Basic
Nicht nur für die Mittagspause
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann. Dieser Satz stammt von Antoine de Saint-Exupéry. Und er fasst recht gut das Konzept zusammen, das der Österreicher Gerhard Berktold seit acht Jahren in seinem Restaurant Basic konsequent umsetzt. Der Name ist Programm. Was zählt, ist gutes Essen. Der Rest ist Schnickschnack und wird aufs Wesentliche reduziert. Das fängt schon bei der Location an. Niemand würde unweit des Kaufhauses El Corte Inglés, in einer kleinen Seitenstraße der Avenidas, solch ein Restaurant erwarten. Diese Adresse ist kein Place-to-be und schon gar kein Touristen-Hotspot, sondern eine ganz normale Innenstadtwohnstraße in Palma. Es lohnt sich dennoch – oder gerade deshalb – durch die große Glastür einzutreten. Auf der rechten Seite blickt man direkt in die offene Küche. Davor, noch im Eingangsbereich, kann man auf einen der Barhocker an der Theke Platz nehmen und während des Essens den Köchen bei ihrer Arbeit zusehen.
Man kann sich aber auch an einen der Tische im hinteren Teil des Restaurants setzen. Reduziert aufs Wesentliche ist auch das Ambiente des Basic, eher unterkühlt, fast steril. Möbel und Wände sind in Rot, Weiß und Brauntönen gehalten. Künstliche Bambussträucher und stilvoll in Töpfe gesteckte, einzelne Bambusstäbe sind geschickt als Raumteiler zwischen den einzelnen Tischen platziert. Die Szenerie wird untermalt von dezenter Jazzund Lounge-Musik. Die Beleuchtung ist auffallend hell. Die kleinen Windlichter auf dem Tisch können ihre Wirkung deshalb nicht ganz entfalten. Der Vorteil: Man sieht sein Essen auch abends gut. Im vergangenen Jahr haben die Kollegen aus dem Testteam das Basic tagsüber besucht und eines der täglich wechselnden Mittagsmenüs getestet: Für den Kampfpreis von 13,50 Euro erhält man ein dreigängiges Menü inklusive Brot und einem Getränk. Das Angebot ist ein voller Erfolg. Die Kehrseite: Im Restaurant drängen sich zur Mittagszeit die Gäste in dem engen Raum, das Essen wird zu schnell serviert, das Basic „lädt nicht zum Verweilen ein“, schrieben unsere Kollegen im vergange-
nen Jahr. Abends ist alles anders. Es ist zwar grundsätzlich von Vorteil, einen Tisch zu reservieren, wie wir lernen. An dem Freitagabend aber, an dem wir zu Gast sind, ist nur die Hälfte der Tische besetzt, die freundliche, professionelle Bedienung nimmt sich Zeit für uns, die einzelnen Gänge kommen mit gebührendem Abstand, ohne Drängelei. Genau so soll es sein. Die „Basic“-Idee kommt auf der Speisekarte voll zur Geltung: Neben dem À-la-carte-Angebot gibt es ein Basic-Menü für 32 Euro, das aus einer Vorspeise, sechs kleinen Hauptspeisen sowie zwei Desserts besteht und das ganz nach persönlichem Appetit verkleinert werden kann (26,50/21 Euro). Die Speisen sind klassisch, weisen hier und da einen asiatischen Akzent auf. Alle drei Monate werden die Karten neu geschrieben und saisonal abgestimmt. Reduktion aufs Wesentliche bedeutet hier eben nicht Langeweile. Wir ignorieren das Menü auf Seite eins und lassen unsere Zeigefinger quer über die Abendkarte wandern, die dem Gast für jedes Gericht eine kleine oder eine große Portion zur Auswahl bietet. Wir entscheiden uns jeweils für die kleinen Portionen und bestellen zum Auftakt ein Carpaccio vom Wagyu mit Focaccia und getrockneten Tomaten und Oliven (9,90 Euro für die kleine, 14,50 Euro für die große Portion). Schon bei diesem ersten Gang wird klar: Basic bedeutet in