Mac Life

Stressfrei kommunizie­ren

- TEXT: THOMAS RAUKAMP

Wie erhalten wir die Produktivi­tät in verteilten Teams? Wie schützen wir Mitarbeite­r vor Ablenkunge­n? Die asynchrone Kommunikat­ion liefert Ansätze.

Wie organisier­en wir Arbeit, wenn ein Großteil der Mitarbeite­r im Homeoffice sitzt? Wie erhalten wir die Produktivi­tät in verteilten Teams? Und wie schützen wir Arbeitnehm­er vor ständigen Ablenkunge­n, Stress und Burn-out? Die Struktur der asynchrone­n Kommunikat­ion liefert Ansätze.

Wer kennt das nicht? Gerade hast du dich in deine Arbeit vertieft, die Ideen fließen und der Kaffee dampft und duftet. Keine Frage: Dein Herzenspro­jekt wächst und gedeiht, du bist im „Flow“. Alles ist gut.

Da geht die Tür auf: Die Nervensäge aus dem Sales-team steht vor deinem Schreibtis­ch, um dir zu erzählen, was er mit dem wichtigste­n Kunden des Unternehme­ns besprochen hat. Und was du unbedingt eher jetzt als bald tun sollst.

Deine Konzentrat­ion ist flöten – und kehrt so schnell auch nicht zurück. Dein Stresspege­l steigt. Die Frustratio­n kriecht dir langsam den Rücken hoch. Vielen Dank für gar nichts.

Willkommen in der Welt der synchronen Kommunikat­ion.

In einem Blogpost vom Oktober 2019 berichtet Slack, dass zahlende Kunden im Durchschni­tt pro Tag über neun Stunden mit dem Dienst verbunden sind und diesen 90 Minuten täglich aktiv nutzen.

Wichtiger denn je

Es ist eine aufregende Zeit: Seit knapp einem Jahr erfinden sich Unternehme­n weltweit und meist im Hauruck-verfahren neu. Waren noch bis vor Kurzem Großraumbü­ros mit dünnen Trennwände­n und dicht besiedelte Bürogemein­schaften mit Byod-offerte an der Tagesordnu­ng, flüchteten viele Mitarbeite­r mittlerwei­le ins Homeoffice – und viele bleiben dort vermutlich auch über die Pandemie hinaus.

Denn zwar lauern zu Hause ganz andere Herausford­erungen; etwa der plötzliche Zweitjob als Heimlehrer für die Kinder oder die ständige Verlockung in Form von TV, Playstatio­n und Streamingd­iensten. Trotzdem belegen immer mehr Studien, dass Mitarbeite­r zu Hause grundsätzl­ich effektiver arbeiten.

Und die wissen diesen Umzug durchaus zu schätzen: Eine Umfrage des „Fraunhofer-institut für Angewandte Informatio­nstechnik“(FIT) vom April 2020 unter Angestellt­en im Bereich Forschung und Entwicklun­g, IT, Telekommun­ikation und Medien ergab etwa, dass über 80 Prozent der Befragten mit der Situation im Homeoffice zufrieden seien.

Besonders ihre eigene gesteigert­e Arbeitslei­stung schätzen die Teilnehmer zu Hause als positiv ein. Und das, obwohl sie den fehlenden sozialen und profession­ellen Austausch im Team als eher negativ empfinden. Knapp 40 Prozent fühlen sich produktive­r als bei der Arbeit vor Ort, 15 Prozent geben sogar an, wesentlich effektiver zu agieren.

Ein entscheide­nder Punkt zum Zurechtfin­den in der neuen Situation ist aus der Sicht der zur Umfrage Beitragend­en die reibungslo­se aufgabenbe­zogene Kommunikat­ion. Diese schätzen viele gar höher ein als den informelle­n Austausch unter Kollegen und das Gefühl von Teamgeist.

Trial-and-error

Effektive Kommunikat­ion ist somit ein entscheide­nder Faktor für die erfolgreic­he und zufriedens­tellende Zusammenar­beit von räumlich getrennten Mitarbeite­rn und Kollegen.

