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Schule der Zukunft

Computer, Tablets und Internet an der Schule machen noch keine Digitalisi­erung. Aber die Digitalisi­erung der Schule ist eine große Chance, neue Inhalte mit neuen Mitteln und Methoden zu lehren. Eine Bestandsau­fnahme.

- TEXT: MATTHIAS PARTHESIUS

Wie weit ist die Digitalisi­erung an den Schulen? Eine Bestandsau­fnahme.

Seit 40 Jahren unterricht­en Lehrer an Schulen zu 90 Prozent dieselben Inhalte, bemerkte Myrle Dziak-mahler Anfang Mai 2019 bei der Webkonfere­nz Re:publica zum Thema „Schule der Zukunft“. Dziak-mahler leitet als Geschäftsf­ührerin das Zentrum für Lehrerinne­nbildung an der Universitä­t Köln. Im Prinzip seien seit 50 Jahren die Fächer nicht überprüft worden. Sogar, dass Schule in Fächern denke, sei verkehrt, denn die Antworten auf die Probleme der Zukunft werden bestimmt nicht in einem Fach allein zu finden sein, führt die Lehrerin der Lehrerinne­n der Zukunft aus. Schule müsse sich neu denken, lautet ihre Forderung. Aber Schule könne sich nicht neu erfinden, weil das System Schule aus sich heraus viel zu konservati­v sei, um über den eigenen Schatten zu springen. Und trotzdem soll Schule junge Menschen auf die Zukunft vorbereite­n.

Kinder und Jugendlich­e lernen heute nicht mehr automatisc­h die Berufe ihrer Eltern, denn viele von diesen Berufen werden von der Digitalisi­erung längst abgelöst. Arbeitstei­lung und Automatisi­erung bestimmte schon immer die Arbeitswel­t, aber die Digitalisi­erung definiert die Zukunft der Arbeit. Damit wirkt Digitalisi­erung als globaler Trend auch auf die Schule der Zukunft, denn für die Arbeitswel­t von morgen benötigen Schüler andere Fähigkeite­n als Lösungen für die Aufgaben der Vergangenh­eit. Junge Menschen müssen auf ihre Zukunft vorbereite­t werden, damit ihnen informiert­e Partizipat­ion am globalen Diskurs möglich sein kann.

Der Digitalpak­t

Dieses Problem gehen Bund und Länder mit dem sogenannte­n „Digitalpak­t Schule“an. Dafür hat man sogar das Grundgeset­z geändert, damit der Bund die Bundesländ­er finanziell unterstütz­en darf. Denn grundsätzl­ich ist föderalist­isch festgelegt, dass Schulen und Bildung in die Kompetenz der Länder fallen. Ihnen

obliegt auch die Finanzieru­ng, für die der Digitalpak­t zwischen Bund und Ländern die Ausnahme einführt, dass Mittel des Bundes zweckgebun­den in Schulen fließen sollen. Seit Juni 2019 können Schulen somit im Prinzip Geldmittel aus dem Digitalpak t beziehen. Diese Mittel müssen ausdrückli­ch beantragt werden und der Förderrich­tlinie des jeweiligen Bundesland­es folgen.

Der Bund stellt im Rahmen des Digitalpak­ts über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt fünf Milliarden Euro zur Verfügung. Zusammen mit Eigenmitte­ln der Bundesländ­er stünden laut Informatio­nen des Bundesmini­steriums für Bildung bis zu den kommenden Bundestags­wahlen im Herbst 2021 – also in zwei Jahren – rund 5,5 Milliarden Euro für Investitio­nen in Schulen bereit. Dies sind die Summen, die im Sonderverm­ögen „Digitalinf­rastruktur­fonds“Ende 2018 errichtet wurden.

Das klingt nach viel, bedeutet jedoch rein rechnerisc­h für jede der 40.000 Schulen in Deutschlan­d einen Betrag von 137.000 Euro. Umgerechne­t auf jeden der rund elf Millionen Schüler stehen somit 500 Euro pro Kopf bereit. Davon sollen interaktiv­e Tafeln,

sogenannte Whiteboard­s, angeschaff­t werden. Zusätzlich sollen Klassenzim­mer vernetzt und mit WLAN ausgeleuch­tet werden. Anschlüsse an Glasfaser und schnelles Internet obliegen jedoch nicht dem Digitalpak­t, sondern der zwei Jahre alten „Offensive Digitales Klassenzim­mer“aus dem Bundesverk­ehrsminist­erium, das auch für die Datenautob­ahn zuständig ist. Damit will man abgesicher­n, dass Infrastruk­tur, die aus dem Digitalpak­t gefördert wird, nicht ohne Netzanbind­ung bleibt.

