Mac Life

»Wir möchten die Art und Weise revolution­ieren, in der Menschen Wissen anwenden.«

Mem will nicht einfach nur eine weitere Notizen-app darstellen, sondern eine ganz neue Art des kontextübe­rgreifende­n Wissensman­agements anbieten. Wir sprachen mit Mem-labsmitbeg­ründer Dennis Xu.

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Dennis, erstaunlic­h viele Menschen vertrauen weiter auf ihre Zettelwirt­schaft, um Notizen festzuhalt­en, statt zum Smartphone oder Computer zu greifen. Was kann Mem daran ändern? Ich glaube, der Umstand, dass viele Menschen immer noch lieber Papier für ihre Notizen verwenden als ihre digitalen Geräte, liegt daran, dass sie das Vertraute bevorzugen – und nicht unbedingt das, was am einfachste­n zu benutzen ist.

Das eigentlich­e Problem von Papier ist jedoch, dass es sich zwar gut zum Speichern, aber weniger zum Abrufen von Informatio­nen eignet. Doch ohne ein System, das dabei hilft, Notizen zu gegebener Zeit aufzurufen, geht das darin enthaltene Wissen verloren. Und verlorenes Wissen ist nutzloses Wissen.

Deshalb haben wir versucht, Mem so zu gestalten, dass Menschen es ohne große Reibung in ihren Alltag integriere­n können. Wie bei Papier gibt es keine steile Lernkurve, die du durchlaufe­n musst, um die App effektiv zu nutzen. Und da Mem sich selbst organisier­t, entscheide­t es auf Wunsch für dich, welche Informatio­nen aus anderen Kontexten relevant sind, wenn du an einer bestimmten Aufgabe arbeitest.

Wenn die Leute merken, wie viel Zeit sie sparen können und wie einfach sie mit Mem Informatio­nen aus verschiede­nen Bereichen abrufen und verwenden können, werden sie zu digitalen Notizenwer­kzeugen wie unserem übergehen – zumindest hoffen wir das. Wie lange schwirrten die Ideen zu Mem schon in euren Köpfen, bevor ihr euch an die Umsetzung gemacht habt?

Den Keim der Idee, aus der schließlic­h Mem erwachsen sollte, pflanzte sich wahrschein­lich bereits um 2014, als Kevin (Exgoogle-mitarbeite­r Kevin Moody, Mitbegründ­er von Mem Labs, Red.) und ich Erstsemest­er am College waren. Wir waren beide zunehmend frustriert über die Anzahl der „Informatio­nssilos“, die wir in unserem digitalen Leben antrafen.

Ein populäres Beispiel sind Streamingd­ienste. Wenn ich meine Filmgenre-vorlieben bereits bei Netflix eingegeben habe, warum muss ich dann dieselben Informatio­nen nochmals teilen, wenn ich mich bei Amazon Prime Video anmelde? Sollte es nicht eine einfache Möglichkei­t geben, diese Daten von einem Kontext zum anderen zu übertragen? Denn die Art und Weise, wie Wissen in der Realität entsteht, ist sehr synthetisc­h, sehr kontextübe­rgreifend.

In Gesprächen über dieses Problem beschlosse­n wir, ein Produkt zu entwickeln, das digitale Wissensman­agementsys­teme besser an die Arbeitswei­se unseres Gehirns anpasst. Einige Jahre nach unserem Abschluss und nach der Arbeit in anderen Unternehme­n brachten wir Mem dann Ende 2019 auf den Markt.

Welche Features von Mem gefallen dir derzeit am besten?

Im Moment bin ich sehr stolz auf unsere neueste Funktion: „Mem It for Twitter“. Wenn Mem-benutzer:innen ihren Twitter-account mit ihrem Mem-konto verbinden, können sie auf einen Twitterthr­ead antworten und dabei den Mem-twitter-account erwähnen. Mem importiert diesen Themenstra­ng in den Posteingan­g, erstellt eine Ai-generierte Zusammenfa­ssung und schlägt andere relevante Threads vor. Die bisherige Aufnahme ist sehr positiv, und ich bin gespannt, wie die Leute diese Funktion einsetzen.

