Politisch nicht ganz so korrekt
Apple weist die Krim als russisch aus – und bekommt mächtigen Gegenwind aus nicht-russischer Richtung.
So ist das nun einmal, wenn man auf vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzt. Einerseits hat man überall die Finger im Spiel, ist in der Regel ein gern gesehener Gast und bestätigt seinen Ruf, für nahezu alles eine passende Lösung parat zu haben. Andererseits erhöht sich bei überbordender Präsenz aber auch die Anzahl an Fettnäpfchen, in die man immer wieder treten kann. Dass Apple auf massiven Druck von russischer Seite nun die Halbinsel Krim als russisches Staatsgebiet ausweist, ist nur eines dieser Fettnäpfchen, in die man genötigt wurde zu treten. Sicherlich hätte man sich dem auch verweigern können, aber wie sagt schon Macheath in Brechts „Dreigroschenoper“so schön? „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“
Und das Fressen ist nun mal für Apple ein riesiger russischer Absatzmarkt, auf den man nicht gewillt ist zu verzichten. Insbesondere, da auch von chinesischer Seite regelmäßig Störfeuer aufkommen, die dem Us-amerikanischen Technologieunternehmen die schwarzen Zahlen zu verhageln drohen. Da hat man sich ganz spitzfindig gedacht, man könne doch zumindest für russische Betrachter zu der einen oder anderen kleinen Konzession bereit sein – und ihm im eigenen Kartendienst mehr oder minder die ganz auf seine Bedürfnisse zurechtgeschnittene Welt aus russischer Sicht präsentieren. Dumm nur, dass der ausländische Betrachter das ganz anders sieht.
Womit wir wieder bei dem ursprünglichen Dilemma mit den vielen Hochzeiten wären und dem damit verbundenen Wunsch, es möglichst allen Gästen gerecht zu machen. Alles eine Frage der Haltung, ließe sich argumentieren. Der Versuch, sich gleichzeitig bei allen lieb Kind machen zu wollen, könne ja auch nur nach hinten losgehen.
Nicht auszumalen, welcher Stress auf Apple zukäme, würden nun, nachdem die Lawine losgetreten ist, plötzlich der Vielflieger Dalai Lama, Yeti-sichter Reinhold Messner und der Erfolgscoach Pep Guardiola in Cupertino auf der Matte stehen. Da ginge es dann um Tibet, Südtirol und Katalonien auf der einen sowie China, Italien und Spanien auf der anderen Seite. Drei Länder voller potenzieller iphone-nutzer, die man natürlich ungern vergraulen möchte. Vielleicht ließe sich dort ja auch ein politisch nicht ganz so korrekter Kompromiss finden. Jedem Tierchen sein Pläsierchen sozusagen.
Fest steht auf jeden Fall, dass mit Ausweitung der Präsenz in alle Lebensbereiche die Anzahl der möglichen Fallgruben erheblich zunimmt. Der Spagat zwischen wirtschaftlichem Denken und ethischem Anspruch kann einem da schon einiges abverlangen. Und hat man sich erst einmal den Mist von dem einen Fuß abgewischt, steht man mit dem anderen Fuß bereits im nächsten – und muss sich plötzlich gegen Vorwürfe wehren, die eigene Kreditkarte sei ein „verdammt sexistisches Programm“und diskriminiere Frauen bei der Kreditgewährung.
Frank Krug ist freier Autor, lebt in Berlin und schreibt regelmäßig für die Mac Life. f.krug@maclife.de www.maclife.de/forum