VERWANDLUNGSKÜNSTLERIN
Hannelore Elsner sammelte Mode, jetzt wird der kostbare Nachlass versteigert
„Ohne Spiel ist mir das Leben zu ernst“, lautet das Motto von Hannelore Elsners Biogra- fie. Wie das Spielen war auch die Mode ein Lebenselixier für den Star. Sie sammelte die Kleider der größten Designer, von Dior bis Yamamoto. Jetzt wird dieser unglaubliche Schatz versteigert. Und MADAME bekam vorEinblick ab exklusiven in den Nachlass
Solange ich gut gekleidet bin, fühle ich mich gut. Hannelore Elsner
Lisa Goldmann, Kulturchefin bei MADAME, erinnert sich an die Mode-Ikone Hannelore Elsner:
Dass Hannelore Elsner, anfangs noch Elstner, etwas Besonderes ist, wurde früh klar. Auch modisch stach sie heraus. Schon als Teenager trug sie ausgefallene Kleider: ein Kostüm in Bonbonrosa mit engem Rock und ausgestellter Jacke, ein Paletot aus Tweed mit Pelzkragen. Woher ich das so genau weiß? Weil meine Mutter damals Hannelores Kleider „auftrug“. Ihre Eltern kannten sich von der Arbeit in München, und Hannelores Mutter gab meinem Großvater immer wieder mal Kleidungsstücke mit. Es war die Zeit, in der Hannelore das „t“aus ihrem Geburtsnamen strich, ihre Schauspielausbildung begann und erste Filmrollen übernahm. Meine Mutter hat mir das immer ein wenig stolz erzählt, für sie war und ist Hannelore nicht nur ein großer deutscher Filmstar, sondern auch eine Mode-Ikone. Als ich Hannelore Elsner später auf dem Bayerischen Filmball oder bei einer Premiere sah, verstand ich sofort, warum. Sie, die vor zwei Jahren so früh, viel zu früh, gestorben ist, war immer besser, ausgewählter gekleidet als die anderen. Selbstbewusst und spielerisch baute sie sich einen eigenen Modefundus auf, zu einer Zeit, als in Deutschland Mode noch als oberflächlich und unnütz abgetan wurde. Und ist es nicht heute immer noch so? Für Hannelore Elsner war Mode dagegen immer Teil ihres Lebens. Ein Ausdruck ihrer Persönlichkeit, aber auch ein Schutzpanzer gegen allzu intime Blicke von außen. „Solange ich gut gekleidet bin, fühle ich mich gut“, habe sie oft gesagt, erzählt ihr Sohn Dominik Elstner, der als Fotograf arbeitet und seine Mutter oft abgelichtet hat. Haltung bewahren, sich nicht alles anmerken lassen – auch ihre Krebserkrankung hielt sie lange geheim, weihte nur gute Freunde ein. Ihre Entscheidung, die Krankheit nicht öffentlich zu machen, war auch eine Entscheidung, das Leben zu feiern, so lange es nur irgendwie geht. Noch auf ihrem letzten Filmball 2018 raffte sie ihr goldenes Abendkleid, um über die Tische auf die Tanzfläche zu klettern. Doch wie großartig Elsners über Jahrzehnte angehäufte Modesammlung tatsächlich war, begriff ich erst, als ich die Kleider im Auktionshaus Neumeister sah. In mehreren Räumen hängen dort dicht an dicht die Entwürfe der ganz großen Designer. Bunte DriesVan-Noten-Mäntel neben Dior, Yves Saint Laurent, Jil Sander, von den 1960ern bis heute. YamamotoDesigns, die eher wie Kunstwerke aussehen denn wie Kleider, die Hannelore Elsner aber mit großer Selbstverständlichkeit und Souveränität trug. Ein gigantischer Schatz, der jetzt versteigert wird. MADAME bekam vorab exklusiven Einblick und stellt auf den kommenden Seiten einige Highlights der Auktion vor, teilweise kommentiert von Sohn Dominik. „Im letzten Jahr wurde ich zu einer Hannelore-Elsner-Expertin“, erzählt Katrin Stoll. Sie leitet das Auktionshaus Neumeister in München, das die Auktion durchführen wird. „Während unserer Recherche formte sich wie bei einem Puzzle nach und nach das Bild einer starken, selbstbestimmten Frau. Sie begleitete gesellschaftliche Umbrüche als Protagonistin, wie 1966, als sie in den Münchner Kammerspielen nackt auf der Bühne stand – erstmalig in einem deutschen Theater.“, so Stoll. Mit Vintage-Auktionen hat Neumeister Erfahrung. „Sie ziehen ein anderes Publikum an, weiblicher, interessiert an Design und Mode“, sagt Stoll. Auch Kunstberaterin Dr. Sonja Lechner erkennt ein steigendes Interesse an solchen Auktionen: „Es findet ein Paradigmenwechsel statt, eine wachsende Anerkennung für Mode.“Einige Sammler*innen investieren in Kleider wie in andere Kunstwerke, so manche Bieterin ist Mode-Enthusiastin, die die Designs auch gerne selbst trägt. Und das ist doch ein herrlicher, tröstlicher Gedanke: Dass noch viele Frauen die wunderbaren Kleider von Hannelore Elsner „auftragen“, wie es meine Mutter nennen würde.