Gustar
Das nette Stammlokal in Palma City
Es gibt sie noch, die ruhigeren, stillen Orte in Palma, die nicht komplett im Massen-Tourismus ersticken. Nur wenige Schritte entfernt von Palmas sehr belebter, an einen Rummelplatz erinnernder Plaça Major liegt eines dieser selten gewordenen urbanen Lichtungen: die kleine Plaça Banc de s´Oli, auf der im 16. Jahrhundert mit Olivenöl gehandelt wurde (daher der Name). Über Jahrzehnte hinweg soll der Platz vor allem Zentrum des horizontalen Gewerbes gewesen sein. Vielleicht meiden deshalb auch noch viele Mallorquiner dieses heute so idyllisch wirkende Plätzchen. Dabei hat die
Stadt hier schon vor zwei Jahren dem Treiben und den Trieben Einhalt geboten. Heute gruppieren sich rund um die prachtvollen Orangenbäume in der Mitte des kleinen Platzes einige kleinere nette Läden und Bars, die ei- ne ganz andere Atmosphäre verbreiten. Dazu zählt auch das schräg gegenüber des alten Hostals Perú liegende junge Gustar. Dessen Eigentümerin, die Schweizerin Susanne Wernli, startete dort ursprünglich mit einem Kiosk und trägt seit dem Umbau zu einem schnuckeligen Restaurant seit 2013 mit Herzblut, schmackhafter Küche und hochwertigen Zutaten dazu bei, dem Platz neues Leben einzuhauchen. Das gemütliche, innen in Teilen verspielt eingerichtete Gustar fällt für uns unter die Rubrik „das nette Stammlokal um die Ecke“. Als wir uns an einen der drei Außentische im überdachten Eingangsbereich setzen, stehen neben uns gerade deutsche Gäste auf, die hier leben und, wie wir erfahren, drei bis vier Mal in der Woche hier eines der angebotenen Mittagsmenüs essen. Wir können es beim Blick auf die außen angebrachte Schiefertafel nachvollziehen. Das Tagesmenü mit drei Gängen und einem Getränk kostet in der vegetarischen Variante 9,50 Euro, in der Variante mit Fleisch oder Fisch zwölf Euro. Für das Geld kann man nicht günstiger selber kochen. Auch die Hauptgerichte, die ab 20 Uhr angeboten werden, sind preiswert. Das teuerste kostet 15 Euro. Doch zurück zum Tagesmenü: Das bietet, als wir das
Gustar betreten, die Auswahl zwischen insgesamt fünf Vorspeisen: Suppe mit Pilzen und Kastanien, Tomatensuppe, Faji- tas mit Biofleisch, Feldsalat und gemischter Salat. Dazu können wir aus vier Pastagerichten, Hauptgängen wie Wolfsbarsch mit Basmatireis und einer Kokos-Ananas Mangosauce oder Hühnerbrust- Geschnetzeltem mit Pilzsauce und Nudeln wählen. Als Nachtisch gibt es BirneMohnkuchen mit Sahne, Mangocreme, Ananas-Kokos Creme oder eine Tasse Kaffee. Da wir zu zweit sind, bestellen wir zwei komplett verschiedene Menüfolgen. Als Vorspeisen nehmen wir die Pilzkastaniensuppe sowie die Fajitas. Die Suppe schmeckt intensiv nach Pilzen und ist schön sämig. Die Fajitas sind gefüllt mit kleinen Stückchen Paprika, Möhren und Fleisch. Die Fleischstückchen sind zwar ein wenig zäh, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Die Fajitas schmecken gut. Unterm Strich stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Als Hauptgerichte essen wir die Lauch-Quiche und die Nudeln mit Walnuss-Pesto. Die Quiche schmeckt angenehm intensiv nach Lauch, ohne den bitteren Nachgeschmack, den eine weniger gute Quiche manchmal haben kann. Im Gegenteil: Hier ist sie ganz saftig, weich und genau richtig gewürzt. Der Rand ist kross, die Cherry-Tomaten sind sehr geschmackvoll. Der kleine gemischte Salat, der die Quiche begleitet, hat ein dezentes Dressing. Die Pasta besteht aus einer mittelgroßen Portion Spiralnudeln mit genau der richtigen Menge an Nuss-Pesto, das mit einer guten Konsistenz überzeugt und nicht zu ölig ist. Bei den Nachspeisen entscheiden wir uns für den Birne-Mohnkuchen, der, wie wir angenehm überrascht feststellen, noch warm serviert wird. Köstlich – auch wenn der Kuchen, wie bei Mohnkuchen nicht anders zu erwarten, eher sehr süß schmeckt. Die Mangocreme, aus der noch einige Fruchtstückchen herauszuschmecken sind, ist fluffig und mit einer Sahnehaube gekrönt. Die Komposition zergeht auf der Zunge. Für ein feines Dessert dieser Qualität haben wir anderen Orten auf dieser Insel auch schon mal mehr bezahlt als hier im Gustar für das komplette Menü. Während der Menüfolge begleitet uns ein trockener, milder katalonischer Ca N’Estruc, der im Preis inbegriffen ist. Von der Weinkarte bestellt, kostet er schlanke 2,50 Euro pro Glas oder 13 Euro pro Flasche. Insgesamt macht die übersichtliche Weinkarte einen guten Eindruck auf uns, nicht nur wegen der Preise. Zur Auswahl stehen acht Rotweine, davon vier aus Mallorca (2,50 bis drei Euro pro Glas, Flaschen 13 bis 23,50). Von den neun Weißweinen werden zwei auf Mallorca gekeltert (2,50 bis drei Euro pro Glas, Flaschen 13 bis 18,50 Euro). Unser Gesamteindruck: Das Restaurant bietet ein wenig abseits der großen Touristenströme in ruhiger, gemütlicher Atmosphäre ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Und das gilt nicht nur für die Mit-
tagskarte, sondern auch für die Abendkarte, die unter anderem mit acht nicht immer typischen Tapas-Variationen (zum Beispiel eine Peperoni-Walnusspaste mit Pita-Brot ab 3,50 Euro) sowie elf Fisch- und Fleischgerichten (ab 9,50 Euro) aufwartet. Das teuerste Hauptgericht ist Bio-Jungrindfleisch mit Café-de-Paris-Butter und Eiernudeln oder Ofenkartoffeln für 15 Euro. Tipp für alle, die in Palmas Innenstadt nicht in einem Hotel wohnen und sich selbst versorgen müssen: Alle Speisen gibt es auch zum Mitnehmen. Wenn jedoch ein Plätzchen im Gustar frei ist, sollte man sich das Essen vor Ort gönnen. Und keine Angst: Man wird auf dem Platz schon lange nicht mehr auffordernd und augenzwinkernd angesprochen. mva