La Rosa Vermuteria
Hier steppt der Bär
„Reservierungen nehmen wir erst ab sieben Personen entgegen“, erklärt uns der freundliche Herr am Telefon. Aber wir könnten gerne so gegen 20 Uhr kommen, dann stünden die Chancen recht gut, dass wir nach einer halben Stunde Anstehen wahrscheinlich einen Tisch bekommen würden. Nachdem wir noch gemütlich einen Wein getrunken haben, kommen wir erst gegen halb neun an, und der Chef teilt uns mit, dass wir sicherlich anderthalb Stunden warten müssen. Das ist uns ein bisschen zu viel und wir beschließen, es am nächsten Mittag noch einmal zu versuchen. Uns bietet sich ein ähnliches Bild wie am Abend zuvor: Die Vermuteria ist brechend voll, Wartende gibt es auch schon wieder. Aber wir beschließen, die halbe Stunde Wartezeit an der Bar mit einem Wermut Yzaguirre vom Fass (2,20 Euro) und Pintxos mit Sardellen und Oliven (1,90 Euro) auf uns zu nehmen, betrachten schon einmal das bunte Treiben und bestaunen die riesige Auswahl des namensgebenden Getränks, welches in den vergangenen Jahren eine Renaissance sondergleichen erlebte. Besonders in Cataluña sprießen die Vermuterias wie Pilze aus dem Boden, und auch La Rosa avancierte in Rekordzeit zum wohl angesagtesten Lokal Palmas. Der hohe offene Raum wird von der großen Bar, an der man bei Drinks und Pintxos auf einen Tisch wartet, dominiert. Links davon befinden sich ein paar Stufen abwärts einige Tische und noch einmal in etwa genau so viele auf einer treppauf gelegenen Galerie. Ein hippes Rennrad steht im Fenster zur Straße, und die gesamte Einrichtung besticht durch coolen, gekonnt eingesetzten Retro-Chic mit hellen Fliesen an den Wänden, alten Sifón-Flaschen und zahllosen anderen Hinguckern, sodass man sich gleich wohlfühlt. Die Speisekarte ist klassisch durch und durch und in verschiedene Kategorien gegliedert. Da wären zum einen die Konserven mit Fisch und Meeresfrüchten wie Navajas (15,90 Euro), dann natürlich eine große Auswahl an Sardinen, Thunfisch und Bonito. Konserven? Ja, richtig gelesen. Die gehören in einer echten Vermuteria einfach dazu. Sie haben wenig mit normalen Fischkonserven zu tun, wie man sie aus dem deutschen Supermarkt kennt. Es handelt sich um Premiumprodukte von ausgesuchten Produzenten. Dann stehen selbstverständlich noch gute Embutidos, also Aufschnitt, zur Wahl, frittierte Speisen wie Calamares à la romana (6,80 Euro), Fleisch und selbstverständlich auch frischer Fisch. Wir starten mit Fritura mixta, einer gemischten Platte mit je zwei Kroketten, gefüllt mit Bacalao, Spinat und Joselito- Schinken, Tigermuscheln, Chipirones und Calamar (22,50 Euro). Sie entpuppt sich als eine riesige Portion, die wir mit vier Erwachsenen und fünf Kindern kaum schaffen. Sie ist durch die Bank von bester Qualität und nicht zu fettig. Außerdem probieren wir ein Steak Tatar (19 Euro/halbe Portion elf Euro), kräftig, aber trotzdem sehr fein abgeschmeckt, mit einem frischen Eigelb obendrauf, eine klassische, makellos und sehr saftig gebackene Tortilla aus Freilandeiern und außerdem noch einen kapitalen Tentakel vom Oktopus mit konfiertem Knoblauch und Petersilienöl (13 Euro). Kulinarische Extravaganzen sucht man hier vergeblich, alles ist einfach, aber grundsolide mit guten Produkten gemacht. Und die Portionen sind im Verhältnis zu den aufgerufenen Preisen riesig. Auch die Weine sind mehr als fair kalkuliert und wir zahlen für unsere Flasche Les Terrasses von Alvaro Palacio aus dem Priorat sagenhaft günstige 32,50 Euro. Kein Wunder, dass es hier immer zum Bersten voll ist – auch wir werden mit Sicherheit zu Wiederholungstätern. coni