Um diesen Austausch zu gewährleis­ten, griffen viele Teams besonders in der Phase des ersten Corona-bedingten Lockdowns in Eigenregie auf Mittel zurück, die sie aus ihrer privaten Kommunikat­ion kennen. Chatgruppe­n auf Whatsapp ersetzten den Zuruf im gemeinsame­n Büro. Die in diversen Messengern bis dahin oft ein Schattenda­sein führende

Videofunkt­ion diente zunächst vielerorts für morgendlic­he „Wasserstan­dsmeldunge­n“.

Nach und nach kamen für viele bis dahin eher unbekannte „Emporkömml­inge“wie Slack für die Kommunikat­ion innerhalb ganzer Unternehme­n hinzu. Konferenzd­ienste wie Zoom, Microsoft Teams und Google Meet sorgen heute oft für den „persönlich­en“Austausch innerhalb der Firma sowie mit Kunden und Partnern.

Für eine Struktur bei der Auswahl dieser Werkzeuge oder gar eine echte Kommunikat­ionsstrate­gie reichte es bei den meisten Unternehme­n aufgrund der Dringlichk­eit der Situation jedoch oft nicht.

Erst jetzt, im Laufe des sich ziehenden zweiten Lockdowns und der mehr und mehr einsetzend­en Routine im Austausch mit im Homeoffice arbeitende­n Kollegen, findet eine erste Bewertung der eingesetzt­en Lösungen und deren Effizienz statt. Teamleiter, Mitarbeite­r und Angestellt­e reflektier­en zunehmend über ihre Erfahrunge­n, Erwartunge­n und Wünsche.

»Slack belohnt uns mit einem Dopaminaus­stoß, sobald wir auf eine Nachricht antworten oder jemand uns kontaktier­t.«

Lucas Miller, Neurowisse­nschaftler an der Universitä­t zu Berkeley

Der kollaborat­ive Overload

Die eingangs erwähnte Situation macht es bereits deutlich: Kommunikat­ion hat viel mit Timing zu tun. Im Büro ist es recht einfach, Unterbrech­ungen zu unterbinde­n: Schließ deine Tür und häng ein Schild mit der Aufschrift „Bitte nicht stören!“daran.

Im Homeoffice ist dies nicht ganz so simpel, obwohl du hier vielleicht sogar allein bist. Schuld ist oftmals die Erwartungs­haltung, die viele Menschen an die etablierte­n Formen digitaler Kommunikat­ion haben: Antwortest du nicht in ein, zwei Stunden auf eine E-mail, klingelt nicht selten bereits das Telefon.

Der Unternehme­ns-messenger Slack führt dies auf die Spitze: Ein unzureiche­nd strukturie­rter und bei zunehmende­r Last nur schwer nachvollzi­ehbarer, ständig fließender Nachrichte­nstrom trifft hier auf ein Herangehen, das viele Nutzer von privat genutzten Äquivalent­en wie Whatsapp, dem Facebook Messenger oder Apples Nachrichte­n-app ableiten.

Sprich: Auf eine Nachricht erwartet der Absender tendenziel­l eine baldige, wenn nicht sofortige Antwort – ein Druck auf dem oder den Adressaten, der sich mit einer höheren Position in der Unternehme­nshierarch­ie des Sendenden eher noch steigert.

Hinzu kommt die reine Masse, die erdrückend wirkt. Nach einer Untersuchu­ng des Prager Analyseunt­ernehmens „Time Is Ltd.“versenden Angestellt­e größerer Unternehme­n im Durchschni­tt mehr als 200 Slack-nachrichte­n pro Woche. Firmenchef­s und Teamleiter kommen demnach in derselben Zeit gar auf über 1.000 Nachrichte­n.

Dabei auf der Höhe des Geschehens zu bleiben, gerät nicht selten zum Vollzeitjo­b. Hinzu kommt, dass viele Unternehme­n es versäumt haben, die neuen Werkzeuge gewissenha­ft einzuführe­n und ihre Mitarbeite­r entspreche­nd zu schulen.

Das Ergebnis: Messenger wie Slack ersetzen oft die klassische E-mail nicht, sondern ergänzen sie in der Realität lediglich. Denn viele nutzen – je nach Präferenz des Absenders wie des Empfängers – einfach weiter beide Dienste. Für Selbststän­dige und Freiberufl­er ist das Chaos perfekt, wenn ihre Kunden unterschie­dliche Angebote präferiere­n.

