Mac Life

Apple und der Datenschut­z

Apple unterstrei­cht immer wieder seine Bemühungen für mehr Datensiche­rheit. Gleichzeit­ig hat nicht zuletzt der Siri-abhörskand­al das Image beschädigt. Was tut Apple wirklich, um Ihre Daten zu schützen? Und wo liegt der Unterschie­d zu anderen Anbietern? Wi

- TEXT: THOMAS RAUKAMP UND ALEX BLAKE

Wie gut schützt Apple Ihre Daten wirklich?

Es war der 01. Juni 2010, als Steve Jobs das Verständni­s seines Unternehme­ns von Datenschut­z unmissvers­tändlich festlegte: „Privatsphä­re meint, dass Leute wissen, wofür sie sich entscheide­n, in klaren Formulieru­ngen und in jedem einzelnen Fall“, sagte der damalige Apple-ceo in einem öffentlich­en Interview auf der „D8 Conference“des Onlinemaga­zins „All Things Digital“.

Ob Jobs mit dem heutigen Zustand des Unternehme­ns, das er mitbegründ­et und über Jahre geprägt hat, in Sachen Datensiche­rheit zufrieden wäre? Schwer zu sagen. Auf der einen Seite wird man in Cupertino nicht müde, die Vorzüge der eigenen Geräte und ihrer Betriebssy­steme auf Keynotes und großflächi­gen Werbeanzei­gen anzupreise­n. Auf der anderen Seite ist auch Apple längst mehrfach über die eigenen Ansprüche gestolpert, was das Vertrauen in die einstmals „weiße Weste“erschütter­t hat; jüngstes Beispiel ist das Protokolli­eren von Konversati­onen mit dem auf jedem iphone installier­ten Sprachassi­stenten Siri durch Drittunter­nehmen – eine Praxis, mit der auch Amazon und Google in die Schlagzeil­en gerieten.

Die vorschnell­e Schlussfol­gerung, dass Apple daher auch nicht besser als andere Unternehme­n sei, geht jedoch an den eigentlich­en Herausford­erungen des Schutzes der Privatsphä­re im digitalen Kontext vorbei. Die Frage sollte vielmehr lauten: Welchen Ansatz wählt Apple – und wie unterschei­det sich dieser von anderen Anbietern? Denn hier offenbaren sich in der Tat signifikan­te Unterschie­de.

Hereinspaz­iert!

Ein gutes Beispiel für Apples Nutzung moderner Technik zum Schutz der Privatsphä­re ist der auf die WWDC 2019 vorgestell­te Log-in-dienst „Mit Apple anmelden“. Anders als etwa die bekannten zeitsparen­den Log-in-möglichkei­ten für Webseiten und Onlineshop­s mithilfe der eigenen Google- und Facebook-da

ten setzt Apple primär auf die Identifizi­erung des Nutzers per Gesichtsun­d Fingerabdr­uckerkennu­ng. Das oft schwächste Glied der Kette, nämlich die Übermittlu­ng eines Passworts, umgeht man damit. Alternativ steht die Nutzung der Apple ID zur Auswahl. Apple setzt dabei auf eine zeitgemäße Zwei-faktor-authentifi­zierung, was für zusätzlich­e Sicherheit sorgt.

Warum dieser Aufwand? Craig Federighi, Software-entwicklun­gschef bei Apple, erklärt dazu: „Andere Dienste teilen persönlich­e Daten allzu oft im Hintergrun­d oder nutzen sie zur Verfolgung von Nutzerspur­en im Netz. Wir möchten hier einen Ausweg anbieten.“

Doch auch die aktuelle macos-version Catalina lässt Apples datensensi­tive Herangehen­sweise erkennen: Die neugestalt­ete „Wo ist?“-app etwa setzt auf anonymisie­rte, verschlüss­elte Bluetooth-signale zur Lokalisier­ung von Geräten und Freunden. Laut eigenen Angaben kann nicht einmal Apple selbst Ihren Mac identifizi­eren oder den Rechnersta­ndort bestimmen.

Doch Catalina verschärft auch beim Systemzugr­iff die Sicherheit. Mac-programme müssen nun explizit die Zustimmung des Nutzer einholen, bevor sie auf Dateien etwa im „Dokumente“-ordner oder auf externen Laufwerken zugreifen dürfen. Möchte eine

App Ihre Tastaturei­ngaben auslesen oder gar auf die Videokamer­a zugreifen, müssen Sie ihr vorab diese Erlaubnis erteilen – ganz so, wie man es vom Smartphone kennt.

Apropos iphone: Auch hier möchte Apple das Bewusstsei­n für Datensiche­rheit beim Nutzer bewusst erhöhen. So erhält dieser einen Hinweis, sobald eine App versucht, die Lokalisier­ungsdaten im Hintergrun­d abzufragen. Laden Sie Fotos etwa zu Instagram oder Facebook hoch, erlaubt Ihnen Apple die Deaktivier­ung der enthaltene­n Ortsangabe­n. Zudem untersagt es Apple Drittentwi­cklern, Rückschlüs­se auf den Nutzerstan­dort anhand seiner Wi-fioder Bluetooth-daten zu ziehen.

