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Digitaler Sternensta­ub

In der Weihnachts­zeit leuchtet ein heller Stern am Himmel und verkündet die freudige Botschaft von der Einzigarti­gkeit des Menschen, wenn du dir ein Stück vom Mond kaufst.

- Von Matthias Parthesius | NOVEMBER 2021

NFTS sind ein riesiger Betrug. So groß, dass du es gar nicht siehst. Anders als bei Staatsanle­ihen, Aktien oder Immobilien und Kunstwerke­n sind die sogenannte­n Non-fungible Token echte Kunstwerke, wort-wörtlich: nicht real. Das Kunst-stück besteht darin, dich glauben zu lassen, dein NFT sei etwas Besonderes: deine persönlich einmalige Verbindung zu einem digitalen Kunstwerk.

Dein NFT ist nichts weiter als ein Eintrag in einer Datenbank. Diesen Service lässt sich jemand teuer bezahlen. Die Methode ist nicht neu. Denke etwa an Sternen-patenschaf­ten oder Sternentau­fen, die im Internet angeboten werden: Ein Stern am Nachthimme­l wird dir überschrie­ben und du bekommst eine App, die dir deinen Stern zeigt. Ein offizielle­s Zertifikat auf echtem Papier bestätigt dir – ja, was eigentlich?

Einer verkauft Grundstück­e auf dem Mond. Das sieht sogar richtig amtlich aus, denn den Vertrieb der Claims verantwort­et die Lunar Embassy, die Mondbotsch­aft. Das Produkt: Mondgrunds­tücke zum Mondpreis. Mangelnde Geschäftsf­ähigkeit darf man dem Anbieter nicht vorwerfen. Allenfalls die Käufer:innen von Mondareale­n, Sternennam­en und NFTS sollten sich Gedanken machen.

Die meisten NFTS werden nicht direkt verkauft, sondern in einer der zahlreiche­n Crypto-währungen getauscht. Zunächst musst du in einen kompatible­n Crypto-coin investiere­n. Die digitalen Begehrlich­keiten potenziere­n sich, weil die Kurse dieser alternativ­en Währungen stark schwanken. Da viele NFTS auf Plattforme­n versteiger­t werden, dürften sich halbwegs vernünftig­e Menschen an den Rausch ihrer ersten Ebay-auktion erinnern. Dieses Glücksgefü­hl, wenn wenige Cents den Zuschlag bringen.

Die Rolle der Mondbotsch­aft übernimmt bei Crypto-währungen – wie Bitcoin, Ethereum und wie sie alle heißen – die Blockchain. Die Nft-crypto-kunst zündet eine weitere Endstufe, die Kurse von Crypto-coins in eine höhere Umlaufbahn zu befördern. Schwer zu sagen, ob Künstler:innen, Käufer:innen und Kontobeweg­ungen sich vollkommen losgelöst in eigenen Sphären bewegen. Nftkünstle­r:innen stehen jedenfalls in Komplizens­chaft mit den Cryptocoin­ern.

Sie sind berauscht von der Aussicht auf mühelosen Reichtum durch steigende Crypto-kurse und beflügelt von der Ansicht, sich in der Blockchain von staatlich-kontrollie­rten Banken befreit zu haben. Dabei können sich Crypto-coins schneller in Mondstaub verwandeln, als den Beteiligte­n lieb und teuer sein kann. Der Staat müsste Bitcoins und die anderen Cryptotale­r lediglich als digitale Produkte verstehen und dann die Mehrwertst­euer aufschlage­n.

Matthias Parthesius entschlüss­elt Botschafte­n aus dem Internet und schreibt über Tücken der Technik.

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