Apple streicht Hörbücher aus Musik-app
Ohne die Angabe von Gründen oder auch nur eine vorherige Ankündigung hat Apple sich entschlossen, Hörbücher aus dem Portfolio des hauseigenen Musik-streamingdienstes Apple Music zu streichen. Bei Millionen von Nutzer:innen verschwanden selbst bereits begonnene Hörbücher nach und nach aus den Mediatheken.
Bis auf Weiteres bietet Apple Hörbücher nur noch in der App „Bücher“an. Da wären sie zwar schon immer besser aufgehoben, nämlich weil Apple Music nur leidlich als Hörbuch-player taugt, sie sind dort allerdings nicht länger im Rahmen einer Flatrate zugänglich. Vielmehr müssen Hörbuch-fans dort jedes Buch einzeln erwerben und das, anders als etwa bei Amazons Hörbuch-dienst Audible, zu wechselnden Preisen.
Immerhin: Zumindest über die Apple-familienfreigabe können auf diesem Weg erworbene Hörbücher geteilt werden – auch, wenn diese Art, sie zu erreichen, denkbar umständlich ist. Die von der Familie erworbenen Hörbücher tauchen nämlich nicht einfach in der eigenen Bibliothek auf, sondern müssen über die eigene Profil-seite und dort über die Auswahl des jeweiligen Familienmitglieds zielgenau angesteuert werden.
Die Änderung des Angebots scheint dabei allein auf Apple zurückzugehen. Vonseiten deutscher Hörbuchverlage ist zumindest zu hören, dass sie lediglich darüber informiert wurden, dass die „Belieferungsmöglichkeit eingestellt“würde.
Hörspiele, für die die Musikapp eigentlich ebenso der falsche Ort ist, sind von den Maßnahmen übrigens nicht betroffen und können vorerst weiter wie gewohnt genutzt werden.
Hilft der Anbieterwechsel?
Freuen dürfte sich über diesen Schritt die Konkurrenz. Zwar eignet sich Spotifys App ebenso wenig wie Apple Music zum Anhören von Hörbüchern (oder
Podcasts). Die Audioinhalte bei Spotify aber weiterhin kostenfrei, respektive im Rahmen des ohnehin schon bezahlten Abos, genießen zu können, dürfte viele Nutzer:innen den Ärger über das unzulängliche Userinterface vergessen lassen.
Traurige Entscheidung Gerade dank Apps wie Eary AM und Lisimo waren Hörbücher in Apple Music ein echter Mehrwert für den Dienst.
Wer gesteigerten Wert auf eine App legt, die sich vorbildlich um Hörbücher kümmert und, anders als Hörbuch-platzhirsch Audible, trotzdem eine echte Flatrate anbietet, sollte sich Deezer näher anschauen. Der Musikstreaming-dienst aus Paris bietet mit „Audiobooks by Deezer“sogar eine eigenständige App für den Zugriff auf den Deezer-hörbüchkatalog an.
Während bei allen genannten Flatrate-diensten für gewöhnlich viele aktuelle Titel fehlen, verfolgt
Audible weiter das seit Jahren bekannte Modell: Für jeweils rund 10 Euro kann ein sogenannter „Credit“erworben werden, der wiederum gegen ein Hörbuch der Wahl eingetauscht werden kann. Ausnahmen gibt es allerdings auch hier: Immer wieder lassen sich in Audibles Katalog Hörbücher finden, die nur einen halben Credit kosten. Für andere, besonders lange (und oft populäre) Aufnahmen verlangt Audible hingegen manchmal sogar zwei Credits – zumindest in der Zeit unmittelbar nach Veröffentlichung des Titels.
Aus für Drittanbieter-apps?
Besonders schade ist Apples Schritt für Entwickler:innen von Apps, die auf der Musik- (und nun ehemaligen Hörbuch-) Flatrate aufsatteln. Die App Eary AM etwa war darauf spezialisiert, einen beschreitbaren Weg durch Apples Hörbuch-dickicht zu schlagen. Außerdem lieferte sie zahlreiche in Apples Musik-app schmerzlich vermisste Hörbuch-features nach. Kurz nach Bekanntwerden der Änderungen an Apples Angebot wurde die App offline genommen und ist es zu Redaktionsschluss auch noch.
Andere vergleichbare Apps wie Lisimo (ehemals Spooks) sind weiterhin verfügbar und verbinden sich in der Regel auch mit den Hörbuch-angeboten von Spotify, Deezer und Napster.
Was will Apple erreichen?
Unklar ist, ob Apple plant, das nun gestrichene Angebot in anderer Form wiederzubeleben und etwa mit einer vollumfänglichen Hörbuch-flatrate in direkte Konkurrenz zu Audible zu treten.
Vorstellbar ist aber, dass Apple maximal vom durch den anhaltenden Podcast-boom und durch die Pandemie zusätzlich angeheizten Hörbuch-hype profitieren möchte und die Titel tatsächlich überhaupt nicht mehr im Rahmen einer wie auch immer gearteten Flatrate anbietet.
Einzig eine Rückkehr von Hörbüchern in die Musik-app scheint wirklich auszuschließen zu sein.