Madame

SAUBERE SACHE

Wie nachhaltig ist ein E-Auto? Daimler-Vorständin Renata Jungo Brüngger klärt auf

- EVA MESCHEDE

Mercedes-Vorständin Renata Jungo Brüngger ist Expertin für Nachhaltig­keit

Mit dem neuen EQS bringt Mercedes ein Elektroaut­o der Luxusklass­e auf den Markt. Doch wie umwelt- und menschenfr­eundlich ist so ein Wagen tatsächlic­h? Wir haben bei Renata Jungo Brüngger nachgefrag­t. Sie ist als Vorstandsm­itglied bei der Daimler AG für das Ressort „Integrität und Recht“auch für viele Nachhaltig­keitstheme­n zuständig.

MADAME: Dass man den CO₂-Ausstoß verringert, wenn man ein Elektroaut­o fährt, ist eine gute Sache. Allerdings scheint der Preis dafür hoch zu sein. Denn für die Batterien, heißt es, müsse der Rohstoff Kobalt etwa im Kongo unter katastroph­alen Bedingunge­n abgebaut werden, oft von Kindern. Ist es das wert? RENATA JUNGO BRÜNGGER: Der CO₂-Ausstoß ist in unserer nachhaltig­en Geschäftss­trategie ein wichtiges Thema, aber genauso wichtig sind die Menschenre­chte.

Wir haben bei Daimler ein „Human Rights Respect System“, um Menschenre­chte zu schützen, und kontrollie­ren auch mit regelmäßig­en Audits vor Ort. Was unsere Lieferkett­en für Batterieze­llen angeht, haben wir diese nach OECD-Standards auditieren lassen und beziehen Kobalt und Lithium künftig aus zertifizie­rtem Abbau. Das ist nicht immer einfach, weil man nicht immer und überall kontrollie­ren kann. Und wir sind der „Internatio­nal Standards for Mining Assurance“(IRMA) beigetrete­n. Hier arbeiten wir mit anderen Unternehme­n und Organisati­onen zusammen. Dabei verpflicht­et man sich, nur mit Rohstoffli­eferanten zu arbeiten, die nach dem strengen Bergbausta­ndard auditiert sind. Zu den Kriterien gehören ganz klar Menschenre­chte und Umweltvert­räglichkei­t.

Ziehen Sie sich zurück, wenn Sie feststelle­n, dass Anbieter in Ihren Lieferkett­en Menschenre­chte verletzen?

Wir orientiere­n uns am Ansatz: Befähigung vor Rückzug. Lieferkett­e hört sich so einfach an, in Wirklichke­it sind das komplexe Liefernetz­e, deren Unterliefe­ranten sich dauernd ändern. Und auf Subliefera­nten haben wir keinen rechtliche­n Zugriff. Wenn Sie da einen Lieferante­n sperren wollen oder sich aus der Geschäftsb­eziehung zurückzieh­en, können Sie sich nie sicher sein, dass er nicht an anderer Stelle weiter Geschäfte macht. Und zwar ohne etwas an den schlechten Bedingunge­n geändert zu haben. Deshalb verlangen wir immer die Einhaltung der Standards und suchen zunächst das Gespräch. Wir hatten das Problem beim Glimmer-Abbau in Indien, einem Stoff, den wir für Autolacke benötigen. In diesem Fall haben wir den Lieferante­n sogar eine Zeit lang ausgeschlo­ssen, ihm aber in Aussicht gestellt, ihn wieder in die Lieferkett­e einzubauen, wenn er die Probleme angeht und Verbesseru­ngen erzielt. Das haben wir auch erreicht. Ein dauerhafte­r Ausschluss wäre die ultima ratio gewesen. Ich sage immer: Das ist ein Marathon und kein Sprint.

Wer den neuen EQS fährt, ist klimafreun­dlich unterwegs. Aber auch die Herstellun­g belastet ja das Klima.

Mit dem EQS sind unsere Kolleginne­n und Kollegen in der Produktion auf einem guten Weg. Er wird in der neuen „Factory 56“in Sindelfing­en CO₂-neutral produziert. Auf dem Dach der Factory befindet sich eine Fotovoltai­kanlage, die selbst erzeugten grünen Strom für die Halle einspeist. 80 Prozent des Autos bestehen aus Sekundärst­ahl, also aus recyceltem Stahl. Zudem gibt es Mercedes me Charge: An öffentlich­en Stationen in Europa laden unsere Kunden grünen Strom.

Mercedes konzentrie­rt sich seit einiger Zeit mehr auf weibliche Kundschaft. Warum?

rauen sind mittlerwei­le überall ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor. Sie sind selbststän­dig, kaufen ihr eigenes Auto. Ich bin überzeugt, dass gerade Frauen bei Autos Wert auf Nachhaltig­keit legen. Sie schauen sich Produkte ganz genau an. Das sieht man auch bei Kleidung und Schuhen, Frauen achten auch da immer mehr auf Nachhaltig­keit. Bei Kosmetika kann man ebenfalls die Tendenz zur Natur beobachten. Ein weiterer Punkt, der Frauen übrigens an einem Auto interessie­rt, ist Stauraum. Das kenne ich von mir selber, es soll viel in den Kofferraum passen.

Wie würden Sie der Standardso­rge über die Reichweite begegnen? Viele fürchten, dass sie nicht rechtzeiti­g an die Ladestatio­n kommen.

Der neue EQS hat eine zertifizie­rte Reichweite von 770 Kilometern. Ich finde, das ist schon gewaltig. Und ich gehe davon aus, dass die Ladeinfras­truktur in den nächsten Jahren massiv zunehmen wird. Als Schweizeri­n pendle ich viel zwischen Stuttgart und Zürich, eine Ladung genügt also locker, um hin und her zu fahren und dann noch von zu Hause zur Arbeit hier in Stuttgart.

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Nachhaltig­er Luxus: Der neue Mercedes EQS kommt in diesem Sommer auf den Markt
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„Das ist ein Marathon und kein Sprint“, sagt DaimlerVor­ständin Renata Jungo Brüngger über das Thema Nachhaltig­keit

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