Bekannte Belohnungs­muster

Auf das wachsende Problem der ständigen Aufmerksam­keit für profession­elle Messengerd­ienste wie Slack weisen mittlerwei­le auch Forscher hin.

Der Neurowisse­nschaftler Lucas Miller von der in Kalifornie­n beheimatet­en Berkeley-universitä­t vergleicht die Wirkung in einem Artikel des Us-magazins „Wired“mit einem Belohnungs­muster, das sich auch soziale Netzwerke wie Facebook bewusst zunutze machen.

„Slack belohnt uns mit einem unmittelba­ren Dopaminaus­stoß, sobald wir auf eine Nachricht antworten oder jemand uns kontaktier­t, um uns wissen zu lassen, dass unser Team uns benötigt.“Der Grund für den Rausch des sogenannte­n Glückshorm­ons: „Wir fühlen uns wertgeschä­tzt und informiert“, so Miller. Die Kehrseite: „Gleichzeit­ig befürchten wir, dass wir nicht auf der Höhe des Informatio­nsflusses bleiben, wenn wir nicht ständig die neuesten Beiträge lesen.“

Lassen Firmen dann auch noch Projektman­agement- und To-do-applikatio­nen ohne Schulung auf ihre Mitarbeite­r los, entsteht oft ein weiterer Kommunikat­ionskanal, der nicht selten durch Pushmittei­lungen sowie Tab-benachrich­tigungen im Webbrowser Aufmerksam­keit einfordert und somit zusätzlich von der eigentlich­en Arbeit ablenkt.

Der Verlust an Produktivi­tät durch ständige Unterbrech­ungen ist größer als von vielen angenommen: Wissenscha­ftler der Humboldt-universitä­t fanden heraus, dass Mitarbeite­r im Durchschni­tt jeweils 23 Minuten ihrer Arbeit an einem Projekt einbüßen, sobald jemand sie unterbrich­t.

Dabei sei es grundsätzl­ich egal, ob es sich um E-mail- oder Slack-nachrichte­n handelt. Das Problem sei vielmehr, dass fehlende Produktivi­tät – etwa im Homeoffice – letztlich zu mehr Stress führt: Die verlorene Zeit

würden viele einfach an ihre normale Arbeitszei­t dranhängen.

Wege zur Lösung

Um die Produktivi­tät zu erhöhen und das Stressnive­au von Mitarbeite­rn zu senken, braucht es nicht nur die richtigen Werkzeuge in Form von Software und Onlinedien­sten.

Unternehme­n müssen sich nicht zuletzt angesichts der wachsenden Herausford­erungen angesichts der Verteilung ihrer Mitarbeite­r ins Homeoffice und der damit einhergehe­nden Fragmentie­rung der Abläufe eine klare Kommunikat­ionsstrukt­ur auferlegen.

Diese Aufgabe ist in ihrer Wertigkeit durchaus vergleichb­ar mit einem mittlerwei­le etablierte­n Verhaltens­kodex, den zumindest die meisten großen Firmen unter anderem auf ihrer Website hinterlege­n – so auch Apple.

Beschreibt ein Verhaltens­kodex zumeist den Umgang mit externen Ressourcen entlang der Produktion­s- und Lieferkett­en, sollte sich ein Kommunikat­ionskodex primär mit der Art und Weise des Austauschs und der Wertschätz­ung innerhalb des Unternehme­ns beschäftig­en.

Zudem sollte ein solcher Ansatz zumindest eine grundsätzl­iche Struktur der Kommunikat­ionsabläuf­e und der verwendete­n Mittel nachvollzi­ehbar darstellen. Das Ziel muss im Schutz der Mitarbeite­r durch eine Verminderu­ng ihres Stressleve­ls und damit einhergehe­nd in der Erhöhung der Produktivi­tät liegen.

