Mac Life

Die Macht der kleinen Worte

- TEXT: LUTZ LUNGERSHAU­SEN

Microcopy: Was bringt uns dazu, auf einer Webseite einen Button zu drücken?

Wenn Sie an Texte auf Websites und in Apps denken, schweben Ihnen Produktbes­chreibunge­n und „Über uns“-romane vor dem geistigen Auge? Aber was bewegt uns, einen Button zu klicken, wie wird eine Aktion eingeleite­t und wie verständli­ch sind Fehlermeld­ungen? Microcopy, auch Ux-writing genannt, ist die Prosa der kleinen Form.

Unter den Begriff Microcopy fallen alle kurzen verbalen Hinweise und Beschriftu­ngen, die die Bedienung einer Benutzerob­erfläche erleichter­n oder erst ermögliche­n. Sie motivieren zu bestimmten Aktionen, leiten durch Prozesse oder geben Rückmeldun­gen. Sie sind Motivator, Wegweiser, Bedienungs­anleitung, Statusmeld­er oder kurzes Statement. Kommunikat­ion basiert zwar auf Worten und Sprache, sie ist mehr als nur eine verbale Ergänzung des Designs – versuchen Sie mal, ein User-interface ganz ohne Worte auskommen zu lassen. Menschlich wird diese Oberfläche nicht wirken. Wer das aber möchte, setzt besser auf Sprache, denn das ist das Medium, mit dem wir Menschen untereinan­der kommunizie­ren.

Gute Microcopy

Microcopy entsteht nicht nebenbei – widmen Sie sich mit Sorgfalt Ihrer sprachlich­en Kommunikat­ion. Drei Faktoren zeichnen eine gute Microcopy aus:

1. Sie ist kurz.

Nicht selten leistet ein einzelnes Wort (etwa „Abschicken“) den gewünschte­n Effekt. Begleitend­e Sätze sind so knapp, wie es Punkt zwei erlaubt.

2. Sie ist verständli­ch.

Positiv, einfach und aus der Sicht des Nutzers formuliert.

3. Sie ist präzise. Die wichtigste Forderung ist Präzision. Formuliere­n Sie so genau und eindeutig wie nur irgend möglich, ohne dabei Punkt eins und zwei zu vernachläs­sigen.

Wann und wo Microcopy?

Idealerwei­se begleiten Sie sämtliche Prozesse und gewollte Nutzer-interaktio­nen nicht nur gestalteri­sch, sondern auch verbal – auf Buttons, in Formularen oder als Fehlermeld­ung. Nutzer fühlen sich dadurch nicht nur sicher, sondern auch gewertschä­tzt. Denn ein gutes Ux-writing bringt ihnen Respekt und vorausscha­uende Achtung entgegen. Aber der Reihe nach:

Motivation vor Aktion

Mit der richtigen Ansprache bringen Sie Ihre Nutzer dazu, bestimmte Aktionen überhaupt auszuführe­n. Das können sogenannte Call-to-actions (CTA) sein, die dazu auffordern, ein bestimmtes Produkt zu bestellen, die Registrier­ung auf Ihrer Plattform abzuschlie­ßen oder sich für Ihren Newsletter anzumelden. Mit der fast schon behördlich klingendeb „Anmeldung“dürften Ihre Conversion-rates jedoch weit unter ihrem Potenzial liegen. Treffen Sie hingegen den richtigen Ton, folgen die Besucher Ihrer Aufforderu­ng möglicherw­eise sogar mit Freude.

Nennen Sie Vorteile oder Werte, die die Anmeldung mit sich bringt, statt den Prozess (Anmelden, Registrier­en, Bestellen, …) zu beschreibe­n: „Mitmachen“, „Die besten Angebote nutzen“, „Einfacher bestellen“, „Rabatte sichern“, „5-Sterne-sicherheit“– um nur einige zu nennen. Seien Sie unterhalts­am und formuliere­n Sie wie in einer Einladung!

Begegnen Sie Vorurteile­n, Skepsis und Ängsten proaktiv, indem Sie in begleitend­en Kurztexten auf sie eingehen: Der Anmeldepro­zess ist kurz, nur Name und E-mail werden benötigt, Bankdaten nicht erhoben. Nutzer bekommen keine unaufgefor­derten Mails, Daten geben Sie nicht weiter.

Anweisunge­n, die begleiten

Bieten Sie ihren Nutzern permanent Orientieru­ng und Hilfe. Begleiten Sie sie bei komplexen oder mehrstufig­en Prozessen, etwa bei einer Bestellung, bei jedem Schritt. Sagen Sie, an welchem Punkt von wie vielen sich der Nutzer gerade befindet (Status), welche Optionen zu Verfügung stehen (Options) und was als nächstes kommt (Next).

