Die Macht der kleinen Worte
Microcopy: Was bringt uns dazu, auf einer Webseite einen Button zu drücken?
Wenn Sie an Texte auf Websites und in Apps denken, schweben Ihnen Produktbeschreibungen und „Über uns“-romane vor dem geistigen Auge? Aber was bewegt uns, einen Button zu klicken, wie wird eine Aktion eingeleitet und wie verständlich sind Fehlermeldungen? Microcopy, auch Ux-writing genannt, ist die Prosa der kleinen Form.
Unter den Begriff Microcopy fallen alle kurzen verbalen Hinweise und Beschriftungen, die die Bedienung einer Benutzeroberfläche erleichtern oder erst ermöglichen. Sie motivieren zu bestimmten Aktionen, leiten durch Prozesse oder geben Rückmeldungen. Sie sind Motivator, Wegweiser, Bedienungsanleitung, Statusmelder oder kurzes Statement. Kommunikation basiert zwar auf Worten und Sprache, sie ist mehr als nur eine verbale Ergänzung des Designs – versuchen Sie mal, ein User-interface ganz ohne Worte auskommen zu lassen. Menschlich wird diese Oberfläche nicht wirken. Wer das aber möchte, setzt besser auf Sprache, denn das ist das Medium, mit dem wir Menschen untereinander kommunizieren.
Gute Microcopy
Microcopy entsteht nicht nebenbei – widmen Sie sich mit Sorgfalt Ihrer sprachlichen Kommunikation. Drei Faktoren zeichnen eine gute Microcopy aus:
1. Sie ist kurz.
Nicht selten leistet ein einzelnes Wort (etwa „Abschicken“) den gewünschten Effekt. Begleitende Sätze sind so knapp, wie es Punkt zwei erlaubt.
2. Sie ist verständlich.
Positiv, einfach und aus der Sicht des Nutzers formuliert.
3. Sie ist präzise. Die wichtigste Forderung ist Präzision. Formulieren Sie so genau und eindeutig wie nur irgend möglich, ohne dabei Punkt eins und zwei zu vernachlässigen.
Wann und wo Microcopy?
Idealerweise begleiten Sie sämtliche Prozesse und gewollte Nutzer-interaktionen nicht nur gestalterisch, sondern auch verbal – auf Buttons, in Formularen oder als Fehlermeldung. Nutzer fühlen sich dadurch nicht nur sicher, sondern auch gewertschätzt. Denn ein gutes Ux-writing bringt ihnen Respekt und vorausschauende Achtung entgegen. Aber der Reihe nach:
Motivation vor Aktion
Mit der richtigen Ansprache bringen Sie Ihre Nutzer dazu, bestimmte Aktionen überhaupt auszuführen. Das können sogenannte Call-to-actions (CTA) sein, die dazu auffordern, ein bestimmtes Produkt zu bestellen, die Registrierung auf Ihrer Plattform abzuschließen oder sich für Ihren Newsletter anzumelden. Mit der fast schon behördlich klingendeb „Anmeldung“dürften Ihre Conversion-rates jedoch weit unter ihrem Potenzial liegen. Treffen Sie hingegen den richtigen Ton, folgen die Besucher Ihrer Aufforderung möglicherweise sogar mit Freude.
Nennen Sie Vorteile oder Werte, die die Anmeldung mit sich bringt, statt den Prozess (Anmelden, Registrieren, Bestellen, …) zu beschreiben: „Mitmachen“, „Die besten Angebote nutzen“, „Einfacher bestellen“, „Rabatte sichern“, „5-Sterne-sicherheit“– um nur einige zu nennen. Seien Sie unterhaltsam und formulieren Sie wie in einer Einladung!
Begegnen Sie Vorurteilen, Skepsis und Ängsten proaktiv, indem Sie in begleitenden Kurztexten auf sie eingehen: Der Anmeldeprozess ist kurz, nur Name und E-mail werden benötigt, Bankdaten nicht erhoben. Nutzer bekommen keine unaufgeforderten Mails, Daten geben Sie nicht weiter.
Anweisungen, die begleiten
Bieten Sie ihren Nutzern permanent Orientierung und Hilfe. Begleiten Sie sie bei komplexen oder mehrstufigen Prozessen, etwa bei einer Bestellung, bei jedem Schritt. Sagen Sie, an welchem Punkt von wie vielen sich der Nutzer gerade befindet (Status), welche Optionen zu Verfügung stehen (Options) und was als nächstes kommt (Next).
