Mac Life

Politisch nicht ganz so korrekt

Apple weist die Krim als russisch aus – und bekommt mächtigen Gegenwind aus nicht-russischer Richtung.

- Von Frank Krug

So ist das nun einmal, wenn man auf vielen Hochzeiten gleichzeit­ig tanzt. Einerseits hat man überall die Finger im Spiel, ist in der Regel ein gern gesehener Gast und bestätigt seinen Ruf, für nahezu alles eine passende Lösung parat zu haben. Anderersei­ts erhöht sich bei überborden­der Präsenz aber auch die Anzahl an Fettnäpfch­en, in die man immer wieder treten kann. Dass Apple auf massiven Druck von russischer Seite nun die Halbinsel Krim als russisches Staatsgebi­et ausweist, ist nur eines dieser Fettnäpfch­en, in die man genötigt wurde zu treten. Sicherlich hätte man sich dem auch verweigern können, aber wie sagt schon Macheath in Brechts „Dreigrosch­enoper“so schön? „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“

Und das Fressen ist nun mal für Apple ein riesiger russischer Absatzmark­t, auf den man nicht gewillt ist zu verzichten. Insbesonde­re, da auch von chinesisch­er Seite regelmäßig Störfeuer aufkommen, die dem Us-amerikanis­chen Technologi­eunternehm­en die schwarzen Zahlen zu verhageln drohen. Da hat man sich ganz spitzfindi­g gedacht, man könne doch zumindest für russische Betrachter zu der einen oder anderen kleinen Konzession bereit sein – und ihm im eigenen Kartendien­st mehr oder minder die ganz auf seine Bedürfniss­e zurechtges­chnittene Welt aus russischer Sicht präsentier­en. Dumm nur, dass der ausländisc­he Betrachter das ganz anders sieht.

Womit wir wieder bei dem ursprüngli­chen Dilemma mit den vielen Hochzeiten wären und dem damit verbundene­n Wunsch, es möglichst allen Gästen gerecht zu machen. Alles eine Frage der Haltung, ließe sich argumentie­ren. Der Versuch, sich gleichzeit­ig bei allen lieb Kind machen zu wollen, könne ja auch nur nach hinten losgehen.

Nicht auszumalen, welcher Stress auf Apple zukäme, würden nun, nachdem die Lawine losgetrete­n ist, plötzlich der Vielfliege­r Dalai Lama, Yeti-sichter Reinhold Messner und der Erfolgscoa­ch Pep Guardiola in Cupertino auf der Matte stehen. Da ginge es dann um Tibet, Südtirol und Katalonien auf der einen sowie China, Italien und Spanien auf der anderen Seite. Drei Länder voller potenziell­er iphone-nutzer, die man natürlich ungern vergraulen möchte. Vielleicht ließe sich dort ja auch ein politisch nicht ganz so korrekter Kompromiss finden. Jedem Tierchen sein Pläsierche­n sozusagen.

Fest steht auf jeden Fall, dass mit Ausweitung der Präsenz in alle Lebensbere­iche die Anzahl der möglichen Fallgruben erheblich zunimmt. Der Spagat zwischen wirtschaft­lichem Denken und ethischem Anspruch kann einem da schon einiges abverlange­n. Und hat man sich erst einmal den Mist von dem einen Fuß abgewischt, steht man mit dem anderen Fuß bereits im nächsten – und muss sich plötzlich gegen Vorwürfe wehren, die eigene Kreditkart­e sei ein „verdammt sexistisch­es Programm“und diskrimini­ere Frauen bei der Kreditgewä­hrung.

Frank Krug ist freier Autor, lebt in Berlin und schreibt regelmäßig für die Mac Life. f.krug@maclife.de www.maclife.de/forum

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