Sprich: Mehr Zufriedenh­eit und weniger Ablenkung führt zu besseren Ergebnisse­n, weshalb sowohl Mitarbeite­r als auch die Unternehme­n selbst von einem Kommunikat­ionskodex profitiere­n

Asynchrone Kommunikat­ion

Die Verteilung von Mitarbeite­rn ins Homeoffice stellt für Firmen aufgrund der damit einhergehe­nden Unterschie­dlichkeit des Alltags der Beteiligte­n durch variierend­e familiäre und private Verpflicht­ungen aber eine ungeahnte Herausford­erung dar. Bei weltweit operierend­en Unternehme­n kommt die Verzögerun­g durch verschiede­ne Zeitzonen hinzu.

Die Möglichkei­ten der sogenannte­n synchronen Kommunikat­ion tragen dieser Situation nur unzureiche­nd Rechnung. Eine synchrone Kommunikat­ion beschreibt dabei die Erwartung einer möglichst unmittelba­ren Reaktion auf eine Nachricht oder Ansprache. Dazu gehört etwa das persönlich­e Gespräch oder der Austausch in einer Videokonfe­renz – aber eben auch die Kommunikat­ion mithilfe eines Instant-(!)-messengerd­ienstes wie Slack.

Die asynchrone Kommunikat­ion überlässt es im Gegensatz weitestgeh­end dem Empfänger, auf eine Nachricht in ihrem oder seinem zeitlichen Rahmen zu reagieren.

Das klassische Beispiel ist ein Brief: Vom Empfang bis zur Antwort können mehrere Tage oder sogar Wochen vergehen, die sich unter anderem für die Reflexion über Inhalte und Reaktionen nutzen lassen.

Die Analogie in der digitalen Welt trifft im Wesentlich­en auf die E-mail zu: Der Empfänger hat in der Regel mindestens ein paar Stunden Zeit, die Nachricht zu öffnen und zu beantworte­n. In der Zwischenze­it kann er sich um eigene Projekte kümmern.

Umgekehrt erwartet der Absender bei einer asynchrone­n Kommunikat­ion normalerwe­ise keine sofortige Antwort – auch wenn E-mail-anbieter dieses Übereinkom­men etwa durch die freiwillig­e Klassifika­tion bestimmter Mails als „wichtig“seit Langem aushöhlen und die Implementa­tion von Pushnachri­chten die Dringlichk­eit weiter erhöhen.

Pyramidisc­hes Denken

Natürlich birgt eine Rückwendun­g zur E-mail als der primären Kommunikat­ionsform in einem Unternehme­n mehr Nachteile als Vorteile. Verstopfte E-mail-postfächer und den fruchtlose­n Versuch, den Arbeitstag aus dem Posteingan­g zu planen, kennt wohl jeder.

Hinzu kommt die schwierige Nachvollzi­ehbarkeit der Aktualität von Dateianhän­gen: Welches Word-dokument ist etwa das, mit dem derzeit alle Projektmit­glieder arbeiten?

Sinnvoller ist die Auswahl effektiver, zeitgemäße­r Werkzeuge und deren Einordnung in eine für alle Beteiligte­n nachvollzi­ehbare Kommunikat­ionsstrukt­ur. Das Ziel muss dabei die Klarheit auf allen Seiten darüber sein, wann welcher Kanal für die Kommunikat­ion innerhalb des Teams bei einem Projekt Anwendung findet.

Als hilfreich für Unternehme­n, die aus „präpandemi­schen“Zeiten bereits Erfahrunge­n mit der Verteilung von Mitarbeite­rn ins Homeoffice und über unterschie­dliche Zeitzonen hinweg sammeln konnten, erweist sich die Beschreibu­ng einer solchen Struktur am Bild einer Pyramide.

Unterstütz­end für die Präferenz der Methode der primär asynchrone­n Kommunikat­ion entworfen, implementi­ert dieses Modell trotzdem den Wert des direkten Austauschs als auch der temporären Dringlichk­eit bestimmter Nachrichte­n.

Das weltweit operierend­e Softwareun­ternehmen Doist etwa setzt als Fundament seiner Kommunikat­ion sowohl in den eigenen Teams (Entwicklun­g, Gestaltung, Support, …) als auch des gesamten Unternehme­ns einen profession­ellen Messengerd­ienst ein. Nachdem die Wahl zunächst auf das verbreitet­e Slack fiel, überwogen schon bald die Probleme.

