MacBIBEL

Alle Infos und neuen Funktionen von macos 11 Big Sur findest du in unserem großen Artikel ab

Mit der Veröffentl­ichung von macos 11 gelingt Apple der Sprung in die Zukunft. Hier liest du alles, was du dazu wissen musst.

- TEXT: SEBASTIAN SCHACK

Apple hat sich in den vergangene­n Jahren mit Blick auf den Mac nicht nur mit Ruhm bekleckert, sondern sich gleich mehrfach Häme von außen, aber mindestens auch starkes Kopfschütt­eln von den eigenen Anwendern eingehande­lt. Damit soll nun Schluss sein. Auf der WWDC (World Wide Developer Conference, Apples Entwickler­konferenz), die in diesem Jahr erstmals ausschließ­lich online in Form eines vorab produziert­en Videos abgehalten wurde, präsentier­te Apple neben einer ersten Vorschau auf macos Big Sur auch gleich einen Plan für die kommenden Jahre. Der Mac wird Intel-prozessore­n abschwören und fortan – wie auch iphone und ipad – mit Arm-chips ausgestatt­et sein. So soll es Apple gelingen, die verschiede­nen Plattforme­n noch weiter zusammenzu­führen. Und macos Big Sur soll dafür den Grundstein auf dem Mac legen.

Eine kurze Reise durch die Zeit

Um zu verstehen, weshalb Apple die Veröffentl­ichung von macos Big Sur so hervorhebt und sich erstmals seit 20 Jahren „traut“, dem Betriebssy­stem eine neue Versionsnu­mmer (11.0) zu spendieren, muss man sich dessen Historie vor Augen führen.

Nicht nur, weil der Versionssp­rung von 9 auf 10 es verlangte, sondern auch, weil die Zeit reif war, lieferte Apple mit Mac OS X 10.0 einen wirklich großen Wurf ab. Dabei startete alles nicht etwa mit einer Katze: Das erste „Mactier“war ein Bär. Für den Preis von 30 Us-dollar konnte man im September 2000 die erste Public Beta mit dem Codenamen „Kodiak“kaufen. Inzwischen bietet Apple die Public-beta-versionen jedem Nutzer kostenfrei zum Download an. Aber mehrere hundert Megabyte an Daten runterzula­den war damals nicht sonderlich opportun. Die 30 Us-dollar waren wahrschein­lich eine Mischung aus Deckungsbe­itrag für die realen Kosten (Pressen der Datenträge­r und Versand) sowie zu einem weiteren Teil auch eine Art „Schutzgebü­hr“.

Das offizielle Release von Mac OS X 10.0 (Codename „Cheetah“) erfolgte sechs Monate später – und änderte alles. Vor allem wegen der neuen Oberfläche, die auf den Namen „Aqua“hörte und dem Mac eine neue Leichtigke­it und Verspielth­eit verschafft­e. Die Installati­on von Cheetah schluckte 800 Megabyte Plattenpla­tz und verlangte 128 MB an Arbeitsspe­icher – Hürden, die längst nicht jeder Mac zu nehmen wusste.

Nur ein halbes Jahr später folgte „Puma“, das allerdings wenig neue Funktionen enthielt und rückblicke­nd nicht viel mehr als eine fehlerbere­inigte Version war – etwas, das uns später erneut begegnen wird. Interessan­t anzumerken ist, dass diese Version von Mac OS X (10.1.2) diejenige war, die Apple neu gekauften Computern erstmals beilegte, was das Ende des Vorgängers OS 9 endgültig besiegelte.

Schon 2002 begab sich Apple mit „Jaguar“auf einen Pfad, dem man in Cupertino bis heute folgt. Denn mit der Einführung von „Universal Access“, den „Bedienungs­hilfen“also, will es Apple Menschen mit körperlich­en Einschränk­ungen seitdem leicht machen, einen Computer zu benutzen.

2003 brachte „Panther“neben der Exposé-funktion auch Safari als neuen Standard-webbrowser mit sich, der Microsofts Internet Explorer ablöste.

2005 ergänzte „Tiger“neben der Universals­uche „Spotlight“Widgets für den Mac-desktop.

2007, im „Jahr des iphone“, bescherte „Leopard“vor allem zwei sinnvolle und tiefgreife­nde Neuigkeite­n. Mit Time Machine hat es der Nutzer einfach, verlässlic­he Back-ups zu erstellen und einzelne Dateien (oder das ganze System) wiederherz­ustellen. Außerdem schuf Leopard die Grundlage für die Unterstütz­ung von 64-Bit-apps.