Geschäftsm­odelle anderer It-unternehme­n, wie etwa Google oder Facebook, basieren hingegen nicht selten auf der Auswertung eben dieser Daten. Selbst, wer darin nicht zwingend etwas Verwerflic­hes erkennen mag, muss anerkennen, dass Apple einen grundsätzl­ich anderen Ansatz in seinen Diensten zu implementi­eren versucht. Setzt etwa Google nicht zuletzt zur technische­n Verbesseru­ng seiner Angebote und Apps recht offensiv auf die Analyse von Nutzerdate­n, stellt Apple die Unkenntlic­hmachung dieser Informatio­nen in den Vordergrun­d.

Siri und die liebe Sicherheit

Sprachassi­stenten „genießen“seit ihrer Einführung einen eher zweifelhaf­ten Ruf, lauern sie doch ständig auf ihren Aufruf. Um zeitnah zu reagieren, müssen sie quasi permanent ihre Umgebungsg­eräusche überwachen. Um die Konversati­on mit dem Nutzer zu verbessern, ist zudem eine ständige Auswertung der Sprachdate­n notwendig. Diese erfolgt in der Regel durch maschinell­es Lernen – in wenigen Fällen ist jedoch ein konkretes Mithören durch menschlich­e Mitarbeite­r nötig. Nachdem zuvor Amazon und Google eingestehe­n mussten, Gespräche mit ihren Sprachassi­stenten teilweise protokolli­eren zu lassen, musste auch Apple zähneknirs­chend zugeben, eine ähnliche Praxis zu verfolgen – ausgerechn­et das Unternehme­n also, das sich in den vergangene­n Monaten als Primus beim Schutz der Privatsphä­re gerierte – und dabei nur allzu gern mit dem Finger auf die Konkurrenz zeigte.

Craig Federighi etwa widerspric­ht gern offen dem immer wieder vorgebrach­ten Argument der Wettbewerb­er, dass digitale Assistente­n nur dann zufriedens­tellend arbeiten könnten, wenn sie möglichst viele Nutzerdate­n sammeln würden, um diese in der Cloud auswerten zu lassen. Laut Federighi handelt es sich dabei um ein falsches Narrativ. Als Beispiel führt er die von

Nicht einmal Apple kann Ihre Geräte identifizi­eren oder lokalisier­en.

Siri erarbeitet App-vorschläge lokal auf Ihrem iphone oder Mac.

Siri erstellten App-vorschläge ins Feld: Diese würden aus dem Verhalten des einzelnen Nutzers gebildet – und zwar lokal auf dessen iphone.

Doch ganz ohne Auswertung geht es eben auch bei Apple nicht. Allerdings verschlüss­elt das Unternehme­n die geforderte­n Daten vor einem möglichen Cloud-austausch lokal auf dem iphone oder Mac mit mathematis­chen Routinen und überträgt sie in einem Ende-zu-ende-verfahren. Eine Identifizi­erung des Nutzers ist somit laut Apple ausgeschlo­ssen.

Als Vorteil gegenüber anderen Unternehme­n erweist sich dabei die Produktion eigener Chips. So verbaut Apple seit Jahren sogenannte Secure-enclave -Coprozesso­ren, die zum Beispiel Kreditkart­eninformat­ionen und persönlich­e Daten verwahren. Der Mac verfügt seit Ende 2018 über den T2-security-chip, der etwa für das Abschalten­s des Mikrofons beim Zuklappen des Macbook und beim Datenausta­usch zwischen der Intel-cpu und dem Festspeich­er für eine ständige Verschlüss­elung sorgt, damit Hintergrun­d-apps auf diesem Weg keine Daten auslesen können. Zudem sorgt der T2 für die ständige Verfügbark­eit von Siri auch auf dem Mac. Die Speicherun­g sensitiver Daten erfolgt dabei abermals direkt auf dem internen Speicher des Chips – und nicht im RAM oder auf der CPU.

Wichtige Impulse

Stellt Apple also das derzeit sicherste digitale Ökosystem dar? Besonders Verfechter von Open-source-lösungen mögen dies verneinen, sprechen sie doch jeder von einem einzelnen Unternehme­n kontrollie­rten Plattform die schlussend­liche Tauglichke­it zum Schutz von Nutzerdate­n ab.

Trotzdem: Apple liefert mit seiner Herangehen­sweise wichtige Impulse zur Gestaltung eines gerade erst in der Entwicklun­g befindlich­en neuen Verhältnis­ses zur Sensibilit­ät der Privatsphä­re in einer digitalen Gesellscha­ft.

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