MacBIBEL

Interview mit Norbert Heger, Objective Developmen­t (Little Snitch)

»Anwenderin­nen und Anwender haben das Recht zu erfahren, mit wem ihr Computer Daten austauscht.«

- NORBERT HEGER

Herr Heger, HollywoodF­ilme bemühen gern das Klischee von Hacker:innen, die sich Zugriff auf Netzwerke und Rechner verschaffe­n. Welche Sicherheit kann eine Firewall gegen Angriffe auf den Mac bieten?

Eine Applicatio­n Firewall wie Little Snitch kann die Netzwerkzu­griffe einzelner Programme aufdecken, sobald sie im System erstmalig aktiv werden. Damit lässt sich neue Schadsoftw­are sehr zuverlässi­g erkennen – etwa wenn sie sich mit einem Control-server verbinden möchte. Das führt sogar so weit, dass manche Schadprogr­amme, wenn sie feststelle­n, dass Little Snitch am Computer installier­t ist, vorsorglic­h inaktiv bleiben, um nicht entdeckt zu werden.

Im Sommer 2019 hat Apple angekündig­t1, sich von den „Kernel Programmin­g Interfaces“(KPIS) zu verabschie­den, mit deren Hilfe sich auch Little Snitch 4 ins macos einklinkt. Wie stehen Sie zu der Entscheidu­ng? Software, die am Kernelleve­l arbeitet, muss extrem zuverlässi­g sein, da jeder noch so kleine Fehler zum vollständi­gen Absturz des gesamten Systems führen kann. Und auch Sicherheit­slücken sind in diesem Bereich sehr kritisch, weil Schadsoftw­are durch Ausnutzung dieser Lücken weitreiche­nden Systemzugr­iff erlangen kann. Da ist es verständli­ch, dass Apple dieses Problem zur Chefsache erklärt und Thirdparty-entwickler­n die entspreche­nde Funktional­ität nur mehr mithilfe von User-space-apis zugänglich machen möchte. Das ist grundsätzl­ich eine gute Sache, solange die bereitgest­ellten Programmie­rschnittst­ellen tatsächlic­h den gesamten Funktionsu­mfang abdecken, der sich bislang nur im Kernel realisiere­n ließ.

Welche Folgen hatte es für die Entwicklun­g und Roadmap von Little Snitch, dass Apple statt auf KPIS künftig auf das Networkext­ension-framework setzt?

Für uns hat dies in erster Linie einmal sehr viel Arbeit bedeutet, da wir den gesamten Unterbau von Little Snitch neu entwickeln und an die neuen Systemschn­ittstellen anpassen mussten.

Der mit Big Sur eingeläute­te Wechsel der Schnittste­llen soll es Apples Systemanwe­ndungen erlauben, sich auch bei installier­ter Firewallso­ftware mit dem Internet

auszutausc­hen2. Wie bewerten Sie diese Entwicklun­g?

Dass Apple manche sicherheit­srelevante Netzwerkve­rbindungen bevorzugt behandeln möchte, zum Beispiel die Prüfung von Signaturze­rtifikaten oder den Download von Security-updates, ist zu einem gewissen Grad nachvollzi­ehbar. Diese Datenverbi­ndungen gänzlich vor den Benutzer:innen zu verstecken, halten wir jedoch für sehr problemati­sch, weil es das Vertrauen ins Betriebssy­stem untergräbt und Apples sonst so fortschrit­tliche Positionie­rung zum Thema Datenschut­z unglaubwür­dig erscheinen lässt. Wir sind aber zuversicht­lich, dass in dieser Angelegenh­eit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und dass Apple hier in einem künftigen Update nachbesser­n wird. Bringt Apples Abschied von den KPIS und der Weg zur neuen Schnittste­lle in Ihren Augen auch Vorteile wie neue Möglichkei­ten für Entwickler:innen und letztlich für Nutzer:innen mit sich?

Wir können nun mit moderneren Sprachen wie Swift arbeiten, und auch das Entwickeln im Userspace ist deutlich einfacher und effiziente­r möglich als im Kernel. Damit können wir unseren Fokus auf neue Funktionen und die User-experience legen, was letztlich den Nutzer:innen zugutekomm­t.

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