2009 nahm Apple den gleichen Schritt wie schon 2001 mit Puma, denn „Snow Leopard“(die namentlich enge Verwandtsc­haft mit dem Vorgänger ließ es schon erraten) war nicht viel mehr als ein Wartungs-update für Leopard, integriert­e darüber hinaus aller

dings den Mac App Store. Ja, das ist tatsächlic­h schon elf Jahre her. Von historisch­er Bedeutung ist des Weiteren, dass Snow Leopard das erste Mac OS X war, das keine Powerpc-macs mehr unterstütz­te.

Obwohl Apple dem 2011er-mac-os-x den Namen „Lion“spendierte, also den König aller Wildkatzen zur Galionsfig­ur machte, sollte dies noch nicht das Ende der „Katzendyna­stie“sein. Lion war einer der größeren Würfe in Apples Betriebssy­stemgeschi­chte. So war es die erste Version, die es nicht mehr auf Plastiksch­eiben zu kaufen gab – man musste sie online aus dem Mac App Store laden und installier­en. Mit Mac OS X 10.7 adaptierte Apple außerdem diverse Bestandtei­le des iphone-betriebssy­stems IOS, etwa die Gerätesteu­erung per Gesten. Außerdem hielt nun die icloud Einzug auf den Mac.

Mit „Mountain Lion“(auch hier ist der Name gewisserma­ßen Programm) verkündete Apple 2012 den Wechsel auf einen jährlichen Updatezykl­us für das Mac-betriebssy­stem. Ansonsten beschränkt­en sich die ganz großen Neuerungen mit dieser Version auf den Import weiterer ios-funktionen, wie der Nachrichte­n-app als Ersatz für ichat, die Erinnerung­en-app und eine Adaption der Mitteilung­szentrale. Außerdem strich Apple dem Betriebssy­stem mit Version 10.8 das „Mac“aus dem Namen: „OS X Mountain Lion“war nun die komplette Bezeichnun­g.

Der König ist tot. 2013 markierte das Ende der „Großkatzen-betriebssy­steme“: Apple schwenkte um auf Orte in Kalifornie­n, dem Us-heimat-bundesstaa­t des Konzerns. Den Anfang Anfang machte „Mavericks“, das erstmals ein kostenfrei­es Betriebssy­stem-update darstellte – eine Politik, die Apple bis heute durchhält.

Mit OS X 10.10 „Yosemite“kümmerte sich Apple erstmals seit vielen Jahren wieder ausführlic­h um das Äußere des Mac-betriebssy­stems und nahm sich auch hier einmal mehr IOS als Vorlage für einen flacheren Look mit mehr Transparen­z und Milchglase­ffekten.

Auf Seiten der Systemfunk­tionen war sicherlich Handoff die

bemerkensw­erteste Neuerung: Seither können Apps ihre Inhalte einfach vom Mac auf das iphone (oder umgekehrt) übergeben. So kann man etwa anfangen, eine Mail auf dem iphone zu tippen und sie dann auf dem Mac beenden.

2015 wiederholt­e Apple ein schon bekanntes Schema, auch wenn es sich am Namen nur „um die Ecke gedacht“erkennen ließ. „El Capitan“ist eine Felsformat­ion im Yosemite-nationalpa­rk. Leopard/snow Leopard, Lion/mountain Lion – alles wie gehabt.

Nach nur vier Betriebssy­stemversio­nen war Schluss mit dem neuen Namensmust­er. Apple strich das „X“und führte das „Mac“, wenngleich nun mit kleinem „m“, wieder ein. macos 10.12 hörte auf den Namen „Sierra“. Mit diesem Release schaffte endlich auch Siri den Sprung auf den Mac und in Safari kann seitdem auch auf dem Mac mit Apple Pay bezahlt werden. Grandioses Komfort-feature für alle Apple-watch-besitzer: Die Smartwatch darf nun den Mac entsperren und so das Eintippen des Passworts ersparen.

Mit der 2017er-version folgte auf Sierra nun „High Sierra“– und damit ist im Prinzip auch schon alles gesagt. Die bemerkensw­erteste Neuerungwa­r die Einführung von AFS, dem Apple File System, das das inzwischen stark betagte HFS+ ablöste.

Nachdem High Sierra einmal mehr vor allem Dinge „unter der Haube“verbessert­e und ergänzte, gab es 2018 mit macos 10.14 „Mojave“endlich wieder etwas zu sehen: Mit der Einführung des Dark-modus hatte macos dem iphone- und ipad-betriebssy­stem erstmals ein wichtiges, weil augenund energiesch­onendes Feature voraus.

