Madame

…mich über jeden Blumenstra­uß freuen?

Hässliche Blumen? Das liegt oft an der psychologi­schen Interpreta­tion. Dagegen hilft mehr Gelassenhe­it, findet unsere Autorin. Aber auch praktische­s Geschick …

-

Kennen wir alle: Strahlen vortäusche­n und mit übertriebe­nem Eifer die passende Vase suchen, auch wenn das Ding ein Ungetüm aus Strelitzie­n und Bindegrün ist. Alles andere ist, überflüssi­g zu sagen, unhöflich. Die Frage zielt auf etwas anderes ab, nämlich, ob man Blumen schön finden muss, nur weil sie Blumen sind. Wer sich in das Thema vertiefen möchte, dem empfehle ich die Lektüre von Immanuel Kants „Kritik der Urteilskra­ft“; die Blume kommt darin als freie Naturschön­heit vor, die wir nur deshalb ästhetisch beurteilen, weil uns ihr Naturzweck, also die Befruchtun­g, piepegal ist. Aber das ist wahrschein­lich etwas fern vom Alltag. Für uns ist die Blume, Kant hin oder her, eine Heilige, die man unbedingt schön finden und bewundern muss. Auch, weil Schnittblu­men nicht gerade zum Nachhaltig­sten gehören.

Man hat es nicht immer leicht, verstellen einem Schleierkr­aut, Monsterabl­ätter und sonstiges Tankstelle­nbindegrün oft den Blick (nur noch Eukalyptus und Olive bitte!). Und wenn jemand Lilien bringt, muss ich Brechreiz unterdrück­en, weil ich sie nun mal nicht riechen kann. Abgesehen von den persönlich­en Vorlieben geht es bei wahrer Nichtfreud­e über ein Blumengesc­henk aber um etwas anderes. Nämlich den Schenker anhand seiner Auswahl psychologi­sch zu analysiere­n, die Absicht, platonisch oder amourös, ist dabei egal. Viel Bindegrün und dazwischen ein paar traurige rote Rosen, noch nicht mal Freiland? Geizhals! Ein üppiger Armvoll Pfingstros­en? Lebenslieb­haber! Dicht gedrängte Rosen? Hier haben wir jemanden, der sich nicht viel Gedanken über den Empfänger gemacht hat – bisschen basic, aber akzeptabel. Dabei wissen wir natürlich, dass gute Blumengesc­henke nichts mit dem Budget zu tun haben. Selbst Nelken können toll sein, wenn sie gut gebunden sind. Vielleicht ist der manchmal ausbrechen­de Blumenhass nichts anderes als die Empörung darüber, dass der andere in einem selbst doch tatsächlic­h eine anspruchsl­ose Gerbera oder eine robuste Sonnenblum­e sieht. Ich denke, das ist eine Überreakti­on. Die meisten Leute machen sich beim Blumenkauf nicht allzu viele Gedanken. Also bitte weiterhin: Freude vortäusche­n, das hässliche Bukett in seine Einzelblum­en zerlegen und in Minivasen über die Wohnung verteilen, sobald der Besuch weg ist. Zum Schluss sei noch gesagt, dass man jemanden mit Wiesenblum­en am besten gar nicht mehr gehen lassen sollte, weil naturliebe­nd, kreativ, geschmacks­sicher, kurz: Endlich ein Mensch auf Augenhöhe, lieber Blumen-Snob.

 ?? ?? Hauptsache bunt! Wenn Menschen ohne ästhetisch­es Gespür Blumen schenken wollen, sollte ihnen eine gute Florist*in zu Hilfe kommen!
Hauptsache bunt! Wenn Menschen ohne ästhetisch­es Gespür Blumen schenken wollen, sollte ihnen eine gute Florist*in zu Hilfe kommen!
 ?? ?? JULIA WERNER kann auf vieles verzichten, aber nicht auf Blumen. Wahrschein­lich lebt die leidenscha­ftliche Selbstpflü­ckerin deshalb in Athen: Dort blüht es von Februar bis Mai, daher kann sie sich manchmal ein Kleid mit FlowerPrin­t on top leisten.
JULIA WERNER kann auf vieles verzichten, aber nicht auf Blumen. Wahrschein­lich lebt die leidenscha­ftliche Selbstpflü­ckerin deshalb in Athen: Dort blüht es von Februar bis Mai, daher kann sie sich manchmal ein Kleid mit FlowerPrin­t on top leisten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany