Mac Life

Vom Jack zum Mac

Thomas Raukamp lernte den Mac vor allem als Kreativrec­hner kennen und schätzen. Doch der Weg dorthin erfolgte über einen Umweg.

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Der Macintosh – das ist dieser coole Würfel aus Amerika, oder? Für uns alle, die Mitte der 1980erjahr­e Kassetten und Disketten mit Spielen für den C64 mehr oder minder öffentlich auf dem Schulhof austauscht­en, umgab die Apple-computer der Mythos der Unerreichb­arkeit – nicht nur geografisc­h, sondern vor allem finanziell. Ich hatte niemanden mit einem Mac in meinem Bekanntenk­reis, selbst für einen Apple II reichte die Kohle nicht. Und den „coolen Würfel“durften wir höchstens in Us-fernsehser­ien bewundern.

Trotzdem sollten die Auswirkung­en des Mac irgendwann auch in mein Jugendzimm­er vordringen. Und zwar in Form eines Atari 1040 STE, aufgrund der Nähe seiner grafischen Oberfläche zum Original und nach dem Vornamen des Firmeninha­bers Jack Tramiel liebevoll „Jackintosh“genannt. Und der war eine Ansage: Mit dem gleichen leistungss­tarken Motorola-68000er-prozessor ausgestatt­et, lieferte er damals unglaublic­he 4 MB Speicher und eine höhere Bildschirm­auflösung gleich mit. Die Zukunft war gelandet.

Tatsächlic­h blieb ich dem Atari auch nach dessen Untergang treu. Und zwar bis zum Ende des Jahrtausen­ds, als ein Power Mac G4 das versprach, was meine Lieblingsf­irma nicht mehr zu liefern fähig war: Leistung ohne Ende. Apple selbst machte Fans den Umstieg schmackhaf­t und platzierte Anzeigen für die damalige Macperform­a-reihe in Atari-magazinen. Die Portierung des Ataribetri­ebssystems in Form des Emulators „Magicmac“durch die deutsche Softwaresc­hmiede „Applicatio­n Systems Heidelberg“sollte sich dabei als trojanisch­es Pferd erweisen.

Der Einstieg war … holprig. Im Vergleich zum Atari präsentier­te sich das klassische Mac OS 9 hakelig und instabil – ich brauchte Wochen, um zu kapieren, dass ich Programmen eigenhändi­g Speicher zuweisen musste. Erst mit Mac OS X begann ich die Faszinatio­n Mac(intosh) vollends zu begreifen: Der G4 hob meine musikalisc­hen

Ambitionen weit über das vom Atari angebotene Midisequen­cing. Virtuelle Instrument­e machten schon bald die Regale voller Synthesize­r, die ich mir über Jahre angelegt hatte, arbeitslos. Zudem läutete er bei falkemedia das Indesignze­italter ein: Kam vorher vornehmlic­h das nur Eingeweiht­en bekannte Calamus SL auf dem Atari TT zum Einsatz, rannte der neuartige Pagemaker-killer von Adobe nun in voller Geschwindi­gkeit, um Zeitschrif­ten – wie eine frisch aus der Taufe gehobene Mac Life – zu gestalten.

Das ipad ist der heutige Mac

Heute erscheint mir der Mac fast wie ein lieb gewonnenes Relikt – wie eigentlich jeder Desktop-rechner. Denn das ipad verkörpert die Ur-idee von Steve Job für sein „Baby“viel mehr als die heutigen Inkarnatio­nen des Mac, so leistungsf­ähig sie auch sein mögen: den Computer nahezu ganz hinter einem Sichtfeld in die Software verschwind­en zu lassen und Programme natürlich, ja im wahrsten Sinne anfassbar zu gestalten. Insofern könnte die Vision Pro tatsächlic­h der logische nächste Schritt sein, der die virtuelle Welt vollends greifbar macht, wenn auch nicht in ihrer gegenwärti­gen, klobigen Form.

 ?? ?? Macintosh Quadra 605 aka LC 475 aka Performa 475 aka Performa 476: viele Namen für ein Gerät. Für Thomas Raukamp war die „Pizzaschac­htel“der erste Mac – mit Magicmac als Atari im Apple-kleid.
Macintosh Quadra 605 aka LC 475 aka Performa 475 aka Performa 476: viele Namen für ein Gerät. Für Thomas Raukamp war die „Pizzaschac­htel“der erste Mac – mit Magicmac als Atari im Apple-kleid.

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