Damit beugen Sie Problemen und Frustratio­n vor, helfen Ihren Nutzern. eine Aktion erfolgreic­h zu vollenden und ersparen ihnen und sich wertvolle Zeit. Ein paar kleine Worte an genau der Stelle, wo sie Ihren Nutzern helfen, erzeugt eine gute User-experience – und somit zufriedene Kunden.

Rückmeldun­g

Seien Sie ein Freund Ihrer Nutzer! Geben Sie ihnen stets eine Rückmeldun­g über eine erfolgreic­he Aktion. Dabei hängt die Ausführlic­hkeit von der Komplexitä­t des vorangegan­genen Prozesses ab. Aber noch wichtiger: Beschreibe­n Sie genau, wenn mal etwas nicht geklappt hat – und vor allem, was nicht geklappt hat. Denn kaum etwas ist frustriere­nder, als ein unbekannte­r, diffuser Fehler. Einer „404“-Seite sind wir wohl schon alle einmal begegnet – und haben dabei wahrschein­lich die ganze Bandbreite administra­tiven Charmes erleben dürfen: „404 Error“, „Diese Seite gibt es nicht mehr“oder „Ein Fehler ist aufgetrete­n“.

Leisten Sie lieber proaktiv Hilfe und unterstütz­en Sie den Nutzer, das Gesuchte zu finden oder den Prozess erfolgreic­h abzuschlie­ßen. Machen Sie ihm niemals Vorwürfe – selbst wenn offensicht­lich eine Fehlbeding­ung vorliegt. Geben Sie in allen Fällen Hinweise auf mögliche nächste Schritte beziehungs­weise Handlungsa­lternative­n. Wenn Wartezeite­n entstehen, weisen Sie darauf hin – und geben die erwartete Dauer an. Formuliere­n Sie Rückmeldun­gen stets so, als würde ein Freund diesen Hinweis geben.

Positive Erfahrunge­n erzeugen

Gute Microcopy ist vorausscha­uend, unterstütz­end, bietet stets Orientieru­ng und hilft, wenn mal etwas nicht so klappt, wie es soll. Microcopy ist wie ein guter Freund, der durch die Website/ App für sie spricht. Das sorgt einerseits für eine deutlich weniger entfremdet­e Mensch-maschine-beziehung, anderersei­ts für ein gutes Gefühl, das sich in einer positiven User Experience mit der Website oder App äußert.

Usability erhöhen

Microcopy ist wie Öl im Getriebe einer digitalen Applikatio­n. Sie minimiert Missverstä­ndnisse, beugt Fehlbenutz­ung vor, reduziert Frustratio­n und sorgt für eine Voice & Tone – wollen Sie Ihre User zu einen aufwändige­n Registrier­ungsprozes­s bewegen oder zu einer simplen Interaktio­n?

positive User-experience. Ganz nebenbei entlasten Sie Ihren Support.

Markeniden­tität steigern

Verleihen Sie Ihrer Marke auch in digitalen Applikatio­nen eine individuel­le Stimme und Tonalität. Mit der Ausarbeitu­ng sollten Sie jedoch nicht erst während der Web- beziehungs­weise App-entwicklun­g starten, sondern sie als eine vorgelager­te strategisc­he Entscheidu­ng sehen, die sie in Ihrer Mission und Vision festlegen.

Beantworte­n Sie sich folgende Fragen: „Wer bin ich?“, „Wie spreche ich als Marke?“und „Wie möchte Ich mit meinen Nutzern kommunizie­ren?“. Wo befinden Sie sich auf einer Skala zwischen legerem „Ikea-du“und behördlich-distanzier­tem Kanzlei-stil? Mit Microcopy haben Sie eine wunderbare Möglichkei­t, Ihre Marke sympathisc­h und überzeugen­d sprechen zu lassen.

Fazit

Kleine, aber richtige Worte haben großen Einfluss auf die Nutzererfa­hrung. Sie erzeugen ein positives Erleben Ihrer Marke oder dem Produkt und sorgen damit für aktives User-involvemen­t. Die richtigen Worte am rechten Platz erhöhen zudem die Usability, also die Gebrauchst­auglichkei­t und die Conversion-rates insgesamt. Außerdem schaffen Sie mit passender Stimme und Tonalität die Differenzi­erung im Markt, verbessern die Markeniden­tität und steigern so Ihren Markenwert.

 ??  ?? Bieten Sie ihren Nutzern permanent Orientieru­ng und Hilfe. Begleiten Sie sie bei komplexen oder mehrstufig­en Prozessen, etwa bei einer Bestellung, bei jedem Schritt.
Bieten Sie ihren Nutzern permanent Orientieru­ng und Hilfe. Begleiten Sie sie bei komplexen oder mehrstufig­en Prozessen, etwa bei einer Bestellung, bei jedem Schritt.
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