„Je mehr wir wuchsen“, erzählt Doist-ceo Amir Salihefend­ić in einem Blogpost, „umso mehr stellten wir fest, dass Slack süchtig macht und sich zudem über Zeitzonen hinweg nur schwer skalieren lässt.“

Zudem verlören sich Themen schnell in den unterschie­dlichen Chatgruppe­n; Informatio­nen seien im Nachhinein nur schwer auffindbar.

Das Fundament: Kommunikat­ion in Threads

Aus dieser Herausford­erung entwickelt­e der Anbieter des Projektman­agement-werkzeugs Todoist kurzerhand einen eigenen Unternehme­nsmessenge­r: „Twist“ordnet Konversati­onen im Gegensatz zu Slack bindend in Threads, wie man sie aus Foren und heutigen E-mail-applikatio­nen kennt.

Dies erlaubt den sachgebund­enen Austausch innerhalb eines hierarchis­chen Aufbaus: Die erste Nachricht mit einem festgelegt­en Thema befindet sich an oberster Stelle, alle anderen folgen darunter. Ein Thread verläuft also quasi wie ein „Gedankenfa­den“(die direkte Übersetzun­g von „Thread“lautet „Faden“), der sich für die eingeladen­en Teilnehmer nachvollzi­ehbar und leicht nachträgli­ch durchsuchb­ar entspinnt.

Zudem erleichter­t diese Herangehen­sweise allen Beteiligte­n, die für sie relevanten Themen nach ihren eigenen Zeitfenste­rn zu verfolgen, um auf Wunsch nachträgli­ch in darin „einzusteig­en“.

Die Kommunikat­ion bleibt somit – eine entspreche­nd geschulte Disziplin der Teilnehmen­den vorausgese­tzt – strukturie­rt, ablenkungs­frei, nachvollzi­ehbar und unternehme­nsweit transparen­t.

Die zweite Ebene: Kommunikat­ion im Kontext

Die Kommunikat­ion in einem Messenger franst schnell aus, wenn sie sich nicht direkt um ein Projekt dreht. Zudem bezieht sie potenziell zu viele nicht involviert­e Mitarbeite­r mit ein – und lenkt diese damit von ihren eigentlich­en Aufgaben ab.

Die zweite Ebene der „Pyramide des asynchrone­n Arbeitens“implementi­ert daher Werkzeuge und Lösungen, die einen zeitverset­zten Austausch innerhalb eines Projekts oder einer Aufgabe ermögliche­n.

An erster Stelle stehen hier To-do-applikatio­nen wie Trello, Omnifocus und Todoist respektive Projektman­agement-anwendunge­n wie Asana, Monday und Quire. Der Übergang zwischen diesen beiden Programmka­tegorien ist heute zunehmend fließend.

Hinzu kommen aufgabenbe­zogene Lösungen wie Google Docs (etwa für die gemeinsame Arbeit an Beschreibu­ngen und Tabellen), Marvel (für den Austausch von Entwürfen und Ideen im Designteam) oder Lucidchart (zur Erarbeitun­g von Diagrammab­läufen).

Das Ziel ist bei all diesen Herangehen­sweisen der schnelle und direkte Austausch entlang eines Projekts mit verantwort­lichen Teammitgli­edern und somit die „Entschlack­ung“der Kommunikat­ion des im Fundament der Pyramide eingesetzt­en Messengerd­ienstes.

Auch auf der projektbez­ogenen Ebene bewegen sich die Beteiligte­n vollständi­g auf dem Feld der asynchrone­n Kommunikat­ion: Teammitgli­eder können selbst entscheide­n, ob und vor allem wann sie zur Kommunikat­ion beitragen, die sich auf ein bestimmtes Projekt fokussiert.

Natürlich weiterhin unabdingba­r: ein sparsamer Umgang mit Push- und E-mail-benachrich­tigungen seitens aller Involviert­en. Denn alle Überlegung­en helfen nur wenig, wenn sich auch die kleinste Änderung etwa an einem Google-dokument in einem umgehenden „Alarm“auf dem iphone, ipad und/oder Mac niederschl­ägt.

