Digitaler Sternenstaub
In der Weihnachtszeit leuchtet ein heller Stern am Himmel und verkündet die freudige Botschaft von der Einzigartigkeit des Menschen, wenn du dir ein Stück vom Mond kaufst.
NFTS sind ein riesiger Betrug. So groß, dass du es gar nicht siehst. Anders als bei Staatsanleihen, Aktien oder Immobilien und Kunstwerken sind die sogenannten Non-fungible Token echte Kunstwerke, wort-wörtlich: nicht real. Das Kunst-stück besteht darin, dich glauben zu lassen, dein NFT sei etwas Besonderes: deine persönlich einmalige Verbindung zu einem digitalen Kunstwerk.
Dein NFT ist nichts weiter als ein Eintrag in einer Datenbank. Diesen Service lässt sich jemand teuer bezahlen. Die Methode ist nicht neu. Denke etwa an Sternen-patenschaften oder Sternentaufen, die im Internet angeboten werden: Ein Stern am Nachthimmel wird dir überschrieben und du bekommst eine App, die dir deinen Stern zeigt. Ein offizielles Zertifikat auf echtem Papier bestätigt dir – ja, was eigentlich?
Einer verkauft Grundstücke auf dem Mond. Das sieht sogar richtig amtlich aus, denn den Vertrieb der Claims verantwortet die Lunar Embassy, die Mondbotschaft. Das Produkt: Mondgrundstücke zum Mondpreis. Mangelnde Geschäftsfähigkeit darf man dem Anbieter nicht vorwerfen. Allenfalls die Käufer:innen von Mondarealen, Sternennamen und NFTS sollten sich Gedanken machen.
Die meisten NFTS werden nicht direkt verkauft, sondern in einer der zahlreichen Crypto-währungen getauscht. Zunächst musst du in einen kompatiblen Crypto-coin investieren. Die digitalen Begehrlichkeiten potenzieren sich, weil die Kurse dieser alternativen Währungen stark schwanken. Da viele NFTS auf Plattformen versteigert werden, dürften sich halbwegs vernünftige Menschen an den Rausch ihrer ersten Ebay-auktion erinnern. Dieses Glücksgefühl, wenn wenige Cents den Zuschlag bringen.
Die Rolle der Mondbotschaft übernimmt bei Crypto-währungen – wie Bitcoin, Ethereum und wie sie alle heißen – die Blockchain. Die Nft-crypto-kunst zündet eine weitere Endstufe, die Kurse von Crypto-coins in eine höhere Umlaufbahn zu befördern. Schwer zu sagen, ob Künstler:innen, Käufer:innen und Kontobewegungen sich vollkommen losgelöst in eigenen Sphären bewegen. Nftkünstler:innen stehen jedenfalls in Komplizenschaft mit den Cryptocoinern.
Sie sind berauscht von der Aussicht auf mühelosen Reichtum durch steigende Crypto-kurse und beflügelt von der Ansicht, sich in der Blockchain von staatlich-kontrollierten Banken befreit zu haben. Dabei können sich Crypto-coins schneller in Mondstaub verwandeln, als den Beteiligten lieb und teuer sein kann. Der Staat müsste Bitcoins und die anderen Cryptotaler lediglich als digitale Produkte verstehen und dann die Mehrwertsteuer aufschlagen.
Matthias Parthesius entschlüsselt Botschaften aus dem Internet und schreibt über Tücken der Technik.