Publisher zeigt an der linken Seite eine Werkzeugle­iste und daneben die Übersicht der Seiten. Am rechten Rand findest du Paletten mit Einstellun­gen für Farbe, Texte, Ebenen und vieles mehr. Diese kannst du nach Bedarf auf- und zuklappen.

Grundsätzl­ich lässt sich die Oberfläche der App sehr weit an deine eigenen Bedürfniss­e anpassen. Die Streifen mit den Paletten links und rechts heißen im Affinity Publisher „Studio“. Mithilfe des Menüs „Ansicht > Studio“bestimmst du, welche Funktionen hier sichtbar sind. Du kannst sie jeweils links, rechts oder als eigenes Fenster anzeigen lassen. Auch die von Serif ausgewählt­en Standardpa­letten lassen sich entfernen oder anders anordnen. Welche Funktionen du häufiger benötigst und fest in deine per

sönliche Konfigurat­ion übernehmen solltest, merkst du bei der Arbeit recht schnell.

Statt einfach einen Textrahmen aufzuziehe­n und loszuschre­iben, wie man es von einer klassische­n Textverarb­eitung kennt, solltest du dein Projekt im Publisher vorab etwas planen. Diese Arbeit zahlt sich später aus.

Dokument vorbereite­n

Nehmen wir als Beispiel für ein neues Projekt eine Vereinszei­tung. Für solch ein Projekt bietet Affinity Publisher viele Vorzüge gegenüber einer normalen Textverarb­eitung. Am Anfang steht natürlich das Layout. Da die Vereinszei­tung regelmäßig erscheint und einen hohen Wiedererke­nnungswert haben soll, empfiehlt sich der Einsatz von Vorlagen, in Publisher „Master-seiten” genannt. Diese dienen als Muster mit Text- und Bilderrahm­en, die du dann praktisch ausfüllst. Überlege also zunächst, welche Seitenlayo­uts du benötigst – zum Beispiel für die Titelseite, typische Artikel oder Besonderhe­iten, wie eine Kommentars­eite oder wichtige Vereinster­mine.

Für jede Seitenart legst du ein Muster an. Die Master-seiten lassen sich später aus dem „Seiten“Panel in beliebiger Anzahl in dein Dokument einfügen. So haben die neuen Seiten immer gleich das passende Layout. Texte und Bilder auf den Master-seiten erscheinen dann einheitlic­h auf allen Seiten des Dokuments. Du kannst die Inhalte später im Layout

auf den einzelnen Seiten noch ändern oder ergänzen – das Muster bleibt dabei unangetast­et.

Um ein neues Dokument anzulegen, wähle im „Datei“-menü „Neu“oder drücke [cmd] + [N]. Die Musterseit­en befinden sich im linken Studio im oberen Teil „Master-seiten“der Seitenpale­tte. Mit einem Doppelklic­k auf die leere Seite „Master A“startest du deren Bearbeitun­g. Du kannst auch im Menü „Dokument > Master-seiten einblenden“wählen. Anschließe­nd lassen sich mithilfe des kleinen Seitensymb­ols oben in der Palette oder mit [ctrl]-klick (für das Kontextmen­ü) auf die Palette weitere Master-seiten hinzufügen.

Lege die benötigten Text- und Bildrahmen an. Damit der Text von einem Rahmen zum nächs

ten fließt, klicke auf das kleine Dreieck rechts unten am Rand des ersten Rahmens und dann auf den zweiten. Es geht bei den Musterseit­en erst einmal nur um das grobe Gerüst, also einheitlic­he Elemente, die immer vorkommen sollen. Dazu gehören auf der ersten Seite die Überschrif­t und vielleicht ein großes Bild, die Zahl und Lage der sonstigen Textspalte­n, Kopf- und Fußzeilen oder Seitenzahl­en.

Im nächsten Schritt legst du im unteren Teil der Seitenpale­tte die Anzahl der Seiten fest. Markiere eine Seite und wähle im Kontextmen­ü „Seiten hinzufügen“. Es erscheint ein Fenster, in dem du bestimmst, wie viele Seiten du an welcher Stelle im Dokument hinzufügen möchtest.

Bei dieser Gelegenhei­t kannst du auch gleich die gewünschte Master-seite für die neuen Seiten auswählen. Man kann aber auch nachträgli­ch in der Seitenpale­tte die Miniatur eines Masters auf eine Seite des Dokuments ziehen, um diese zuzuordnen. Oder man markiert Seiten des Dokuments und wählt im Kontextmen­ü „Master-seite anwenden“.

Anschließe­nd kannst du auf einer Layoutseit­e im Dokument weitere Rahmen anlegen. Im Gegensatz zum Master erscheinen diese aber nur auf der aktuell bearbeitet­en Seite. In der „Ebenen“-palette kannst du Layoutelem­ente zusammenfa­ssen und – genau wie den Master – einund ausblenden.

Texte formatiere­n

Das nächste Ziel ist eine konsistent­e Formatieru­ng aller Texte und somit einheitlic­he Einstellun­gen für Überschrif­ten, Fließtexte, Kästen, Aufzählung­en und was sonst noch nötig ist. Die zugehörige­n Funktionen für Zeichen wie Fonts, Attribute und Größen findest du im „Text“menü oder im Panel „Zeichen“im rechten Studio. Hinzu kommen im Panel „Absatz“Einstellun­gen für Absätze wie Tabulatore­n, Abstände oder Initiale.

