Nachfrage im Inland macht Sorgen
Die Wirtschaft in Brandenburg entwickelt sich immer noch solide. Doch die Stimmung ist getrübt, vor allem in der Industrie. Das geht aus der Herbstumfrage der Kammern hervor.
Brandenburgs Unternehmen werden vorsichtiger: bei den Investitionen, der Einstellung von Personal und den Erwartungen für die nächste Zukunft. Das geht aus der aktuellen Konjunkturumfrage der drei Industrie- und Handelskammern (IHK) im Land hervor. Zwar ist der Großteil der befragten Unternehmen nach wie vor zufrieden mit ihrer Geschäftslage, aber die Stimmung ist nicht mehr so gut wie noch im Herbst der vorangegangenen beiden Jahre, als die Wirtschaft boomte. Die wirtschaftliche Situation der Ostbrandenburger Wirtschaft sei auf „ganz leichtem Sinkflug“, so heißt es bei der IHK Ostbrandenburg. „Zunehmende Absatzprobleme auf dem Inlandsmarkt und wachsende Beschränkungen des Welthandels verunsichern die Ostbrandenburger Wirtschaft“, sagt Robert Radzimanowski, Leiter des Fachbereiches Wirtschaftspolitik der IHK in Frankfurt (Oder). „Jetzt ist es die Aufgabe
Arbeitskosten steigen und das Personal für Expansionen fehlt.
der Politik, für Beruhigung zu sorgen. Einerseits mit weitsichtiger Handelspolitik, die auf Kooperation und nicht auf Konfrontation setzt und andererseits mit der Auflage von Konjunkturprogrammen, die den Inlandsabsatz stützen.“
Ähnlich ist die Stimmung in der Lausitz und im Potsdamer Raum. Zwar ist hier immer noch die Rede von soliden Geschäften, aber der Geschäftsklimaindex im Bereich der Landeshauptstadt verzeichnet den niedrigsten Wert seit sechs Jahren. Als Grund für den getrübten Ausblick wird unter anderem ein Nachfragerückgang von inländischen Großkunden genannt, der aus den weltpolitischen Handelsspannungen und dem Brexit-chaos resultiert.
Aber auch der Fachkräftemangel bremst die Konjunktur. Bei anhaltend hohem Wettbewerbsdruck steigen zum einen die Arbeitskosten, zum anderen fehlt das Personal, um expandieren zu können.
Besonders kritisch sieht die Industrie ihre Situation. In Ostbrandenburg hat sich die Stimmung gegenüber dem Vorjahres-herbst stark verschlechtert. Die Mehrheit der Industrieunternehmen bewertet ihre Geschäftslage nur noch als befriedigend oder schlecht.
Die insgesamt verhaltene Stimmung in der Wirtschaft schlägt sich auf die Investitionen nieder. In Ostbrandenburg wollen etwa 80 Prozent der befragten Firmen in den Ersatz von Technik und Infrastruktur investieren. Danach folgen Investitionen in Rationalisierung. Etwa ein Drittel der Unternehmen mit Investitionsabsichten plant die Ausweitung von Kapazitäten.
Nach wie vor sehen die meisten Unternehmen das größte Risiko für ihre Geschäfte in fehlenden Fachkräften und Auszubildenden. Allerdings dürfte nach Einschätzung der Wirtschaftsexperten aufgrund der konjunkturellen Situation auch die Nachfrage nach Arbeitskräften zurückgehen, was den Fachkräftemangel etwas mildern dürfte.
Zunehmend Sorgen bereitet den Unternehmern aber auch die Gefahr eines sinkenden Inlandsabsatzes,
die im Vergleich zum Herbst 2019 deutlich angewachsen ist. Nach wie vor floriert besonders das Baugewerbe. Doch auch dort haben sich die Erwartungen getrübt. Während im Cottbuser Raum von einer weiter hohen Baunachfrage und gestiegenen Umsätzen berichtet wird, gehen bei rund zehn Prozent der Baufirmen im Potsdamer Raum die Aufträge zurück. In Ostbrandenburg sank die Zahl der Bauunternehmen, die mehr Aufträge erhalten. Einige der Befragten sprechen von gesunkenen Auftragseingängen. Was 2020 angeht, so überwiegen in der Potsdamer Region erstmals seit 2013 die negativen Geschäftserwartungen. In Ostbrandenburg erwarten 60 Prozent gleichbleibende und mehr als 20 Prozent der befragten Firmen schlechtere Geschäfte.
Skepsis in der Industrie. Die Mehrheit der Industriebetriebe sieht ihre Geschäftslage eher kritisch. Insgesamt aber ist die Lage der Wirtschaft im Land weiter solide.