Ausschweifen
Der Mann aus Oberbayern macht seit 40 Jahren Musik in den größten und besten Clubs der Welt, das legendäre New Yorker „Limelight“gehörte dazu. Er blieb immer nüchtern, kein Alkohol, keine Drogen. Bei einem Pensum von 200 Auftritten im Jahr reiner Selbstschutz. Ich habe ihn nach Clubs gefragt, die man auch mit über 40 Jahren noch unpeinlich betreten kann. Seine Antworten finden Sie ab S. 114.
Ein Mythos der Club-Kultur ist seit fast 20 Jahren das Berliner „Berghain“. In der aktuellen Netflix-Serie „Der Verfall des Hauses Usher“wird das „Berghain“als Referenzpunkt für einen der besten Clubs der Welt genannt. Ich war einmal anlässlich einer Vernissage von Norbert Bisky dort. Statt auf der Tanzfläche zu sein, saß ich an der Bar und unterhielt mich blendend mit dem „Berghain“-Eigentümer Norbert Thormann. Er führte mich dann durch die verschiedenen Ebenen und Räume, ein Paralleluniversum, eine Blackbox. Und genau das ist die Attraktion: Wir feiern, weil wir die Welt da draußen vergessen wollen, weil wir manchmal auch uns selbst vergessen wollen – Zwänge, Zuschreibungen, Pflichten, Funktionieren; Krisen, Kriege, Hass.
Vor gut hundert Jahren wurde in Berlin gefeiert, als gäb’s kein Morgen. Die Flapper ließen ihre perlenbefransten Röcke schwingen, Frauen schnitten sich die Haare ab, die Männer sahen erst staunend zu und tanzten dann mit. Die Gesellschaft war so offen wie nie zuvor, kurz bevor wiederum Gewalt und Intoleranz ein nie dagewesenes Ausmaß annahmen. Wir erleben das dieser Tage wieder, an einem anderen Ort. Die Terror-Organisation Hamas griff Tausende Israelis auf einem Musikfestival an. Das Massaker destabilisiert die gesamte Region und lässt uns schockiert zurück. Die Verschleppung und Tötung Wehrloser macht uns fassungslos. Man möchte die Augen schließen und einfach das
Licht ausmachen.