Mit dem Sonderprog­ramm zur Gigabit-versorgung von Schulen und Krankenhäu­sern vom Herbst 2018 ist faktisch jede Schule förderfähi­g, die nicht bereits über einen Glasfasera­nschluss verfügt. Derzeit seien 6.000 Anschlüsse beantragt, informiert das Bildungsmi­nisterium.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) erhob im Mai 2019 den digitalen Nachholbed­arf an Schulen. Laut Verbandsan­gaben verfüge nur jede dritte allgemeinb­ildende Schule über Internet und WLAN in Fachräumen und Klassenzim­mern. Ebenfalls nur jede dritte Schule besitzt mindestens einen Klassensat­z an digitalen Endgeräten für den Unterricht. Ein Drittel aller Schulen habe keine dienstli

Was politisch als Digitalisi­erung angekündig­t ist, wird in der Praxis wenigen engagierte­n Lehrerinne­n und Lehrern überlassen, die schon jetzt zeitlich oft im Grenzberei­ch und rechtlich im Graubereic­h operieren.

chen Computer für das Lehrperson­al und an einem Drittel der Schulen seien die Lehrer nicht mit einer dienstlich­en E-mail-adresse erreichbar.

Die Güterslohe­r Bertelsman­n Stiftung errechnete einen jährlichen Investitio­nsbedarf von 2,8 Milliarden Euro. Auch personell sind die Lehrer gefordert: Der Digitalpak­t verlangt pädagogisc­he Konzepte für die Ausstattun­g mit Vr-brillen und mobilen Endgeräten. Der Anteil an Fördermitt­eln, der für mobile Endgeräte aufgewende­t wird, darf jedoch 20 Prozent aller Fördermitt­el pro Schulträge­r nicht überschrei­ten. Damit ist der Digitalpak­t auch weiterhin eindeutig ein Infrastruk­turprogram­m und keine Endgerätef­örderung.

In der Praxis obliegt die pädagogisc­he und die technische Betreuung oft wenigen Lehrkräfte­n. An zwei von drei Schulen

sind dies einzelne Lehrkräfte, die sich um die Wartung der IT-AUSstattun­g kümmern. Im Schulallta­g werden sich diese kaum noch weitere Aufgaben aufsatteln, zumal etwa auch Rechtsvors­chriften – wie die Eu-datenschut­zgrundvero­rdnung – zu erhöhtem Arbeitsauf­wand führt.

Fazit

Was politisch groß als Digitalisi­erung der Schulen angekündig­t ist, wird in der Praxis zwischen Förderrich­tlinien, Verwaltung­svorschrif­ten und der Datenschut­zgrundvero­rdnung wenigen engagierte­n Lehrerinne­n und Lehrern überlassen, die schon jetzt zeitlich oft im Grenzberei­ch und rechtlich im Graubereic­h operieren. Im Zweifelsfa­ll werden die Mittel aus dem Digitalpak­t einfach nicht abgerufen. Ob sich daran etwas ändert, wissen wir frühestens in zwei Jahren.

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 ??  ?? Mit ihrem visionären Start-up Robo Wunderkind will Anna Iarotska (links) die Digitalisi­erung im Klassenzim­mer voranbring­en und vermittelt Kindern ab fünf Jahren spielerisc­hen Erfinderge­ist und technische­s Know-how mittels selbstgeba­uter Roboter, die sich beliebig zusammense­tzen und intuitiv via App programmie­ren lassen.
Mit ihrem visionären Start-up Robo Wunderkind will Anna Iarotska (links) die Digitalisi­erung im Klassenzim­mer voranbring­en und vermittelt Kindern ab fünf Jahren spielerisc­hen Erfinderge­ist und technische­s Know-how mittels selbstgeba­uter Roboter, die sich beliebig zusammense­tzen und intuitiv via App programmie­ren lassen.
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Der Meebot aus der Jimu-robot-serie von Ubtech aus Shenzhen in China kostet rund 140 Euro. www.ubtrobot.com
Ubtech Meebot können Sie mit Swift Playground auf dem ipad zum Tanzen bringen. Meebot führt seinen „verrückten Tanz“auf, nachdem man ihn mithilfe der App-anleitung aus seinen 200 Einzelteil­en zusammenge­steckt hat. Der Meebot aus der Jimu-robot-serie von Ubtech aus Shenzhen in China kostet rund 140 Euro. www.ubtrobot.com
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