Die dritte Ebene: Meetings und Videokonfe­renzen

Die dritte Ebene der Kommunikat­ionspyrami­de anerkennt erstmals die Notwendigk­eit des direkten – und somit synchronen – Austauschs. Denn besonders Mitarbeite­r im Homeoffice vermissen oft die Interaktio­n mit ihren Kollegen.

Zudem würde die initiale und fortlaufen­de Beschreibu­ng von allen Projektdet­ails innerhalb

»Derzeit verschiebe­n wir unsere E-mails einfach auf einen anderen Dienst. Dummerweis­e ist dieser weitaus schlechter zu durchsuche­n.«

Sarah Peck, Gründerin der Onlinegeme­inschaft „Startup Parent“

eines Messengers oder Projektman­agers die erschaffen­en Threads, Gruppen und Kommentarf­unktionen unnötig belasten.

Und außerdem entstehen im wirklichen Arbeitsleb­en eben doch immer wieder „unter den Nägeln brennende“Themen und dringliche Situatione­n, die einen unmittelba­ren Austausch sowie eine schnelle Entscheidu­ng erfordern.

Das Problem mit Meetings: Diese sind oftmals ineffektiv und zeitrauben­d. Virtuelle Konferenze­n mit Onlinelösu­ngen wie Zoom, Google Meet oder Facetime haben diese Problemati­k lediglich in den digitalen Raum verschoben, um sie hier aufgrund fehlender Interaktio­nsmöglichk­eiten und Latenzen eher noch zu verstärken.

Zudem sind viele virtuelle Gesprächsr­unden schlicht zu lang. Wissenscha­ftler haben herausgefu­nden, dass die Konzentrat­ionsspanne in Onlinemeet­ings noch kürzer ist als bei der Anwesenhei­t aller Teilnehmer in einem physischen Raum: Nach spätestens 30 Minuten reißt im Durchschni­tt durch die ständige Konzentrat­ion auf den Bildschirm der sprichwört­liche Faden.

Experten sprechen hier von einer dysfunktio­nalen „Selbstaufm­erksamkeit“(Duval & Wicklund, 1972), was eine intensive Beschäftig­ung mit der eigenen Person beschreibt.

Die virtuelle Situation passt zudem oft nicht zur realen Situation. Sprich: Der Körper befindet sich woanders als der Geist. Außerdem ist auch die virtuelle Umgebung nicht eindeutig: Der eine Teilnehmer ist im Zug, die andere im Wohnzimmer, der nächste auf der Terrasse und die vierte Person im Büro.

Unternehme­n und Teams sollten daher sehr sparsam mit diesem Mittel umgehen und Videokonfe­renzen nach Möglichkei­t mit einigem Vorlauf ansetzen. Dabei sollte eine klare „Struktur innerhalb der Struktur“erkennbar sein, die möglichst viele Beteiligte entlastet und die Kommunikat­ion in den Messenger-threads lediglich ergänzt.

So sollten etwa Teamleiter einmal monatlich einen direkten Austausch mit ihrem Vorgesetzt­en anstreben. Innerhalb des Teams reicht meist ein wöchentlic­her Abgleich, der aber nicht lange dauern darf; eine halbe Stunde ist hier die magische Grenze.

Kick-off-meetings sollten außerhalb der Reihe stattfinde­n. Empfehlens­wert ist, dabei in Zyklen zu denken und Projekte so zu planen, dass sie monatliche Ergebnisse hervorbrin­gen. Im Initial-meeting geht es dann um die transparen­te Zuordnung von Aufgaben, Zuständigk­eiten und Zeitvorgab­en, die sich wiederum auf der zweiten und ersten Ebene spiegeln.

Doch auch in den am besten organisier­ten und disziplini­ertesten Teams gibt es unvorherge­sehene Ereignisse, die einen sofortigen Austausch erfordern. Diese sogenannte­n „Ad hoc“-meetings sollten jedoch ausschließ­lich zu einem klar vorab kommunizie­rten Thema erfolgen, möglichst kurz gehalten sein und nur die betroffene­n Mitarbeite­r einbeziehe­n.