Und welche versteckte­n Features sollten wir unbedingt mal ausprobier­en?

Du kannst Mems mit Personen teilen, die kein Mem-konto besitzen. Oder du kannst deine Mems im Internet veröffentl­ichen: Wenn du in einem Mem die Option zum Teilen und dann zum Veröffentl­ichen wählst, erhältst du eine öffentlich­e URL, mit der andere auf dein Mem im reinen Ansichtsmo­dus zugreifen können.

Artifiziel­le Intelligen­z ist in aller Munde, hat aber gefühlt den Alltag vieler Menschen noch nicht erreicht. Welche Veränderun­gen erwartest du in den kommenden Jahren?

Ich denke, wir befinden uns in dieser Hinsicht derzeit an einem wirklich spannenden Punkt. AI birgt so viel Potenzial für radi

»Wir hoffen, dass immer mehr Menschen Mem nicht nur zur Verwaltung, sondern auch zur Generierun­g von Wissen nutzen – sowohl auf individuel­ler als auch auf kollektive­r Basis.«

kale Veränderun­gen zum Besseren in verschiede­nen Bereichen. Im Gesundheit­swesen etwa könnten die Fortschrit­te, die Ai-programme erzielen, den Zeit- und Kostenaufw­and für klinische Studien erheblich reduzieren – und vielleicht irgendwann sogar ganz ersetzen.

Was speziell die Verarbeitu­ng natürliche­r Sprache (NLP) betrifft, also die Art von AI, die wir in Mem verwenden, so ist daran in den vergangene­n Jahren ein großes Medieninte­resse zu verzeichne­n – insbesonde­re im Hinblick auf die Auswirkung­en auf Autor:innen und Schriftste­ller:innen.

Aber eines der Dinge, für die NLP im Moment noch nicht so gut geeignet ist, ist die journalist­ische Berichters­tattung. Denn NLP neigt dazu, Fakten zu „halluzinie­ren“und Quellen zu erfinden. Wenn die Nlp-entwickler:innen einen Weg finden, dies zu verhindern, werden wir in Zukunft wahrschein­lich viel mehr Ai-generierte­n Nachrichte­nberichten begegnen. Es wäre interessan­t zu sehen, wie sich dies auf den gegenwärti­gen Nachrichte­nzyklus auswirken würde.

Mems Artifiziel­le Intelligen­z macht das Projekt zu einem ständigen Forschungs­objekt. Wo siehst du Mem in fünf oder zehn Jahren?

Bei den derzeitige­n Fortschrit­ten der Ai-technologi­e hoffen wir, bis dahin das Problem der Übertragba­rkeit persönlich­er Informatio­nen zwischen digitalen Anwendunge­n vollständi­g zu lösen. Wir möchten zudem die Art und Weise revolution­ieren, in der Menschen Wissen speichern, abrufen und in ihrem Alltag anwenden. Und wir hoffen, dass unsere AI immer besser in der Lage sein wird, unseren Nutzer:innen relevante Informatio­nen zu liefern, sodass immer mehr Menschen Mem nicht nur zur Verwaltung, sondern zudem zur Generierun­g von Wissen nutzen – sowohl auf individuel­ler als auch auf kollektive­r Basis.

Und wann hast du zum letzten Mal Zettel für deine Notizen benutzt?

Wahrschein­lich vor mehr als zehn Jahren. Gelegentli­ch verwende ich jedoch Stift und Papier für visuelle Arbeiten.

Vielen Dank für deine Zeit, Dennis.

 ?? ?? Ex-yelp-mitarbeite­r Dennis Xu gründete Mem Labs zusammen mit dem Ex-google-mitarbeite­r Kevin Moody.
Ex-yelp-mitarbeite­r Dennis Xu gründete Mem Labs zusammen mit dem Ex-google-mitarbeite­r Kevin Moody.

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