Interview mit Profi-fotograf Peter Rigaud
»Das iphone war sicher der größte und nachhaltigste Gamechanger der vergangenen Jahre“«
In welchem Verhältnis steht bei Ihnen die Vorbereitung zu einem Fotoshoot, das Schießen vor Ort und die Nachbearbeitung, und was machen Sie bei Letzterem genau?
Das Verhältnis dieser Variablen ist stark abhängig von dem individuellen Fotoshoot. Ich versuche, mich immer möglichst umfassend und gut auf jeden Fototermin vorzubereiten: Wie wurde die Person in der Vergangenheit abgelichtet, fühlt sie:er sich wohl vor der Kamera, auch die Location ist mir persönlich sehr wichtig, die Entscheidung Studio oder „on location“, ebenso das Styling – was trägt die Person? Es sollte immer genug Freiraum für Improvisation und spontane Ideen vorhanden sein. Das hängt natürlich sehr stark davon ab, wie viel Zeit ich mit den Menschen vor der Kamera bekomme. Für mich ist die Postproduktion sehr wichtig, wobei ich gerne die Fotografie als Abbild der Realität sehe und in der Menschenfotografie weniger auf extreme Postproduktion zurückgreife. Für mich ist ein Foto auch immer ein Zeichen des aktuellen Zeitgeistes, ob bewusst oder unbewusst. Selbstverständlich kann die Postproduktion auch einer Mode unterliegen, mag Schwarz/weiß nötig sein, besonders saturierte Bilder oder ein entsättigter Stil. Die finale Postproduktion übergebe ich vertrauensvoll an meinen langjährigen Mitarbeiter Florian Heske, der schon über zwanzig Jahre lang alle meine Bilder final bearbeitet, immer in gegenseitiger Absprache.
Welche digitalen Werkzeuge setzen Sie dabei regelmäßig ein?
Der erste Schritt nach dem Fototermin ist, die Bilder auf den Computer zu übertragen. Danach lege ich eine Auswahl in Bridge/photoshop fest, in Cameraraw lege ich persönlich den ersten Look fest. Dies entspricht eher einer Skizze, die dann in low res (niedriger Auflösung) manchmal schon Kund:innen übermittelt wird. Die finale Auswahl wird immer in Photoshop bearbeitet. Mein iphone habe ich immer dabei, aber dies sehe ich eher als digitalen Skizzenblock. Private Fotos mache ich nur mehr mit iphone, vor allem liebe ich die Video-funktion!
Kommt das iphone auch bei Aufträgen zum Einsatz, und gibt es Apps, die Sie zum Verändern von Bildern besonders gerne verwenden?
Noch nicht, aber die Betonung liegt auf noch. Die Bilder für die Erstellung von kurzen Social-media-beiträgen werden großteils mit dem iphone fotografiert. Das iphone war sicher der größte und nachhaltigste Gamechanger der vergangenen Jahre. Es hat unseren Alltag grundsätzlich beeinflusst, im Bereich der Fotografie aber wirklich Bahnbrechendes geleistet. Speziell bei der Pre-postproduktion bei der Verwendung der Presets für Bildbearbeitung. Diesen Umstand hätte ich noch vor ein paar Jahren nicht für möglich gehalten. Auch, weil die klassischen Kamerahersteller
diesen Trend total übersehen haben und erst ganz langsam mit Innovationen nachziehen, versuchen dagegenzuhalten. Apps, die ich gerne im Alltag verwende, sind Lightroom für Fotos und Inshot, Filmbox, Slowfast sowie Chromic für Kurzfilme und Reels.
Auf was sollten Hobby-fotograf:innen beim Fotografieren mit dem iphone vor Ort besonders achten, was können sie Ihrer Meinung nach später noch „rausholen“? Alle Nutzer:innen sollten sich bewusst sein, dass ein iphone-bild nicht dem realen RAW oder JPG-BILD einer konventionellen Fotokamera entspricht. Ich bin immer wieder überrascht und positiv beeindruckt, welchen Blendenumfang (hell/dunkel-kontrast) ein iphone automatisch korrigiert. Ich persönlich verwende mein iphone als fotografisches Skizzenbuch, aber auch als Fun-projekt. Alles ist erlaubt, es gibt keine Fehler, nahezu alles ist korrigierbar und das wichtigste: Die meisten Features sind intuitiv wahrnehmbar. Ich persönlich nehme alle Fotos oder Videos im normalen Modus auf. Die verschiedenen sinnvollen Fähigkeiten können später ganz einfach hinzugefügt werden, zum Beispiel bei Video-aufnahmen Beschleunigung oder Verlangsamung, bei Fotos der Porträtmodus. Was war in Ihrer Karriere der schlimmste Fehler, den Sie später nicht mehr korrigieren konnten
Als ich einmal vergaß, einen Film einzulegen.