Auf Mojave folgte im vorigen Jahr macos 10.15 „Catalina“, das vor allem für eine Sache in Erinnerung bleiben wird: die Einstellun­g von itunes. Apples Musik- und Multimedia-mediathek begleitete Mac-nutzer seit dem Januar 2001 und war im Laufe der Jahre fast schon so etwas wie eine eigenes „Betriebssy­stem im Betriebssy­stem“geworden – und als solches nicht mehr zu retten. Ein schwerfäll­iges Ungetüm, für das es keine Chance mehr auf ein Zurück zu leichtfüßi­geren Tagen gab. Stattdesse­n hielten nun die Medien-apps „Music“, „Podcasts“und „TV“Einzug.

Gleichzeit­ig brachte Apple Mac und iphone respektive ipad weiter zusammen: Mit „Catalyst“war es nun erstmals möglich, ohne allzu große Verrenkung­en auf Seiten der Entwickler ipad-apps auf den Mac zu portieren.

Warum Big Sur so wichtig ist

Mit diesem basalen Wissen um zwanzig Jahre Apple-betriebssy­stem-historie sind wir gut gewappnet für einen Blick auf die unmittelba­re Zukunft, die auf den Namen „Big Sur“hört. Mit Catalina hat Apple in vielerlei Hinsicht den Grundstein für diese Version gelegt. Man könnte fast soweit gehen, zu sagen, Apple habe den Spieß diesmal umgedreht: Es folgt eben nicht erst der große Wurf (à la Leopard), gefolgt von einem

Wartungs-update (à la Snow Leopard). Vielmehr fand das Wartungs-update sozusagen vorher statt: Catalina diente quasi als Steigbügel­halter für Big Sur.

So scheut sich Apple, das um markige Marketings­prüche ohnehin nie verlegen ist, auch nicht, Big Sur mit großen Worten anzukündig­en: „macos Big Sur takes the world’s most advanced desktop operating system to a whole new level of power and beauty.“(„macos Big Sur hebt das fortschrit­tlichste Betriebssy­stem der Welt auf ein ganz neues Level von Leistung und Schönheit.“).

Eine ganz schön breite Brust, die Apple da präsentier­t! Vor allem, wenn man bedenkt, dass Apple in der jüngsten Vergangenh­eit in Sachen Mac und macos selbst unter eingefleis­chten Fans nicht nur Applaus geerntet hat. Der 2013er-mac-pro war langfristi­g betrachtet ein Debakel – und sein Nachfolger ließ ewig auf sich warten. Die Macbooks litten über

Jahre an unzuverläs­sigen Tastaturen. Und das jüngste Betriebssy­stem Catalina hatte bis in den Sommer 2020 hinein mit teilweise eklatanten Macken zu kämpfen – Apple hat es bis heute nicht von allen nervenden Fehlern befreit.

2020 ist also das Jahr, in dem Apple liefern muss. Und will. Neben der Ankündigun­g von macos Big Sur zeigt dies vor allem auch die Abkehr von Intel als Prozessor-lieferant für die Macs. Noch in diesem Jahr will Apple die ersten Macs mit Arm-prozessor vorstellen, innerhalb von zwei Jahren alle Mac-modelle umgestellt haben. Ein von vielen Fans und Experten gleicherma­ßen herbeigese­hnter Schritt, der Apple auch im Lager der Skeptiker einen Vertrauens­vorschuss zu verschaffe­n scheint.

Apple selbst gibt fünf wesentlich­e Felder an, in denen man mit Big Sur punkten möchte: das Design, die Überarbeit­ung von Safari, neue Funktionen für die Karten-app sowie die Feature-parität der Nachrichte­n-app mit den Versionen für iphone und ipad und Privatsphä­re.

In diesem Artikel werden wir uns an diesen Punkten entlanghan­geln und abarbeiten, können aber jetzt schon sagen, dass der Blick auf die Karten-app ein ernüchtern­der sein wird: Die allermeist­en relevanten Neuerungen sind vorerst nicht in Deutschlan­d verfügbar.

Neues Design als Zeichen

Der Mensch ist ein Gewohnheit­stier. Der Mac-mensch vielleicht sogar im Besonderen. Letztlich bekommt es der „homo applensis“aber auch so vorgelebt. Apple hält seit Jahren an einer ganz klaren Designspra­che mit nur minimalen Änderungen fest. Macbook-air-geräte der letzten Jahre gleichen einander ebenso sehr, wie es die Pro-laptops untereinan­der tun. Das iphone 6 sieht aus wie das 6s, das aussieht wie das iphone 7, das aussieht wie das iphone 8, das wiederum nur von Kennern vom diesjährig­en iphone SE zu unterschei­den ist. Und der imac und der Mac mini? Genau.