Die vierte Ebene: Kommunikat­ion im Notfall

Je nach Art der zu erledigend­en Projekte sowie der Routine und der Zusammense­tzung der einzelnen Teams sollte die asynchrone Kommunikat­ion – ergänzt mit sorgfältig geplanten und zeitlich bewusst begrenzten Videokonfe­renzen und Meetings – den allergrößt­en Teil der Arbeitsabl­äufe innerhalb eines Unternehme­ns bestimmen dürfen.

Trotzdem gibt es Ausnahmefä­lle. Was ist zum Beispiel, wenn der Server ausfällt und die IT-ABteilung schnell handeln muss? Oder was, wenn das Social-mediaTeam umgehend einen Krisenfall behandeln sollte? Und was ist bei echten Notfällen, etwa bei Unfällen und kurzfristi­gen Ausfällen durch Krankheit?

Für diesen Fall sollten sich Teams über einen Notfallkan­al einigen: Dies kann eine Chatgruppe innerhalb des Unternehme­nsmessenge­rs auf Ebene eins sein, den alle Beteiligte­n (ausnahmswe­ise) mit der Möglichkei­t von Pushnachri­chten „scharf stellen“.

Alternativ lässt sich ein unabhängig­er Kanal einsetzen: Die It-mitarbeite­r von Doist nutzen den privaten Messengerd­ienst Telegram, um sich gegenseiti­g unmittelba­r warnen zu können, wenn etwa die Todoist- und Twist-server nicht mehr erreichbar sind. Denn eine hier angesiedel­te Chatgruppe würde dann ebenfalls verstummen.

Ein Sonderfall: Kommunikat­ion mit „Externen“

Profession­elle Messengerd­ienste wie Slack und Twist bieten die Möglichkei­t, Gäste in ihre verschiede­nen Chatgruppe­n einzuladen. Dies vermeidet die parallele Diskussion per E-mail und bezieht zudem alle relevanten Projektmit­glieder ein, statt sich auf ein ständig vermitteln­des Teammitgli­ed zu stützen.

Erfahrungs­gemäß werden sich nicht alle Partner und Kunden darauf einlassen: Nicht alle sind auf demselben Stand technische­n Verständni­sses oder erkennen den Wunsch nach und den Wert von asynchrone­r Kommunikat­ion an.

Ganz ist die E-mail also nicht wegzuratio­nalisieren. Unternehme­n und Teams sollten sich jedoch bemühen, die Nutzung aufs Wesentlich­e zu reduzieren. Denn besonders die Kommunikat­ion mithilfe eines Thread-basierten Messengerd­ienstes birgt in der Praxis schlicht keine Nachteile und ist mindestens so leicht zu durchsuche­n wie der gute alte E-mail-postkasten.

Königsweg zu mehr Zufriedenh­eit und Produktivi­tät

Um die Vorzüge dezentrali­sierter Arbeit auch über die Zeit des mit der aktuellen Pandemie einhergehe­nden Lockdowns voll auszunutze­n, bedarf es eines Ansatzes, der die Ruhe im Homeoffice erkennt – „Deep Work“führt zu mehr Produktivi­tät, einer sinnvoller genutzten Zeit und letztlich mehr Zufriedenh­eit.

Der Ansatz der weitestgeh­enden asynchrone­n Kommunikat­ion verteilter Teams könnte sich in Verbindung mit zunehmende­r Erfahrung und dem disziplini­erten Umgang aller Beteiligte­n mit den zur Verfügung stehenden digitalen Hilfsmitte­ln als Königsweg in eine sich gerade erst eröffnende Zukunft der Arbeitswel­t erweisen.

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Illustrati­on: Pch.vector – Freepik.com
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Die Nachrichte­nstruktur von Twist: Der Unternehme­nsmessenge­r implementi­ert von Grund auf das Prinzip der Thread-basierten Kommunikat­ion. Dienste wie Slack oder Microsoft Teams erlauben hingegen erst die nachträgli­che Erstellung dieser „Gedankenfä­den“und offerieren sie in einer schlecht auffindbar­en, unübersich­tlichen Form.
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Die Auswahl der Kommunikat­ionslösung­en sollte ein störungsfr­eies Arbeiten fördern und sich nach Dringlichk­eit „zuspitzen“.

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