Juwelen-Safari
Kleine Accessoires, geheime Botschaften: Warum wir jetzt kostbare Tierbroschen (wieder-)entdecken
The atomic bomb of jewellery“wurde die Cartier-Brosche der Herzogin von Windsor, Wallis Simpson, genannt. Ein Panther mit Diamantfell und Onyxflecken, der auf einem Saphir-Cabochon von 152,35 (!)
Karat thront. Die Sonderanfertigung schrieb Schmuckgeschichte. Einerseits, weil sie zu den ersten 3D-Panthern gehört, die Cartiers Stildirektorin Jeanne Toussaint (1887– 1976) kreierte – heute das Markenzeichen der Maison. Andererseits wegen der Interpretationen, die sie provozierte. In Cartiers Sprache steht das Raubtier für Unabhängigkeit und Freiheit. Ob Simpson, für die Edward VIII. so spektakulär auf Englands Thron verzichtete, wie wir spätestens seit „The Crown“wissen, mit dieser Symbolik spielen wollte? Vielleicht fand sie den Panther auch einfach nur hübsch. Wesensgleich war er bestimmt. Fest steht: Kaum ein Accessoire bietet so viel Potenzial für (mal mehr, mal weniger) versteckte Botschaften, wie die Brosche.
Das macht sie zum vielleicht persönlichsten Schmuckstück überhaupt – und damit so modern. Während diskutiert wird, ob TikTok endgültig den Untergang des persönlichen Stils besiegelt, und dass Individualität zwar begehrt, aber zur Mangelware wird, erlebt die animalische Statement-Brosche gerade ihr Comeback. Glücklicherweise muss man nicht gleich in einen ausgewachsenen royalen Skandal à la Wallis Simpson verwickelt sein, um
sich die funkelnden Kreaturen anzustecken. So zumindest könnte man die Idee verstehen, die hinter Van Cleef & Arpels’ „La Bestiaire“-Broschen steckte: Verspielter, ja, fast zahm kommt der kleine Zoo daher, den das Haus 1954 im Rahmen seiner „La Boutique“Kollektion lancierte. Goldene Tierchen im Cartoon-Stil, mit wachen Augen aus Rubinen, Smaragden, Diamanten … Von Disney-Filmen inspiriert, sollten die Designs jünger, humorvoller und tragbarer sein als die bisherige Haute Joaillerie des Hauses. „Eine Revolution“, wie es Van Cleef & Arpels später selbst nennen wird, die der Brosche endgültig ihren Platz in der Schmuckschatulle (oder auf der Wunschliste von Modeenthusiast*innen) sicherte. Die Kollektion wurde kürzlich neu aufgelegt, inklusive einer modernen Interpretation des ikonischen Löwen-Pins. „Lucky Animals“heißt sie heute. Vielleicht ein Anlass, sich zu fragen, was Glück eigentlich ausmacht?
Für diejenigen, die es, sagen wir mal, naturalistischer mögen: Wie wäre es mit Ole Lynggaards tanzendem Kranich, in der griechischen Mythologie immerhin bekannt als „Vogel des Glücks“oder dem Tierkreiszeichen-Skorpion von Georg Hornemann? Denn wie heißt es so schön: Wenn Augen der Spiegel zur Seele sind, sind Broschen das Fenster zur (modischen) Persönlichkeit. Und als conversation pieces sind sie heute wie damals noch immer ein Grund, miteinander ins Gespräch zu kommen.