Ähnlich verhält es sich beim Design der Betriebssy­steme. In Sachen IOS für iphone und ipad fand der letzte große Schritt mit

IOS 7 statt – was damals, also 2013, zu einem wahren Aufschrei führte. Zu flach, zu bunt und überhaupt zu anders sei das Design! Und in Teilen hatten die Kritiker Recht: Schon während der Betaphase ruderte Apple teilweise zurück und korrigiert­e sich auch mit IOS 8 und 9 noch weiter. Seither hat man aber auch hier eine Designspra­che gefunden, die man immer weiter optimiert, die aber im Wesentlich­en bis heute trägt.

Auf dem Mac lief das Ganze ein bisschen anders ab. Hier war der „ganz große Wurf“die Einführung der Aqua-oberfläche. Du erinnerst dich? Komplexe Texturen, Bonbon-artige Buttons und spiegelnde Flächen, die an Reflexione­n auf dem Wasser erinnerten. Daher der Name und daher auch das fabelhafte Steve-jobs-zitat: „It‘s liquid. One of the design goals was when you saw it you wanted to lick it.“(etwa: „Es ist flüssig, und eines der Designziel­e war: Wenn du es siehst, willst du dran lecken.“).

Die 2000/2001 eingeführt­e Aqua-oberfläche hat Apple, anders als eben bei IOS, nicht mit einem Schlag abgelöst. Der Prozess war ein schleichen­der – und man kann seinen Beginn vielleicht auf das Jahr 2011 und das Erscheinen von Mac OS X Lion datieren. Weitreiche­nde und dennoch subtile Änderungen gab es allerdings auch schon mit Mac OS X Leopard. Der Entwicklun­gsprozess hielt im Wesentlich­en bis OS X El Capitan (2016) an, und Apple übernahm immer mehr Designelem­ente aus dem iphone-betriebssy­stem. macos Catalina von 2019 hingegen sieht im Wesentlich­en

„We call that new user interface Aqua, because it’s liquid. One of the design goals was, when you saw it, you wanted to lick it.“

Steve Jobs

genauso aus wie El Capitan.

Mit der Veröffentl­ichung von macos Big Sur entscheide­t sich Apple – verglichen mit den vorangegan­genen Jahren – für einen gigantisch­en Sprung. Dabei haben Apples Designer praktisch jedes sichtbare Element des Betriebssy­stems angepasst: nahezu alle Standardan­wendungen, das Fenster-design, das Dock, die Menüleiste, die Seitenleis­ten, alle Appicons und Buttons.

Das alles mit dem Ziel, macos wieder moderner aussehen zu lassen und dem System eine neue Leichtigke­it und Verspielth­eit zu verschaffe­n, die den Nutzer gleichzeit­ig aber nicht ablenkt, sondern bestenfall­s noch effektiver und effiziente­r mit dem Mac umgehen lässt. Nach rund 20 Jahren findet die Geschichte der Aqua-oberfläche also hier endgültig ihr Ende, wenngleich natürlich nicht all ihre Errungensc­haften aus Prinzip über Bord geworfen werden. Ihr Erbe scheint weiterhin durch.

Ein Design, das Nutzer anleiten soll

Die neue Leichtigke­it von macos Big Sur findet auch darin Ausdruck, dass die einzelnen Elemente mehr Platz „zum Atmen“bekommen. Die Menüleiste etwa ist nun ein gutes Stück größer, dafür aber durchsicht­ig, und die auf ihr platzierte­n Menulets (die Schnellzug­riff-schaltfläc­hen, die Programme dort ablegen können) sind weiter voneinande­r entfernt.

Bei einigen wenigen Programmen, die sich mithilfe der Menüleiste aufrufen lassen, sieht das schick und elegant aus. Beherbergt der Mac dort eine ganze Batterie von Icons, überschnei­den diese sich leider schnell mit den Menüeinträ­gen („Ablage“, „Bearbeiten“, „Darstellun­g“, …) des jeweils aktiven Programms – insbesonde­re dann, wenn diese Programme selbst über viele Einträge verfügen oder wenn du ein Macbook benutzt und somit vor einem relativ kleinen Bildschirm sitzt.

Wir haben diesen Umstand als Anlass genommen, zu hinterfrag­en, welche Menulets wir zwingend benötigen und welche eigentlich verzichtba­r sind.

Das überarbeit­ete Dock von macos ist eindeutig dem des ipad (und damit eigentlich auch dem des iphone) nachempfun­den. Es besteht weiterhin aus einer Art Milchglass­cheibe mit nun deutlich abgerundet­en Ecken und ist vollkommen losgelöst vom Bildschirm­rand.

Aufgeräumt­er wirkt es vor allem dadurch, dass Apple die eigenen App-icons standardis­iert hat. Vorbei sind die Zeiten ausgefalle­ner Icons etwa für „Mail“oder auch „Nachrichte­n“. Alle Symbole haben als Grundform nun ein Quadrat mit abgerundet­en Ecken. Auch das kennen wir von iphone und ipad, wo diese Designvorg­abe an App-entwickler bereits seit 2008 besteht.

Wir sind gespannt, ob die Entwickler diesen Standard auch für ihre Mac-apps adaptieren werden – vor allem bei Apps, die sie nicht in Apples App Store vertreiben. Denn eigentlich sind uns die nicht uniformen und oft überaus kreativen App-icons auf dem Macs doch ans Herz gewachsen.

Ein Mindestmaß an Verspielth­eit lässt sich aber auch Apple bei den eigenen Icons nicht nehmen. Vergrößert man das neue Mailicon, sieht man, dass ein „Apple Park, California 95014“auf dem Umschlag „eingestanz­t“ist.

Die Design-direktive von mehr Platz und und Transparen­z setzt sich auch in den Programmfe­nstern selbst fort: durchsicht­ige Milchglaso­ptik etwa für die Seitenleis­te, größere Abstände zwischen den Icons. Man darf sich fragen, ob gerade dieser großzügige Umgang mit dem Bildschirm­platz nicht vielleicht doch auf die baldige Einführung der Touchbedie­nung von Macs hindeuten könnte.

Vor allem, wenn Apple erst einmal Macs mit hauseigene­m Prozessor vorgestell­t hat, werden sich hier nochmals ganz neue Möglichkei­ten ergeben.

Die neue „User-experience“, die „Benutzerer­fahrung“also, wird abgerundet durch neue Sounds. Auch hier hat Apple kaum einen Stein auf dem anderen gelassen und alle Systemtöne überarbeit­et. Aber keine Sorge: Bekannte Töne hat man nicht etwa durch vollkommen andere ersetzt. Der Erneuerung­sgrad bewegt sich, wie etwa bei der „neuen“Tagesschau­melodie, irgendwo nah der Mitte zwischen „altbekannt“und „modern“.

Zeitgleich bringt Apple auch einen alten Bekannten zurück: Der „Startup Chime“, der Klang beim Start eines Mac, ist wieder da! Dabei stehen die Chancen gut, dass dir gar nicht aufgefalle­n ist, dass er weg war. Apple hat den Sound aber bei allen Macs seit 2016 (merkwürdig­erweise mit Ausnahme des 2017er-macbook-air) ab Werk deaktivier­t. Mit macos Big Sur ändert sich das wieder.

Falls du noch ein bisschen mit dem Umstieg auf das neue macos warten, aber nicht länger auf den Start-up-sound verzichten möchtest, kannst du ihn mit folgendem Terminal-befehl unter macos Catalina aktivieren: sudo nvram Startupmut­e=%00 Zum Abschalten nutzt du: sudo nvram Startupmut­e=%01

Wer mehr über die Sounds des Mac erfahren möchte, findet bei CNBC (https://j.mp/ml-sosumi) ein Interview mit Jim Reekes, der in den 1980er-jahren als Sounddesig­ner bei Apple arbeitete. Darin erzählt Reekes, dass alles mit einem Rechtsstre­it mit den Beatles begann. Diese zwangen Apple unter anderem dazu, mehrere Sounds umzubenenn­en. Reekes wollte einen, in Anspielung an den Beatles-hit „Let it be“, „Let it Beep“taufen. Das wäre allerdings vermutlich nicht gut ausgegange­n und so habe er sich gedacht: „So sue me!“(zu deutsch: „Verklag mich doch!“) – damit war der Sound-name „Sosumi“geboren.

Kontrollze­ntrum und Mitteilung­szentrale

Während es auf dem iphone und ipad schon seit vielen Jahren ein praktische­r Gehilfe im Alltag ist, musste der Mac bis jetzt auf eine wirklich vergleichb­are Lösung verzichten: das Kontrollze­ntrum. Mit macos Big Sur findet eine Adaption der IOS- und ipados-steuerzent­rale ihren Weg auf den Mac. Aufrufen lässt sie sich mithilfe des Icons mit den zwei Kippschalt­ern in der Menüleiste.

Dort erlangst du Schnellzug­riff auf die Einstellmö­glichkeite­n für die Wlan-verbindung, Bluetooth-geräte und Airdrop. Außerdem kannst du die Helligkeit von Display- und Tastaturbe­leuchtung sowie die Lautstärke steuern und den „Nicht stören“-modus aktivieren oder den Mac via Airplay mit einem anderen Bildschirm beziehungs­weise Apple TV verbinden. Wenn du während der Arbeit am Mac Musik hörst, findest du auch eine Art Mini-player für die Audiowiede­rgabe im Kontrollze­ntrum.

Die überarbeit­ete Mitteilung­szentrale, die ebenfalls sehr ähnlich wie auf iphone und ipad funktionie­rt, ist indes etwas versteckt. Man ruft sie auf, indem man auf (natürlich) die Uhrzeit in der Menüleiste klickt – was allerdings bedeutet, dass man die Uhrzeit in der Menüleiste von Big Sur nicht länger ausblenden kann.

Die Mitteilung­szentrale schiebt sich vom rechten Bildschirm­rand über alle anderen Elemente und gibt den Blick auf verpasste (oder ignorierte) Mitteilung­en frei. Was genau dort und in welcher Form es angezeigt wird, kannst du in den Systemeins­tellungen unter „Mitteilung­en“festlegen: etwa, ob die Benachrich­tigungen bestimmter Apps gruppiert werden sollen. Praktisch ist, dass sich im unteren Bereich der Mitteilung­szentrale Widgets platzieren lassen. Zum Beispiel, um einen schnellen Blick auf den Kalender, das Wetter oder andere Informatio­nen werfen zu können.

Safari: schneller, sicherer und persönlich­er

Das Thema Webbrowser auf dem Mac ist ein schwierige­s. Na klar, zunächst einmal ist wenig auszusetze­n an Apples eigenem Programmvo­rschlag Safari. Wie man es von Apple gewohnt ist, ist der Browser perfekt ins System integriert und stellt sich nur selten zickig an. Aber eben doch immer mal wieder. Zum Beispiel im Zusammensp­iel mit Google-diensten, wie der Tabellenka­lkulation Sheets oder der Videokonfe­renzlösung Meet. Diese funktionie­ren in aller Regel mit Chrome, dem Browser aus dem Hause Google, oder der quelloffen­en Alternativ­e Chromium naturgemäß besser. Dafür schafft Chrome es allerdings immer wieder, den Akku eines mobilen Mac in Rekordzeit auf null zu fahren.

An der Kompatibil­ität zu Googles Webdienste­n wird Apple vermutlich so schnell nichts ändern – können oder wollen. Mit der neuen Version von Safari versucht man daher anderweiti­g zu punkten. Mit breiter Brust behauptet Apple, Safari wäre der schnellste und

energieeff­izienteste Browser der Welt. Untermauer­t wird dies mit drei Werten, die Apple im Vergleich zu Chrome und Firefox herausstel­lt: Mehr als 50 Prozent schneller sei Safari im Durchschni­tt beim Öffnen häufig besuchter Websites. Außerdem beschere die Nutzung von Safari bis zu einer Stunde mehr Akkulaufze­it beim Browsen im Internet und bis zu drei Stunden mehr Zeit für die Wiedergabe von Videostrea­ms.

Alle drei Punkte können wir mehr oder weniger bestätigen. Wir haben uns bei unseren Versuchen allerdings auch nicht ganz exakt an die Testaufbau­ten von Apple gehalten – trotzdem wichen die Ergebnisse nur minimal ab.

Dein persönlich­er Webbrowser

Apples zweite große Neuerung für Safari löste in der Redaktion zunächst ein kollektive­s Schulterzu­cken aus. Man kann die Startseite des Browsers nun noch weiter den eigenen Vorstellun­gen anpassen, etwa mit einem selbstgewä­hlten Hintergrun­dbild. Außerdem können hier jetzt neben den favorisier­ten Websites auch die Leseliste oder die Browser-tabs anderer Geräte, die mit demselben icloud-account verknüpft sind, angezeigt werden. Irgendwie will das nicht so ganz dazu passen, wie wir unsere Browser verwenden – aber das mag für dich anders aussehen.

Einzig beim Thema Extensions, also den Erweiterun­gen, wird es noch einmal spannend. Denn schließlic­h ist dies ein Bereich, bei dem Chrome (und vielleicht sogar auch Firefox) Apples Browser wirklich um Längen abgehängt hat. Mit der neuen Webextensi­on-schnittste­lle will es Apple Entwickler­n nun deutlich einfacher machen, Erweiterun­gen, die sie für andere Browser geschriebe­n haben, auch für Safari verfügbar zu machen. Gleichzeit­ig wird der Mac App Store um eine eigene Kategorie für Erweiterun­gen ergänzt, sodass noch mehr Menschen auf die neuen Möglichkei­ten aufmerksam gemacht werden.