Damit beugen Sie Problemen und Frustration vor, helfen Ihren Nutzern. eine Aktion erfolgreich zu vollenden und ersparen ihnen und sich wertvolle Zeit. Ein paar kleine Worte an genau der Stelle, wo sie Ihren Nutzern helfen, erzeugt eine gute User-experience – und somit zufriedene Kunden.
Rückmeldung
Seien Sie ein Freund Ihrer Nutzer! Geben Sie ihnen stets eine Rückmeldung über eine erfolgreiche Aktion. Dabei hängt die Ausführlichkeit von der Komplexität des vorangegangenen Prozesses ab. Aber noch wichtiger: Beschreiben Sie genau, wenn mal etwas nicht geklappt hat – und vor allem, was nicht geklappt hat. Denn kaum etwas ist frustrierender, als ein unbekannter, diffuser Fehler. Einer „404“-Seite sind wir wohl schon alle einmal begegnet – und haben dabei wahrscheinlich die ganze Bandbreite administrativen Charmes erleben dürfen: „404 Error“, „Diese Seite gibt es nicht mehr“oder „Ein Fehler ist aufgetreten“.
Leisten Sie lieber proaktiv Hilfe und unterstützen Sie den Nutzer, das Gesuchte zu finden oder den Prozess erfolgreich abzuschließen. Machen Sie ihm niemals Vorwürfe – selbst wenn offensichtlich eine Fehlbedingung vorliegt. Geben Sie in allen Fällen Hinweise auf mögliche nächste Schritte beziehungsweise Handlungsalternativen. Wenn Wartezeiten entstehen, weisen Sie darauf hin – und geben die erwartete Dauer an. Formulieren Sie Rückmeldungen stets so, als würde ein Freund diesen Hinweis geben.
Positive Erfahrungen erzeugen
Gute Microcopy ist vorausschauend, unterstützend, bietet stets Orientierung und hilft, wenn mal etwas nicht so klappt, wie es soll. Microcopy ist wie ein guter Freund, der durch die Website/ App für sie spricht. Das sorgt einerseits für eine deutlich weniger entfremdete Mensch-maschine-beziehung, andererseits für ein gutes Gefühl, das sich in einer positiven User Experience mit der Website oder App äußert.
Usability erhöhen
Microcopy ist wie Öl im Getriebe einer digitalen Applikation. Sie minimiert Missverständnisse, beugt Fehlbenutzung vor, reduziert Frustration und sorgt für eine Voice & Tone – wollen Sie Ihre User zu einen aufwändigen Registrierungsprozess bewegen oder zu einer simplen Interaktion?
positive User-experience. Ganz nebenbei entlasten Sie Ihren Support.
Markenidentität steigern
Verleihen Sie Ihrer Marke auch in digitalen Applikationen eine individuelle Stimme und Tonalität. Mit der Ausarbeitung sollten Sie jedoch nicht erst während der Web- beziehungsweise App-entwicklung starten, sondern sie als eine vorgelagerte strategische Entscheidung sehen, die sie in Ihrer Mission und Vision festlegen.
Beantworten Sie sich folgende Fragen: „Wer bin ich?“, „Wie spreche ich als Marke?“und „Wie möchte Ich mit meinen Nutzern kommunizieren?“. Wo befinden Sie sich auf einer Skala zwischen legerem „Ikea-du“und behördlich-distanziertem Kanzlei-stil? Mit Microcopy haben Sie eine wunderbare Möglichkeit, Ihre Marke sympathisch und überzeugend sprechen zu lassen.
Fazit
Kleine, aber richtige Worte haben großen Einfluss auf die Nutzererfahrung. Sie erzeugen ein positives Erleben Ihrer Marke oder dem Produkt und sorgen damit für aktives User-involvement. Die richtigen Worte am rechten Platz erhöhen zudem die Usability, also die Gebrauchstauglichkeit und die Conversion-rates insgesamt. Außerdem schaffen Sie mit passender Stimme und Tonalität die Differenzierung im Markt, verbessern die Markenidentität und steigern so Ihren Markenwert.