Märkische Oderzeitung Strausberg
Rund um das Buch der Bücher
Sammler Alexander Schick persönlich führte die Besucher zum Auftakt der in Buckow gastierenden Bibel-schau durch die Fülle an Exponaten.
Dieser Mann ist ein wandelndes Lexikon. Das stellte er bei der Eröffnung der Wanderausstellung „Qumran, Gutenberg, Luther und die Bibel – Von der Keilschrift zur Nanobibel“am Wochenende in Buckow (Märkisch-oderland) unter Beweis. Wer eine der ersten beiden Führungen miterlebte, die der aus Sylt angereiste Bibel-sammler und -Experte persönlich vornahm, war nicht nur von der Schau an sich beeindruckt. Sondern noch zusätzlich von Alexander Schicks unerschöpflichem Schatz an Allgemein- und Detailwissen über das Buch der Bücher, über Anekdoten und interessante Fußnoten. An Aha-effekten mangelt es da nicht, wenn Schick unter anderem berichtet, dass einst 350 Ziegen ihr Leben lassen mussten, um das Leder für das Pergament der sogenannten Sinai-bibel zu liefern.
Vielen Besuchern der sich mit ihren unzähligen Exponaten – einschließlich der Jesaja-rollen vom Toten Meer oder dem sogenannten Rosetta-stein – und erklärenden Infotafeln über mehrere Räume erstreckenden Ausstellung mochte zuvor auch nicht bewusst gewesen sein, dass es bereits vor Martin Luther 18 deutsche Bibeldrucke gab, darunter als Erste 1466 die sogenannte Mentelin-bibel. Von ihr gibt es weltweit nur noch neun Exemplare, die teuersten überhaupt, noch wertvoller als die 49 erhaltenen Ausgaben der Gutenberg-bibel vom Erfinder des die Verbreitung revolutionierenden Buchdrucks.
„Sie alle basierten auf der Vulgata“, erklärt Schick beim Rundgang, also der lateinischen Übersetzung des im original griechischen Textes. Letzteren wiederum verwendete Luther als Vorlage, als er zunächst auf der Wartburg in nur zwölf Wochen das Neue Testament ins Deutsche übertrug. Für das Alte Testament brauchte er übrigens 13 Jahre. Eine zweibändige Luther-bibel in der Ausstellung hatte deren Direktor beim Brand aus der Weimarer Bibliothek gerettet – ein
kulturhistorisch besonders wertvolles Stück.
Es geht nicht nur um die Bibel und die vielgestaltigen Bemühungen, sie in andere Sprachen zu übersetzen. Die Ausstellung ist auch ein Streifzug durch die Geschichte der schriftlichen Informationsweitergabe vor Gutenbergs Buchdruck-erfindung, angefangen von den in Stein geritzten Hieroglyphen und anderen Schriftzeichen über Papyrus und Pergamentrollen bis zu den im Mittelalter von den Mönchen in den Klöstern mühsam Absatz um Absatz, Blatt für Blatt handschriftlich kopierten Texten. „Drei Finger schreiben, doch der ganze Körper leidet“, hat Schick dazu als passendes Zitat bereit.
Schon um 800 nach Christus gab es, ausgehend von Kaiser Karl dem Großen, erste Bibeln auf Deutsch, weil selbst viele Priester kaum mehr richtig Latein verstanden. Die Bauern sowieso nicht. Spezielle „Armenbibeln“, gewissermaßen als Kurzform und mit Illustrationen versehen, kamen dann im 13. Jahrhundert für jene auf, die überhaupt nicht des Lesens mächtig waren.
Zu diversen Kuriositäten, die in der umfangreichen Sammlung nicht fehlen dürfen, gehören neben Mini-bibeln auch solche russischen Ausgaben, die mit Spezialleim gebunden wurden und sogar kochbar wären. Dazu gehört aus den Zeiten der sowjetischen Straflager (Gulags) eine anrührende Geschichte. Es gibt sprachlich durchaus genauere Übersetzungen als bei Luther, erfahren die Ausstellungsbesucher, doch gerade der Reformator habe es verstanden, die Texte ebenso sprachschön wie in einfachen Worten zu übertragen.
Ein ganzes Segment ist Konstantin von Tischendorf gewidmet, jenem Bibelforscher, der 1844 im Katharinenkloster auf dem Sinai eher zufällig auf die bisher ältesten Originalschriften stieß. Wie dieser Schatz schließlich bis nach Moskau und London gelangte, ist ein fesselnder, sich in seinen Auswirkungen bis ins Heute erstreckender Krimi, den Schick am Sonnabend noch in einem extra Vortrag darbot.
Ein Abschnitt widmet sich Forscher Tischendorf
Ausstellung: bis 9.6., Do 18–21 Uhr und Sa/so 13.30–17 Uhr, Seminar Buckow, Neue Promenade 34, Buckow, Tel. 033433 57774; www.bibelausstellung.de