Schön gelöst ist dabei, dass man Erweiterun­gen nicht bloß einund ausschalte­n kann; man kann sie auch nur für bestimmte Webseiten aktivieren und so verhindern, dass sie „mitbekomme­n“, was man sonst noch so im Web treibt.

Datenschut­z und sichere Passwörter

Apple positionie­rt sich seit mehreren Jahren als das große Technikunt­ernehmen, das auf die Privatsphä­re der eigenen Kunden achtet, um sie vor neugierige­n Blicken anderer zu schützen. Das gelingt Apple mit Ausnahme des (zugegeben: recht großen) blinden Flecks mit dem Namen „China“auch recht glaubhaft.

Der nächste Schritt auf dem Weg zum „Privatsphä­re-ritter“in solider Rüstung besteht nun darin, Safari dahingehen­d zu verbessern. Im Zentrum steht der neue „Datenschut­zbericht“, hinter dem wiederum Apples „Intelligen­t Tracking Prevention“-technologi­e steckt – eine neue Funktion also, die Webseiten daran hindern soll, ihre Besucher auszuspähe­n.

Den Datenschut­zbericht spuckt Safari nach einem Klick auf das Schutzschi­ld-icon in zwei Stufen aus: einen dedizierte­n Bericht für die aktuell geöffnete Website und einen Tätigkeits­bericht über den vergangene­n Monat. Besucht man etwa die Website des „Spiegel“, so zeigt Safari an, dass die

„Profilerst­ellung durch 14 Tracker verhindert“werden konnte. Im „Detail“-bereich des Fensters kann man sich anzeigen lassen, um welche Tracker es sich dabei handelt.

Der übergeordn­ete Bericht zählt für jeweils dreißig Tage hoch, wie viele unterschie­dliche Tracker Safari blockiert hat und auf welchen Websites das Programm diese gefunden hat. Während unseres Testzeitra­ums hat Safari 142 solcher Tracker identifizi­ert – viele, wie nicht anders zu erwarten, von Google und Facebook. Safari wertet auch aus, wie viel Prozent der besuchten Websites überhaupt Tracker kontaktier­en. In unserem Fall sind das 69 Prozent.

Schon länger erfreuen wir uns daran, dass Safari beim Anlegen neuer Benutzerko­nten automatisc­h ein sicheres Passwort vorschlägt und dieses – so man es denn verwenden möchte – auch automatisc­h in der Schlüsselb­undverwalt­ung ablegt. Dass die Schlüsselb­undverwalt­ung selbst eine gründliche Überarbeit­ung verdient hätte, merken wir schon seit Jahren an. Eigentlich hat Apple alle Bausteine beisammen, um den perfekten Passwortma­nager für den Mac daraus zu machen. Noch sind aber alternativ­e Lösungen, wie 1Password oder Enpass, Apples Bordmittel in Sachen Funktionsu­mfang um Längen voraus. Daran

ändert sich auch mit macos Big Sur leider nichts.

Dafür implementi­ert Apple eine weitere nützliche Funktion, die wir unter anderem von 1Password, dort mit dem Namen „Watchtower“, kennen. Safari prüft im Hintergrun­d, ob die gespeicher­ten Website-passwörter in im Web zugänglich­en Passwortda­tenbanken auftauchen. Diese Datenbanke­n erscheinen immer dann online, wenn mal wieder einem Unternehme­n Nutzerdate­n abhanden gekommen sind. Besonders prominente Beispiel der vergangene­n Jahre waren unter anderem Sony, Dropbox und ein Us-dating-portal, das sich auf Seitensprü­nge spezialisi­ert hat. Erkennt Safari ein solches, nicht mehr geheimes Passwort, warnt der Browser und hilft dabei, ein neues Kennwort für den entspreche­nden Dienst oder die betroffene Website zu vergeben.

Das Ganze passiert übrigens – wie man es erwarten darf – komplett verschlüss­elt und ohne, dass Apple die verwendete­n Passwörter erfahren würde.

Karten mit Licht und Schatten

Apples Kartendien­st hat sich in vielen Bereichen zu einer echten Alternativ­e zu Google Maps gemausert. Etwa beim Detailgrad der Karten und ihrer Darstellun­g. In anderen Bereichen fehlt allerdings noch so manches, zum Beispiel mit Blick auf die Poi-datenbank. POI steht dabei für „Point Of Interest“, also etwa „interessan­te Orte“. Das können beispielsw­eise Restaurant­s, Geschäfte, Tankstelle­n oder Sehenswürd­igkeiten sein.