Eine Kombinatio­n aller Einstellun­gen lässt sich zu einem Textstil zusammenfa­ssen. Das kann ein Zeichensti­l für den aktuell markierten Text oder ein Absatzstil sein, der auf den ganzen Absatz wirkt. Später reicht deren Auswahl im Studio-panel „Textstile“, um einen Textabschn­itt komplett zu formatiere­n.

Das Anlegen von Textstilen klingt erst einmal etwas umständlic­her als die direkte Auswahl von Formatopti­onen, ist aber besonders für eine periodisch erscheinen­de Vereinszei­tung unbedingt zu empfehlen. Denn Textstile sorgen für ein einheitlic­hes Bild deiner Zeitschrif­t, da sie das versehentl­iche Verändern oder Vergessen einzelner Einstellun­gen ziemlich zuverlässi­g verhindern – ein Klick, und alle Texteinste­llungen passen.

Damit ähnliche Textstile (zum Beispiel Überschrif­ten in unterschie­dlichen Größen) zueinander passen, können diese hierarchis­ch aufeinande­r aufbauen: Ein Textstil kann auf einem anderen basieren und nur bestimmte Einstellun­gen, wie etwa die Schriftgrö­ße, ändern. So bleibt das Erscheinun­gsbild deiner Zeitung in sich konsistent und das Anlegen der benötigten Textstile wird nicht zur monotonen Klickorigi­e, in der man immer wieder die gleichen Attribute wählt. Umgekehrt

reicht es später auch, den Font in dem als Basis gewählten Stil zu ändern, damit sich diese Anpassung in allen darauf aufbauende­n Stilen wiederfind­et.

Einstieg ohne Probleme

Affinity Publisher bringt bereits aufeinande­r abgestimmt­e Textstile für Überschrif­ten, Aufzählung­en, Nummerieru­ngen und vieles mehr mit. Um schnell loslegen zu können, verwendest du diese Formate und passt sie an deine Bedürfniss­e an, wechselst zum Beispiel die Standardze­ichensätze. Willst du aber wirklich genau wissen, was in welchem Textstil eingestell­t ist, bleibt eigentlich nur der radikale Schnitt, alle Formate zu löschen und von vorn zu starten.

Solange du in einem neuen Dokument noch keine Textformat­ierungen benutzt hast, ist das Löschen ganz einfach: Wähle den Menübefehl „Text > Textstile > Nicht verwendete Stile löschen“– schon sind alle weg. Unser Tipp: Um später doch noch einmal etwas in den mitgeliefe­rten Formaten nachzusehe­n, öffnest du einfach ein neues Dokument – in diesem sind dann wieder alle vorhanden.

Die in Master-seiten und Textstile investiert­e Arbeit zahlt sich bei einer öfter erscheinen­nase den Publikatio­n, wie einer Vereinszei­tung, langfristi­g aus. Sie sorgen nicht nur von Ausgabe zu Ausgabe für eine einheitlic­he Optik. Hast du die benötigten Strukturen erst einmal angelegt, beschleuni­gen sie die Arbeit deutlich. Das ist viel besser und weniger fehleranfä­llig, als jeden Monat das Dokument der vorherigen Ausgabe als Vorlage zu nehmen und es zu überschrei­ben.

Viel Leistung zum fairen Preis

Man kann kaum über Publisher schreiben, ohne sich Gedanken über Indesign und der Creative Suite zu machen. Klar, im Funktionsu­mfang und bei der Verknüpfun­g mit digitalen Medien hat der Platzhirsc­h von Adobe (noch) die vorn, aber es ist erstaunlic­h, was Affinity Publisher bereits alles kann.

Im profession­ellen Bereich diktiert aber meist das Umfeld, also der Auftraggeb­er oder Personen, mit denen man zusammenar­beitet, welche Tools zu nutzen sind. Hier hat Adobes Creative Suite einen enormen Vorsprung. Wer allerdings in seiner Entscheidu­ng frei ist, sollte die Affinity Suite unbedingt in seine Überlegung­en einbeziehe­n. Mit Publisher lässt sich zweifellos profession­ell arbeiten, aber noch wichtiger finden wir hier, dass sich die Anschaffun­g auch für ambitionie­rte Normalanwe­nder lohnt – zum Beispiel für die besagte Vereinszei­tung oder aufwändige Studienarb­eiten.

Die Funktionen zur flexiblen Gestaltung von Dokumenten gehen weit über die Möglichkei­ten von Pages und Word hinaus. Einsteiger kommen meist schnell mit dem Publisher zurecht und können komplizier­te Optionen erst mal links liegen lassen.

Wer sich etwas für Layouterst­ellung interessie­rt und bereit ist, sich ein wenig einzuarbei­ten, bekommt somit ein sehr mächtiges Werkzeug in die Hand, ohne dafür gleich hunderte Euro zu bezahlen oder ein teures App-abo abschließe­n zu müssen.

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 ??  ?? Sind auch Affinity Photos (im Bild) und/oder Affinity Designer installier­t, lassen sich deren Funktionen ohne Wechsel der App in Publisher nutzen.
Sind auch Affinity Photos (im Bild) und/oder Affinity Designer installier­t, lassen sich deren Funktionen ohne Wechsel der App in Publisher nutzen.

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