diesem Restaurant nicht Verzicht auf Qualität der Zutaten, Geschmack und ansprechende Präsentation des Essens. Ich ahne an diesem Abend, warum das Wagyu in FeinschmeckerKreisen so hoch gehandelt wird. Das hauchzart geschnittene Carpaccio lässt sich mit einer feinen Bewegung des Messers zerteilen, das Fleisch zergeht förmlich auf der Zunge und schmeckt kraftvoll und salzig. Die Olivenpaste und die getrockneten Tomaten, die das Carpaccio zieren, verstärken den Geschmack noch. Wir tragen in unser Tester-Tagebuch ein großes „Wow!“ein. Aber der Abend ist ja noch lange nicht vorbei: Der knusprige Ziegenkäse mit mariniertem Kürbis (8,90/12,50 Euro), der dem Carpaccio folgt, besteht in der kleinen Portion aus zwei Kroketten, außen kross und knusprig, innen weich. Konsistenz und Aussehen erinnern ein wenig an holländische Bitterballen. Diese Assoziation hat sich aber beim ersten Biss schon erledigt. Der volle Geschmack des im Inneren der Kroketten geschmolzenen, mit Kräutern angereicherten Käses wird durch die dünnen, eingelegten Kürbisscheiben, die wir im ersten Augenblick nur für Dekoration gehalten haben, perfekt ergänzt. Unsere Erwartungen an den nächsten Gang sind angesichts der bisherigen Köstlichkeiten mittlerweile deutlich gestiegen. Daran gemessen, fällt der Wok mit Eiernudeln und Gemüse (7,50/9,90 Euro) etwas ab. Diese und die süße SojaSauce, die die Nudeln mit Paprika, Möhren, Blumenkohl, Brokkoli, Spinat und Zwiebeln umfließt, erinnern ein wenig an entsprechende Gerichte aus Asia-Imbissen. Immer noch lecker, aber nicht mehr gehobene Küche, tatsächlich „basic“. Allerdings: Wir hätten den Gang noch mit Langostinos aufwerten können (9,90/12,50 Euro). Vielleicht hätte er dann eine andere Note bekommen. Der CaesarSalat mit frischem Parmesan und Croutons (5,90/8,90 Euro) ist, wie er sein soll: frischer knackiger Römersalat, knusprige Croutons, ausreichend Sauce, Parmesan. Man hätte ihn auch mit Hühnerbruststreifen oder Langostinos (jeweils 8,90/12,90 Euro) haben können. Punkt. Ein Loblied singen wir auf die Nachspeise, die Ingwercreme mit Orangen aus Sóller (alle Desserts sechs Euro, Mahon-Käse mit Aprikosen-Chutney neun Euro). Die fluffige, nicht zu süße und fruchtige Creme ist auf einem Mürbeteig-Boden angerichtet und mit eingelegten Orangen getoppt. Das Ganze wird auf einem Fruchtspiegel und zusammen mit Beeren serviert. Ein Ingwergeschmack ist kaum wahrnehmbar. Aber das schmälert den insgesamt guten Eindruck nicht. Erwähnenswert ist übrigens auch die Weinkarte, die mit einer ganzen Reihe von heimischen Sorten aufwartet. Von den insgesamt zwölf Roten (15 bis 60 Euro pro Flasche, offene 4,20 bis 4,90 Euro pro Glas) stammen fünf von Mallorca, von denen wiederum zwei als offene Weine angeboten werden. Zwei der drei Roséweine stammen ebenfalls von der Insel. Und auch bei den Weißweinen ist Mallorca gut vertreten. Es gibt insgesamt neun Weißweine
(16 bis 45 Euro pro Flasche, offene 3,70 bis 4,90 Euro pro Glas), vier Rebsorten davon werden hier angebaut. Der Velonegre und der Ses Nines etwa, beide auf der Bodega Tianna bei Alaró ausgebaut (Glas 4,90, Flasche 22 Euro): Beide haben uns gut durch den Abend begleitet, sie sind eher fruchtig, die Farbe des Roten ist hell. Unser Fazit fürs Basic: Schön fürs Auge, lecker für den Gaumen, unaufdringlich und mit gutem Timing serviert, bezahlbar. Es gibt übrigens auch noch Tapas (2,90 bis
7,90 Euro). Die probieren wir im nächsten Jahr. mva