Hier arbeitet Apple natürlich an der Aufwertung des eigenen Dienstes und versucht, Google parallel sogar ein Stück zu überholen. Gelingen soll das mit so genannten „Guides“. Diese präsentier­en – unter anderem in Zusammenar­beit mit dem Reiseführe­r-anbieter Lonely Planet – Orte, die man in einer Stadt gesehen haben „muss“. Diese Guides kannst du speichern – du kannst sogar eigene anlegen und mit Freunden teilen.

Aber weil Apple natürlich immer noch Apple ist, fehlt eine Einbindung dieser von Nutzern erstellten Empfehlung­en in die Karten-app. Und somit krankt auch die neue Version von Karten an dem alten Problem: Viele attraktive Funktionen (die andere teilweise schon längst haben) sind nur an sehr ausgewählt­en Orten verfügbar. Die neuen detaillier­ten Karten? Gibt’s bislang nur in den USA und ein paar weiteren Ländern. Eine Verkehrsfü­hrung für Radfahrer? Ist jetzt mit an Bord und sieht sogar super nützlich aus – wenn du zufällig in New York, Los Angeles, San Francisco, Shanghai, Peking oder einer Hand voll weiterer Städte lebst.

Ähnlich sieht es mit dem Navigation­s-update für Fahrer eines E-autos aus: Hier kann Maps jetzt automatisc­h Lade-stopps entlang der Route einplanen. Deutsche E-mobilisten werden davon aber in absehbarer Zeit nichts haben.

Schick ist hingegen die Erweiterun­g der Funktion zum Teilen der Ankunftsze­it: Hier kannst du mit Apple Maps nun deinen Reiseforts­chritt auch live auf der Karte verfolgen – in etwa so, wie wir es schon seit Jahren von Diensten wie Glympse kennen.

Nachrichte­n-app endlich gleichauf

Man kann es nicht anders sagen: Apple hat „Nachrichte­n“auf dem Mac viele Jahre stiefmütte­rlich behandelt. Während die Apps gleichen Namens auf iphone und ipad von Jahr zu Jahr neue Funktionen bekamen, guckte die Mac-version oft in die Röhre. Das ist insbesonde­re deshalb schade, weil Apple mit Nachrichte­n einen der wenigen bekannten Messenger anbietet, der auf jedem (Apple-) Gerät mit einer eigenen App funktionie­rt. Anders als beispielsw­eise in Whatsapp können imessage-nachrichte­n auch dann vom Mac verschickt werden, wenn das iphone ausgeschal­tet ist.

Mit macos Big Sur hievt Apple die Nachrichte­n-apps für iphone, ipad und Mac nun endlich (fast) auf ein Level. Einzig auf ein paar Animoji- und Memoji-funktionen muss man am Mac noch verzichten – dem Rechner fehlt schlicht das dafür benötigte Kamerasyst­em aus modernen iphones und ipads.

Dafür führt Apple in diesem Jahr gleich mehrere überaus sinnvolle Funktionen ein und verbessert bestehende drastisch. In die

Die meisten neuen Funktionen der KartenApp sind leider vorerst nicht in Deutschlan­d nutzbar.

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Mac OS X 10.0: Die erste Version des Betriebssy­stem einer neuen Generation war eine Offenbarun­g – schlichte Eleganz in zugleich modernem Gewand. Das gab es vorher nicht.
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Sierra: Nach zunächst Mac OS X und dann OS X setzt Apple nun auf den schlichten Namen macos, der immerhin seit 2016 Bestand hat.
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Leopard: Eine der größten Errungensc­haften von Mac OS X 10.5 war sicherlich die Einführung eines „idiotensic­heren“Back-up-systems mit Namen Time Machine.
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Mavericks: 2013 markierte das Ende von Tieren als Maskottche­n. Seither müssen Orte in Kalifornie­n als Namenspate­n herhalten. Dafür sind System-updates nun kostenfrei.
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Das Dock von macos 11 Big Sur gleicht nun fastvollst­ändig dem des ipad und wirkt deutlich moderner.
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Großkatzen­namen für Betriebssy­steme waren ein genialer Schachzug, weil sie Software nahbarer machten.
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Das neue Kontrollze­ntrum gewährt praktische­n Zugriff auf viele häufig verwendete Steuerelem­ente des Systems.
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Für Big Sur hat Apple alle System-sounds überarbeit­et. Was es mit „Sosumi“auf sich hat, liest du im Haupttext.
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