SPURENSUCHE
Gaia Repossi leitet das Schmuckhaus Repossi – mit Liebe für Heritage wie Zeitgeist. Ein Studiobesuch an der Place Vendôme
Mit Liebe für Familie und Zeitgeist leitet Gaia Repossi ihr Schmuckhaus. Ein Studiobesuch bei der ehrwürdigen, aber sehr modernen Marke Repossi
„Meine Schmuckstücke sollen Repräsentanten ihrer Zeit sein.“Gaia Repossi
Die Marke Repossi mag zwar ein ehrwürdiges Schmuckhaus aus den 40er-Jahren sein, die Schmuckstücke jedoch sind alles andere als Art Déco. Als Gaia Repossi mit gerade einmal einundzwanzig Jahren den Kreativposten des Hauses übernahm, krempelte sie die Ästhetik der Traditionsmarke komplett um und präsentiert heute cleane, skulpturale Stücke mit Anleihen aus verschiedenen Kunstströmungen und Epochen.
„Die Schmuckbranche war zu konventionell. Eine moderne Frau konnte sich damit meiner Meinung nach nicht mehr identifizieren“, erklärt Gaia. Aus diesem Grund wollte die heute 34-Jährige ursprünglich eigentlich nicht in das Familienunternehmen einsteigen. Sie studierte Kunst, wollte Malerin werden. Doch der Passion für das Metier konnte sie nicht entfliehen: „Mein Vater hat Arbeit und Privates nie getrennt. So wurde ich ganz unbewusst von ihm für Schmuckdesign ausgebildet – obwohl ich alles ablehnte und sehr rebellisch war.“Ihr Masterstudium in Archäologie und Anthropologie eröffnete Gaia dann eine ganz neue Perspektive auf Schmuck und sensibilisierte sie für seine kulturelle Bedeutung: „Ich habe viel über Schmuck als Artefakt, Sprache und Ausdruck sozialer Identität gelernt. Das hat mein Interesse geweckt.“Besonders interessant ist für Gaia, wie sich Zeitgeist und gesellschaftliche Strömungen in einem Schmuckstück ausdrücken können: „Ich möchte, dass auch meine Stücke spiegeln, was gerade relevant in der Welt ist. Sie sollen Repräsentanten ihrer Zeit sein.“Neben zeitgemäßen Strömungen inspirieren Gaia aber auch antike Designs und traditioneller Stammesschmuck.
„Das Vertrauen meines Vaters gab mir die Freiheit, meinen eigenen Weg zu finden, um mich auszudrücken.“Gaia Repossi
Für sie zählt jedoch nicht nur das Schmuckstück an sich, sondern auch die fotografische Präsentation. „Die Bildsprache eines Unternehmens ist natürlich ausschlaggebend“, erklärt sie. „Für mich ist nicht eine detailgenaue, superkolorierte Abbildung eines Schmuckstücks wichtig in der Kommunikation, sondern das Frauenbild, das damit transportiert werden soll.“Für ihre erste Kampagne arbeitete Gaia daher mit dem Provokateur und Starfotografen Juergen Teller zusammen. Was dabei herauskam, hatte nichts mit der traditionellen, überladenen Bildsprache der klassischen Schmuckindustrie zu tun: Es waren poetische Bilder von zerbrechlicher, ungeschminkter Femininität. „Eine wundervolle Kampagne“,
resümiert Gaia. „Ich bin meinem Vater sehr dankbar, dass er mir von Anfang an so viel Vertrauen geschenkt hat. So konnte ich meinen ganz eigenen Weg finden und meine Vision zum Ausdruck bringen.“
Auch auf ihren Reisen findet Gaia regelmäßig Anreize für neue Kollektionen. Besonders in den USA hält sie sich regelmäßig auf. „Ich würde mich jetzt nicht als ‚all american girl‘ beschreiben“, meint sie, „aber die Kunstszene der Fifties um Jackson Pollock und die Porträtfotografie von Robert Mapplethorpe aus den 80ern haben mich nachhaltig beeinflusst.“Apropos: Kürzlich lancierte sie zusammen mit der Robert Mapplethorpe Foundation eine achtteilige Kollektion, die mit den Signaturen des verstorbenen Künstlers spielt. So findet sich zum Beispiel die amerikanische Flagge stilisiert auf einem geschwungenen Goldring wieder – in Anlehnung an die Fotografie von Mapplethorpe-Muse Lisa Lyon von 1982, auf der sie in eine wehende Flagge gehüllt ist. Mit dieser Kollektion möchte Gaia weiterhin mit der Klassik der französischen Schmuckindustrie brechen. „Es ist die erste Kollektion, die für Männer und Frauen gleichermaßen funktionieren soll“, erzählt sie. „Ich habe mir vorgenommen, das Image von Repossi noch genderneutraler zu gestalten. Das trifft für mich den aktuellen Zeitgeist einfach besser und stimmiger.“