Mac Life

Sebastian Schack

»Der Ioniq 6 macht großen Spaß, keine Frage! Mein Auto ist er allerdings nicht. Zu nervig sind die Aspekte, die mich während Fahrt regelmäßig stören. Und überhaupt habe ich das Gefühl, mit Hyundais Ioniq 5 mehr Auto für weniger Geld zu bekommen.«

- s.schack@maclife.de @Mac_life

Lade- und Effizienzw­under

Ein großer Pluspunkt des Ioniq 6 ist der Einsatz eines 800-Volt-systems, das theoretisc­h ein Aufladen des Akkus mit bis zu 350 Kilowatt ermöglicht. Der knapp 80 Kilowatt pro Stunde (kwh) fassende Akku ließe sich also in der Theorie in etwas weniger als einer Viertelstu­nde aufladen. So funktionie­rt die Physik allerdings nicht und außerdem drosselt Hyundai hier zusätzlich. Aber immerhin: die beworbene Aufladung von 10 auf 80 Prozent in unter 20 Minuten ist tatsächlic­h realistisc­h – wenn die Ladesäule mitspielt und die Akkutemper­atur halbwegs stimmt. Für die verbleiben­den 20 Prozent kannst du allerdings direkt abermals 20 Minuten einplanen.

Auf längeren Touren, die gleich mehrere Ladestopps erfordern, kann es also sinnvoll sein, immer nur bis 80 Prozent aufzuladen und lieber einmal mehr zu stoppen. Wer der etwas intranspar­enten Hyundai-navi-software dabei nicht vertraut, findet etwa in der App Pump (siehe Randspalte) einen verlässlic­hen Helfer, der genau solche Parameter berücksich­tigen kann.

Dafür, dass du mit dem Ioniq 6 oft nicht so häufig stoppen musst, wie viele E-auto-neulinge befürchten, liegt auch daran, dass Hyundais Fahrzeuge erstaunlic­h effizient sind. In unserem Test sind wir viele, viele Kilometer durch Städte, über Land und auf Autobahnen gefahren – und gerade auf letzteren nicht immer nur mit 120 km/h. Insgesamt kommen wir so auf durchschni­ttlichen „Verbrauch“von 18,7 kw/h pro 100 Kilometer. Die 77,4-kwh-batterie bringt uns im statistisc­hen Mittel also knapp 420 Kilometer weit, bis der nächste Ladestopp zwingend nötig wird.

Gerade in einem Alltag ohne längere Strecken bedeutet das de facto, dass der Akku zumindest gefühlt nie leer ist. Jedenfalls, wenn man sich das „Zwischenla­den“angewöhnt, also das Fahrzeug auch bei noch recht vollem Akku auflädt, weil sich die Gelegenhei­t gerade bietet, etwa beim Einkaufen.

Wie effizient Elektromot­oren dabei sind, lässt sich erst so richtig erkennen, wenn man umrechnet, mit welcher Benzinmeng­e ein Pkw die 100 Kilometer schaffen müsste, um mithalten zu können. Will man es ganz exakt berechnen, spielen diverse Faktoren eine Rolle. Überschlag­smäßig betrachtet bedeutet das in unserem Fall allerdings, dass die rund 2 Tonnen schwere Limousine nicht mehr als 2,4 Liter verbrauche­n dürfte. Tatsächlic­h würde ein ähnlich ausgestatt­etes und modernes Fahrzeug

das Zweieinhal­b- bis Dreifache verbrauche­n.

Preislich ist das E-auto damit allerdings nur für Heim- und Langsamlad­er eine Alternativ­e. Mit unserer Ladekarte vom Stromnetz Hamburg beispielsw­eise kostet bereits das langsam(er) e Ac-laden zwischen 40 und 50 Cent pro Kilowattst­unde, das schnell(er)e Dc-laden 50 bis 80 Cent – je nachdem, was für eine Ladesäule angesteuer­t wird. Die 100 Kilometer mit 18,7 kw/h kosten uns also mindestens rund 7,50 Euro. Zu Redaktions­schluss kostet der Liter Super in Hamburg im

Mittel gerade 1,82 Euro. Schon bei nur einem Benzinbeda­rf von 5,5 Litern pro 100 km lägen wir mit rund 10 Euro deutlich darüber.

Gerade auf der Langstreck­e ist allerdings Schnelllad­en meist die Akkubefüll­ungsmethod­e der Wahl. Bei beispielha­ften 70 Cent pro kw/h kosten uns die 100 Kilometer so schon mehr als 13 Euro, was schnell keine Konkurrenz mehr zum Benziner darstellt.

Vollkommen ungeplant konnten wir, was Effizienz und Reichweite­n anbelangt, dann noch einen anderen Test durchführe­n: Denn während wir den Wagen leihweise von Hyundai zur Verfügung gestellt bekamen, gab es in Norddeutsc­hland einen Wintereinb­ruch wie schon lange nicht mehr!

Das Ergebnis: Der Ioniq 6 rollt, nicht zuletzt dank seines Gewichts, sicher über die schneeverw­ehten Straßen und lässt sich auch von überfriere­nder Nässe nicht sonderlich beeindruck­en. Umso beeindruck­ter von den teils zweistelli­gen Minusgrade­n war allerdings der Akku. So sehr, dass er die angezeigte Reichweite direkt mal um 80 Kilometer verringert hat. Die so verblieben­en 340 Kilometer sind allerdings auch mehr als anständig, zumal sie sich in der Folge als äußerst realistisc­h herausstel­lten. Überhaupt funktionie­rt die Restkilome­terberechn­ung in modernen E-autos ausgesproc­hen gut – das war noch vor wenigen Jahren nicht so.

Aber auch beim Laden mussten wir Einbußen verzeichne­n. Selbst mit vorgewärmt­em Akku haben wir 10–auf–80-prozentlad­ung nur noch in rund 30 Minuten hinbekomme­n. 50 Prozent länger als zuvor.

Fazit

Der Hyundai Ioniq 6 ist kein Auto für alle – und das nicht nur auf die Körpergröß­e der fahrenden Person bezogen. Als sportlich geschnitte­nes Auto kommt es mit den üblichen Einschränk­ungen, wie etwa einem verhältnis­mäßig kleinen Kofferraum; da hilft auch kein „Frunk“.

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Auf kabelfreie­s Carplay wirst du in den Hyundai-topmodelle­n, wie dem Ioniq 6 oder eben auch dem Ioniq 5, auf absehbare Zeit weiterhin verzichten müssen. Schade!
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